Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Gijs van Lennep: Jochen Rindt ins Staunen gebracht

Von Rainer Braun
Am 16. Oktober 1966 gab es beim Flugplatzrennen Aspern vor den Toren Wiens ein pikantes Duell. Freiherr Gijs van Lennep (24) forderte Österreichs Nationalheld Jochen Rindt heraus.

Beide Lenkrad-Artisten traten im Sportwagen-Rennen über 25 Runden in einem Porsche Carrera 6 an – und mit ihnen weitere Top-Stars wie die Porsche-Werksfahrer Gerhard Mitter und Rolf Stommelen oder Herbert Müller (Ferrari 250 LM). Man muss sich das mal vorstellen: Da kommt ein junger Bursche, der ein Jahr zuvor noch im schwachbrüstigen 34 PS-Formel V 1300-Rennwagen seine erste Saison als Rennfahrer absolviert hat und fordert frech den großen Jochen Rindt heraus, immerhin schon GP-Star mit Cooper-Maserati und WM-Dritter. Van Lenneps Mentor Ben Pon hatte seinem Schützling eingebleut: «Mit Mut, Selbstvertrauen und Nervenstärke kannst du auch einen Rindt schlagen.»

Ich war damals vom Veranstalter ÖASC mit der Strecken-Reportage betraut und habe den Schlagabtausch der beiden einfach nur genossen, zumal ich van Lennep aus der Formel V als Gegner kannte. Überhaupt hat mich die Rauferei des Quartetts van Lennep, Rindt, Mitter und Stommelen einfach nur fasziniert. Ein Rennen zu kommentieren, in dem vier Piloten, die man auch noch persönlich kennt, sich einen Mega-Kampf liefern, ist für einen Reporter das Größte. So habe ich das wenigstens empfunden.

Der Ausgang des Rennens ist schnell erzählt. Van Lennep hielt in seinem orangefarbenen Carrera 6 allen Angriffen von Rindt und Co. stand. Als sich Jochen bei einem letzten Angriff auf die Spitze auch noch drehte, war’s passiert. Van Lennep wurde mit sieben Sekunden Vorsprung auf Rindt und Mitter abgewinkt. Den übergroßen Lorbeerkranz hängte ihm kein Geringerer als Filmstar und Ehrengast Curd Jürgens um.

Schon zuvor hatte van Lennep die Fachwelt mehrfach verblüfft. So beeindruckte er gleich bei seiner ersten Ausfahrt im Carrera 6 des «Racing Team Holland» seine Konkurrenten beim Flugplatzrennen in Trier. Porsche-Werksfahrer Udo Schütz, heute 83, bescheinigte dem Newcomer damals «viel Mut im Grenzbereich». Als der furchtlose Oranje dann zum Ring kam und auf der Nordschleife sogar Ferrari-Star Scarfiotti übertrumpfte, zückte Porsche-Rennleiter Huschke von Hanstein sein berühmtes Notizbuch. Im Jahr darauf war van Lennep Porsche-Werksfahrer, vier Jahre später Le Mans-Sieger.

«Ohne Ben Pon», hat mir van Lennep mal gesagt, «hätte es mich als Rennfahrer wohl nie gegeben. Denn ich hatte nichts außer meinem Talent.»

Trotzdem hat er seine Karriere nach nur 11 Jahren beendet, «weil ich im Leben noch etwas Anderes machen und den rechtzeitigen Absprung nicht verpassen wollte. Mein zweiter Le Mans-Sieg 1976 war genau der richtige Zeitpunkt.»

Van Lennep wurde Repräsentant verschiedener Unternehmen, leitete in Holland das Fahrsicherheitstraining für Audi und Porsche und kümmerte sich intensiv um junge Rennfahrer seines Heimatlandes. «Durch meine Nachwuchsarbeit in Holland habe ich im Laufe der Jahre ungefähr 200 junge Leute im Rennsport etabliert», wusste er vor einigen Jahren stolz zu berichten.

2020 ehrte ihn Porsche mit einer Sonderausgabe des Porsche 911 Carrera S in Lava-Orange – mit einem riesigen Fingerabdruck auf der Haube – zu Ehren seines Le Mans-Sieges 1971.

Heute lebt der inzwischen 79 Jahre alte Freiherr im Städtchen Blaricum in der Provinz Utrecht und besucht als Porsche-Botschafter immer noch Classic-Events.

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