Barcelona: McLaren 1., Pérez out, Fahrer verprügelt
Hut ab vor der Arbeit der zehn Formel-1-Rennställe: Da haben wir eine komplett neue Rennwagengeneration, und was passiert? Die Teams drehten am ersten Wintertesttag auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya insgesamt mehr als 1100 Runden, das entspricht fast 17 GP-Distanzen auf der katalanischen Rennstrecke. Kilometerkönig war Max Verstappen mit 147 Runden.
Die Methodik der Teams, auch am zweiten Tag: Abgleichen aerodynamischer Daten mit den Werten aus Simulation und Windkanal. Dazu rücken die Autos am Morgen jeweils mit diesen teils enormen Messgittern aus. Die Rundenzeiten fielen schnell, als sich die Piste aufwärmte und mehr Fahrer begannen, weiche Pirelli-Mischungen aufzuziehen.
Auf die Tagesbestzeit von Lando Norris im McLaren vom Mittwoch sollten wir nicht zu viel geben, aber dass mit kaum erprobten Rennwagen die Pole-Position-Zeit von Lewis Hamilton in Spanien 2021 nur um rund drei Sekunden verpasst wird, das deutet an – diese Autos werden im Laufe der Saison 2022 so schnelle Rundenzeiten erreichen wie die ausgereifte Generation von Fahrzeugen 2021.
Zur Erinnerung: Als die ersten Pläne für die neuen Rennwagen gezeigt wurden, gingen Fachleute davon aus, dass die Rundenzeiten um bis zu fünf Sekunden steigen würden.
Was auch auffällt: Die Fahrer sind sehr vorsichtig am Werk. Einerseits müssen sie in Ruhe das Verhalten dieser deutlich härter gefederten Renner kennenlernen. Und zweitens ist die Ersatzteilsituation bei allen Teams prekär.
Die neue Generation von Flügelautos brilliert in schnellen Kurven, «in langsamen Ecken sind sie ziemlich träge», wie der Tagesschnellste Lando Norris und Weltmeister Sebastian Vettel festhielten. Das liegt auch daran, dass die Renner gemessen an 2021 um vierzig Kilo schwerer geworden sind; vorrangig wegen Verstärkungen der Überlebenszelle und wegen der grösseren Räder.
Der Brite muss sich wie seine Kollegen darauf einstellen, 2022 in den Autos windelweich geprügelt zu werden: Um die Saugnapfwirkung der Fahrzeuge gleichmässig zu halten, wird das Auto so tief als möglich gelegt, das erzwingt eine brettharte Federung. Wellen und Randsteine erzeugen spürbar härtere Schläge – für Fahrzeug und Fahrer. Fast alle Piloten berichten davon, wie hart diese neuen Autos abgestimmt sind. Ein zu hartes Aufsetzen des Wagens ist bei allen Teams ein heisses Thema.
Am Morgen des zweiten Testtags macht McLaren weiterhin eine sehr gute Figur: Bestzeit von Daniel Ricciardo. Stark ebenfalls Ferrari – Carlos Sainz ist Zweitschnellster. Auch die Red Bull-Fahrer Pierre Gasly im AlphaTauri und Alexander Albon im Williams sind flott unterwegs.
Der Alfa Romeo mit Valtteri Bottas bleibt ein Sorgenkind: Wieder sehr lang in der Box, der Finne hat am wenigsten Runden drehen können.
Sorgen auch bei Alpine: Esteban Ocon hat das gleiche Problem wie tags zuvor Fernando Alonso – der Mechanismus des DRS (drag reduction system), also des verstellbaren Heckflügels funktioniert nicht nach Wunsch.
Wie Max Verstappen am Mittwoch rutschte auch sein Red Bull Racing-Kollege Sergio Pérez am Donnerstag kurz in den Kies, konnte sich aber selber freifahren, der Wagen wurde kaum beschädigt.
Gut eine halbe Stunde vor der Mittagspause dann die erste rote Flagge dieser Wintertests: wegen eines Getriebeproblems am Red Bull Racing-Renner von Sergio Pérez. Der Wagen des Mexikaners blieb am Ausgang von Kurve 13 liegen und musste abgeschleppt werden. Wann der zweifache GP-Sieger am Nachmittag wieder ins Geschehen eingreifen kann, ist noch nicht klar.
Barcelona-Test, 24. Februar, 13.00 Uhr
1. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren MCL36-Mercedes, 1:20,355 min (65 Runden)
2. Carlos Sainz (E), Ferrari F1-75, 1:20,546 (71)
3. Pierre Gasly (F), AlphaTauri AT03-Red Bull, 1:20,764 (61)
4. Alexander Albon (T), Williams FW44-Mercedes, 1:21,531 (47)
5. Lance Stroll (CDN), Aston Martin AMR22-Mercedes, 1:21,920 (55)
6. Mick Schumacher (D), Haas VF-22-Ferrari, 1:21,949 (66)
7. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo C42-Ferrari, 1:22,288 (21)
8. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing RB18-Red Bull, 1:22,412 (38)
9. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W13, 1:22,562 (40)
10. Esteban Ocon (F), Alpine A522-Renault, 1:23,280 (64)