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Skurrile Imagepflege: Wenn der BMW-Motor schuld war

Kolumne von Uwe Mahla
Die Informationsübermittlung war in den 80er Jahren eine andere

Die Informationsübermittlung war in den 80er Jahren eine andere

Wenige Wochen vor dem Beginn der neuen Formel-1-Saison kommt unserem Kolumnisten Uwe Mahla ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Beginn der 80er-Jahre und heute in der Informationsübermittlung in den Sinn.

Als junger Motorsport-Journalist wurde ich 1981 bei BMW eingestellt mit der Aufgabe, das geplante erste Formel 1-Engagement kommunikativ vorzubereiten und dann zu betreuen. Ich erinnerte mich an meine ersten Tage im Einsatz an der Rennstrecke, als mich vor einiger Zeit bei einer Grand Prix-TV-Übertragung dieser Kommentar aufhorchen ließ.

Einer der Formel 1-Matadore war, bis dahin an aussichtsreicher Stelle rangierend, ausgefallen. Wenig später meldet der Fernseh-Kommentator: «Wir kriegen gerade eine Whatsapp. Ausfallgrund war ein Hydraulikproblem.» Oder so ähnlich.

So einfach geht das also heute. 1982 hatte ich als Pressesprecher den Job, das Formel-1-Engagement von BMW möglichst imagefördernd zu «verkaufen», damals war das noch schwierig. Die Ausgangslage war die: Wann immer ein Brabham mit unserem Motor liegen blieb, war bis zum Beweis des Gegenteils erst mal der Motor schuld.

Das war einfach so. Ohne dass da jemand dran drehen musste. Oft genug war ja in der Anfangsphase, während der Testfahrten vor dem ersten GP-Start, aber auch in den ersten Rennen, unser Vierzylinder akustisch und optisch eindrucksvoll hoch gegangen. Da lag es einfach nahe, wenn ein Brabham ausfiel, anzunehmen, dass es wieder mal der Motor war. Ein Umstand, der nicht nur dem Image des BMW Motors, sondern auch dem der Marke abträglich war.

Warum, wurde ich nach einem solchermaßen missratenen Wochenende ein ums andere Mal gefragt, warum, Herr Mahla, können Sie das nicht verhindern? Ich sprach mit Heinz Prüller darüber, dem Archetyp des Formel-1-Fernseh-Kommentatoren, dessen Erkenntnis in einer simplen Frage mündete: «Ja, woher sollen wir denn die Informationen bekommen, wenn sie uns keiner bringt?»

Da dämmerte es mir allmählich: Wenn die TV-Kommentatoren, die fast überall auf der Welt auf der der Boxengasse gegenüber liegenden Streckenseite arbeiten, keine Information haben, helfen sie sich mit dem ersten Anschein und dem, was sie vermuten. Und der ist nun mal meistens: Auto steht - Motor defekt.

Was tun? Man müsste die Fernsehleute schnell zuverlässig mit dem wahren Sachverhalt versorgen. Aber, wie beschrieben. Wie bringt man ihnen die Nachrichten schnell herüber? Schnell war das Schlüsselwort. Denn wenn sich beim Zuschauer erst einmal festgesetzt hatte, jawoll Motorschaden, dann ließ sich diese Information nur schwer wieder ausradieren, wenn es mit der Korrektur zu lange dauerte.

Also sicherte ich mir die Dienste eines ebenso sachkundigen wie zuverlässigen und vertrauenswürdigen Journalisten. Einer, der sich in der Welt des Motorsports auskannte und den auch die Teams kannten: Gustav Büsing. Desweiteren konnte ich meinen Controller von der Sinnhaftigkeit des Ankaufs zweier Walkie-Talkies überzeugen. Das war damals Stand der Technik im Funk-Nahverkehr.

Das war wie angedeutet auf die Idee zugeschnitten, den TV-Journalisten mitzuteilen, worin gegebenenfalls der Ausfallgrund eines unserer Autos bestehen würde. Dies mit der Maßgabe, klar an den Mann zu bringen, wenn und dass es diesmal kein Motorschaden war. Ein guter Plan, wie sich schnell herausstellte. Wir haben schon in den ersten Rennen so manchen vermeintlichen Motorschaden herausgefischt und zutreffend als «defektes Aufhängungsteil», «gebrochenen Schalthebel», «Bremsschaden» oder was es sonst noch an Unbill gibt, vermeldet. Die ganze Nummer funktionierte auf Anhieb.

Mittlerweile hatten sich die Journalisten an unseren Service gewöhnt und nahmen ihn alsbald als selbstverständlich an. Allmählich verschwamm für sie die Tatsache, dass wir nur Meldungen über BMW und nicht über andere Teams liefern wollten und - mangels Legitimation - konnten. Wir wurden also gebeten, auch in Erfahrung zu bringen, was denn bei dem Ausfall des X oder des Y auf sich hätte.

Es entwickelte sich aber in die Richtung, dass Gustav an allen Boxen Informationen erhielt, diese zu den Kommentatoren-Boxen hoch funkte und alles war wie selbstverständlich. Gustav meldete sich bei Bedarf mit Stichworten wie Getriebe, Kraftübertragung oder ähnlichem. Ich schrieb entsprechend Zettelchen mit «Gearbox» oder «Transmission» und hielt sie von außen an die Fenster der TV-Kommentatorenboxen, wo sie dankbar zur Kenntnis genommen wurden. Die Pikanterie bestand nun darin: Wir waren «von BMW» und keineswegs befugt, Informationen über die anderen Teams zu verbreiten.

Ein Fehler - und es hätte mordsmäßiges Theater gegeben im Sinne von «die machen uns schlecht». Aber wir hatten Glück: In all den Jahren nicht eine einzige Reklamation. Im Laufe der Jahre verselbständigte sich dann das ganze Verfahren.

Wir von BMW konnten uns aus der Nummer zurückziehen, die Versorgung der Moderatoren erfolgte auf offiziellen Kanälen - und sie nutzte allen. Vor allem all jenen, denen durch falsche Informationen geschadet worden wäre. Damit war der Sinn erfüllt. Und heute geht das alles wie selbstverständlich via Whatsapp.


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