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History: ONS-Förderung – Schumacher, Frentzen, Müller

Von Rainer Braun
​Anfang März 1988, die Motorsportbehörde ONS hatte zur Pressekonferenz ins vornehme Kurhaus in Wiesbaden geladen. Thema: Die neu ins Leben gerufene «ONS Formel 3-Nachwuchsförderung».

Ungläubiges Staunen unter den anwesenden Journalisten – die sonst so unbewegliche und damals oft als bürokratisch verrufene Oberste Nationale Sportkommission ONS (seit 1997 Deutscher Motor Sport Bund DMSB) stellte ein revolutionäres Projekt vor. Weil man in den Startfeldern der Formel 1 deutsche Piloten schon länger vergeblich suchte, wurde die «ONS Formel 3-Nachwuchsförderung» ins Leben gerufen.

Mit starken Partnern aus der rennsporttreibenden Industrie, darunter fast alle deutschen Automobilhersteller, konnte fürs erste ein Sponsorenpool von einer halben Million D-Mark präsentiert werden. ONS-Präsident Wilhelm Lyding hatte die Idee des Förderprojekt angestoßen und monatelang dafür geworben. Der Plan war, das Paket über fünf Jahre anzulegen und auch mit ONS-Geldern zu unterstützen.

Als erste Förderkandidaten kamen unter Anderen Ralf Kelleners (19) und Michael Bartels (18) mit ihren erstklassigen Formel Ford-Resultaten in die engere Wahl. Eine mehrköpfige Jury (darunter Ex BMW-Sportchef Dieter Stappert) entschied sich nach ausgiebiger Prüfung für Kelleners, der in einem Dallara-VW des Schübel-Teams die komplette Formel 3-DM-Saison kostenlos bestreiten durfte. Doch die Resultate blieben weit hinter den Erwartungen zurück. So sah sich die ONS-Jury genötigt, für 1989 das Auswahlverfahren noch strenger zu gestalten.

Dazu wurde im Oktober 1988 eine zweitägige Sichtung mit mehreren Jung-Talenten am Nürburgring angesetzt. Michael Schumacher (19), Heinz-Harald Frentzen (22), Jörg Müller (20) und Marco Werner (22) hatten eine Einladung erhalten. Werner wurde wegen «eines unsportlichen Vorfalls» kurz zuvor in Spa kurzfristig vom ONS-Präsidenten persönlich wieder ausgeladen. Die Kandidaten mussten in verschiedenen Formel 3-Autos ihre Runden drehen und dazu mündliche und schriftliche Prüf-Kriterien durchlaufen.

Zur Jury gehörten unter Anderen Formel 1-Pilot Christian Danner und F1-Manager Domingos Piedade. Die Testrunden im F3-Cockpit absolvierten Schumacher und Frentzen nahezu auf gleich hohem Niveau, Müller fiel minimal ab. Für Erheiterung sorgte HHF auf die Frage von Jury-Mitglied Danner, ob er denn seinen Wehrdienst schon abgeleistet habe. Antwort: «Mich hat noch niemand dazu eingeladen.»

Und auf Danners Frage nach der Existenz eines Managers zählte Schumacher gleich deren vier auf: «Herr Dilk, Herr Nuppeney, Herr Piedade und Herr Weber.»

Erst bohrende Nachfragen zum Thema «sonstige bestehende Verpflichtungen» förderten dann noch eine im Raum stehende Ablösesumme von 50.000 D-Mark bei Schumis bisherigem Eufra-Team zu Tage.

Schnell wurde klar, dass trotz der komplizierten Lage an Schumacher kein Weg vorbeiführen würde. Ihm wurde also aufgetragen, seine Vertrags-, Ablöse- und Manager-Verpflichtungen zügig abzuklären.

Weil aber auch Frentzen in fast allen relevanten Kriterien beeindruckte und in der Gesamtbeurteilung mit Schumi gleichauf lag, kam die Jury am Ende der Sichtung zu der Auffassung, dass eigentlich beide ein Förderpaket erhalten müssten. Und so kam es, dass der Etat nochmals aufgestockt wurde und 1989 beide Talente je ein F3-Cockpit sicher hatten. Schumacher bei WTS Weber, Frentzen bei Schübel. Beide Teams setzten auf Reynard-Chassis und VW-Motor.

Es wurde eine Traum-Saison 1989 für beide Kandidaten. Wechselweise Siege, grandiose Gala-Vorstellungen und kaum Ausfälle. Wie schon bei der Sichtung am Ring schlossen die beiden ONS-Schützlinge auch die F3 DM-Saison 1989 punktgleich ab und verpassten den Titelgewinn nur um einen Zähler gegen Marko-Schützling Karl Wendlinger im Ralt-Alfa.

Und allen war klar, dass hier die neuen deutschen Formel 1-Hoffnungen für die Zukunft heranwuchsen. Wenn nicht die, wer dann? So saß Schumacher schon im August 1991 erstmals im F1-Cockpit, Frentzen zog drei Jahre später nach.

1990, das dritte Jahr der Förderung, wurde mit dem amtierenden Kart-Meister Thomas Rabe wieder zum Flop.

Dafür erhielt 1991 endlich auch der wilde Formel Ford-Jüngling und Opel-Lotus-Champion Jörg Müller seine Chance. Im Team von Malte Bongers startete er in einem Reynard-VW. Er war schnell, manchmal zu schnell.

Aber er schaffte mit dem Sieg beim Monaco F3-Grand Prix 1991 auch ein Husarenstück, das vor ihm noch keinem anderen deutschen F3-Piloten gelungen war. Als Dankeschön für diesen Prestige-Erfolg plädierte der mittlerweile amtierende ONS-Präsident Rolf Moll dafür, Müller noch ein weiteres kostenloses F3-Jahr zuzugestehen. Der bedankte sich dafür auf seine Art, ging konsequent seinen weiteren Erfolgsweg mit der Krönung als Formel 3000-Champion 1996. Danach schaffte auch Müller den Sprung in die Formel 1, wenn auch nur als Testpilot für Sauber und BMW.

35 Jahre ist die Geburt der mutigen Aktion mit der denkwürdigen Pressekonferenz in Wiesbaden jetzt her. Am 24. April 1988 absolvierte der ONS Formel 3-Rennwagen mit vielen Partner-Logos beim Eifelrennen auf dem GP-Kurs seine Premiere. Ralf Kelleners kam auf Rang neun ins Ziel, Rückstand 36 Sekunden auf Sieger Jockel Winkelhock.

Am 11. Oktober 1992 rollte Jörg Müller beim DMV-Herbstpreis in Hockenheim zum letzten Mal mit ONS-Logo an den Start und beschloss nach fünf Jahren das lobenswerte Förderprogramm.

Eine augenzwinkernde Randbemerkung zum Schluss. Vielleicht hätte man den Marco Werner damals doch besser nicht von der Sichtung ausgeschlossen, denn dann wäre die Erfolgsbilanz der Förderaktion wohl noch eindrucksvoller ausgefallen: F3-Sieger 1992 in Monaco als zweiter Germane nach Jörg Müller, drei Le Mans- und drei Sebring-Siege mit Audi. Und Formel 1 mit Lotus und Ferrari fährt er auch - und das bis heute sehr erfolgreich. Allerdings nur in der Serie für historische Grand-Prix-Rennwagen.


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