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Köln erstarrte: Vor 40 Jahren starb Rolf Stommelen

Von Rainer Braun
​In den frühen Morgenstunden des 24. April 1983 versetzte eine Radio-Eilmeldung des WDR die rheinische Metropole Köln in eine Art Schockstarre.

«Der Kölner Rennfahrer Rolf Stommelen ist bei einem Rennen in Riverside/USA tödlich verunglückt. Sein Porsche 935 Turbo kam nach einem Bruch des Heckflügels mit über 300 km/h von der Fahrbahn ab und prallte gegen eine Betonwand. Der 39-jährige ehemalige Formel-1- und Sportwagen-Pilot erlag kurze Zeit später im Krankenhaus von Riverside seinen schweren inneren Verletzungen.» So weit der Original-Text der Schreckensnachricht von damals.

Mit Rolf Stommelen verlor Köln nach Graf Trips (1961) und Hans Peter Joisten (1973) wieder einen seiner großen Motorsportler. Erinnerungen an eine Frohnatur, an einen begnadeten Rennfahrer und cleveren Geschäftsmann.

Mit rheinischer Mundart, trockenem Humor und versteckter Ironie hatte «de Rolef» die Lacher stets auf seiner Seite. Der Vollgas-Held galt als echter «Kölsche Jung».

Sein Vater, Besitzer einer Tankstelle im Kölner Stadtteil Sülz, hatte ihm 1962 zur bestandenen Gesellenprüfung einen Porsche Super 90 geschenkt, aus dem zwei Jahre später ein 904 GTS wurde. Der Sportwagen aus Zuffenhausen war zu dieser Zeit rennfertig ab Werk für knapp 30.000 DM (ca. 15.300 €) zu haben und galt schnell als das Maß der Dinge in der GT-Klasse bis 2 Liter Hubraum.

Der silbergraue Porsche-Flachmann mit der Zulassungsnummer K-SR 904 tauchte bald bei den ersten Berg- und Rundstrecken-Rennen auf. So auch beim Wolsfeld-Bergrennen nahe Bitburg, wo Rolf mit dem 904 per Achse erschien und in Jeans und T-Shirt zu den Wertungsläufen antrat.

An den denkwürdigen Auftritt erinnere ich mich deshalb so genau, weil ich damals als junger Reporter am Strecken-Mikrofon saß. Der Neuling war auf Anhieb so schnell, dass er gleich mal einen neuen Streckenrekord auf den Asphalt knallte und etablierte Berg-Spezialisten wie Michel Weber, Sepp Greger oder Karl Federhofer ziemlich alt aussehen ließ. Ein paar Monate später kämpfte er beim Flugplatzrennen in Innsbruck bereits mit den Porsche 904 GTS-Stars Udo Schütz und Gerd Koch um den ersten Sieg.

Als die Ford-Rennabteilung ab 1969 zu neuem Leben erwachte und den Zuzug diverser PS-Größen nach Köln beschleunigte, wurde abends öfter mal eine fröhliche Gesellschaft unter Führung von Rolf in der Altstadt gesichtet. Jochen Neerpasch, Mike Kranefuß, Jochen Mass oder auch Super-Manager Domingos Piedade schätzten Rolf als ortskundigen Begleiter und Stimmungsmacher.

Alle machten aber auch schnell Bekanntschaft mit seiner Veranlagung zu eiserner Sparsamkeit. Wer ihm auch nur eine Mark schuldete, den konnte er dafür wochenlang verfolgen. Und Trinkgeld für die Bedienung gab’s bei der Bezahlung der Zeche schon gar nicht. Selbst als Rolf schon Millionen gescheffelt hatte, musste man ihn drängen, doch nun endlich mal eine Runde zu schmeißen.

Rolfs sportliche Stationen in Kürze: Ab 1966 offizieller Porsche-Werksfahrer, er gewinnt in den folgenden Jahren nahezu alle Klassiker, von der Targa Florio bis zu den 24 Stunden von Daytona. Ab 1970 beginnt seine Formel-1-Karriere, zunächst bei Brabham, dann bei Surtees, Eifelland, Hill-Lola.

Parallel dazu fährt er weiter Sportwagen, zunächst noch für Porsche, danach für Alfa Romeo. Und 1974 sitzt er so nebenbei für Ford im legendären Capri RS

Einen seiner persönlich wertvollsten Erfolge feiert Rolf 1977 am Nürburgring, als er im Porsche 935 des Kölner Gelo-Teams die Deutsche Rennsport Meisterschaft (DRM) gewinnt und den lokalen Konkurrenten Porsche-Kremer mit Pilot Bob Wollek in einem dramatischen Finale besiegt. Es sollte seine erste und einzige Meisterschaft bleiben.

Schon früh musste Rolf aber auch die Schattenseiten des Rennsports kennenlernen. Freunde und Porsche-Teamkollegen wie Bobby Klass, Ludovico Scarfiotti oder Gerhard Mitter verunglückten tödlich.

Rolf selbst überlebte gleich drei schwere Unfälle nur mit viel Glück. 1968 bei der Europa-Bergmeisterschaft am Rossfeld hatte er als Porsche-Werksfahrer im Bergspider den ersten großen Crash. Bleibende Beweglichkeits-einschränkungen der schwer verletzten Hand waren die Folge.

Sechs Jahre später in Watkins Glenn konnte er sich nach einem 200 km/h-Aufprall erst in letzter Sekunde selbst aus dem brennenden Alfa Romeo 33-Sportwagen befreien. Die Helfer kamen viel zu spät. Von Brandverletzungen gezeichnet gab er deutschen Journalisten gegenüber in breitestem Kölsch zu Protokoll: «De hätt misch da sischer noch erus jehollt, ever erst nach em Lösche.» Brenzlige Situationen pflegte Rolf gerne mit Sarkasmus zu kommentieren.

Zum dritten Mal mussten seine persönlichen Schutzengel 1975 beim GP von Spanien in Barcelona in Aktion treten. In der 26. Runde brach an seinem Embassy-Lola der Heckflügel. Rolf flog samt Auto über die Leitplanken durch einen Fangzaun. Zwei Streckenposten und ein Fotograf waren sofort tot, mehrere Zuschauer wurden durch herumfliegende Trümmer zum Teil schwer verletzt, zwei starben später noch im Hospital.

Er selbst hatte noch Riesenglück im Unglück, dass er den Horror-Crash überhaupt überlebte – allerdings mit schwersten Verletzungen: Beide Beine und das Schlüsselbein gebrochen, zertrümmerte Kniescheiben und weitere komplizierte Frakturen. Er musste ein halbes Jahr pausieren, bevor er wieder in ein Rennauto steigen konnte und 1976 nochmals ins Porsche-Werksteam zurückkehrte.

Der klassische Sportwagen war sowieso immer seine Parade-Disziplin, hier konnte er sein ganzes Können voll entfalten und musste sich nicht wie in der Formel 1 mit schlechtem Material herumschlagen.

Nach fast 20 Jahren Profi-Rennsport hatte Rolf eigentlich für immer ausgesorgt, weil er stets sparsam war und sein Geld gewinnbringend anlegte. Gegen gute Gagen startete er nur noch da, wo alles passte – das waren für ihn hauptsächlich gut betuchte Porsche-Teams in den USA.

Den Status «Rennfahrer auf Abruf» hatte er selbst gewählt, weil er sich den permanenten Rennstress nicht mehr antun wollte. Dafür genoss er mit seiner Frau Marlene umso mehr sein Domizil im vornehmen Kölner Stadtteil Hahnwald.

Ende des Jahres wollte Rolf seinen Rücktritt vom Rennsport bekanntgeben. «Dann bin isch 40, dat iss ne jute Zeitpunkt», sagte er noch wenige Wochen vor seinem Tod in vertrauter Runde. Nein, Sorgen musste man sich um Rolf wirklich keine machen.

Und dann kam dieser verhängnisvolle 24. April 1983 in Riverside – das Rennfahrerglück war plötzlich aufgebraucht, seine Schutzengel konnten beim vierten großen Crash nichts mehr für ihn tun.

Als Kölns schnellster Sohn der Neuzeit am 3. Mai 1983 auf «Melaten» beigesetzt wurde, überfluteten über 2.000 Trauergäste den berühmten Friedhof an der Aachener Straße. Von seinen Rennsport-Kollegen fehlte kaum einer, Porsches ehemaliger Rennleiter Huschke von Hanstein hielt eine ergreifende Grabrede. Noch heute gilt das Familiengrab als Pilgerstätte für Fans aus aller Welt.

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