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Sensations-Sieg in Miami: Wer ist Lando Norris?

Von Mathias Brunner
Endlich ist Lando Norris ein GP-Sieger

Endlich ist Lando Norris ein GP-Sieger

​Es hat 110. Formel-1-GP gedauert, bis sich Lando Norris zum 114. Sieger im Rahmen der Formel-1-WM machen konnte. Wer ist dieser Engländer mit dem ungewöhnlichen Vornamen eigentlich?

Nein, sein ungewöhnlicher Name stammt nicht von der Star Wars-Figur Lando Calrissian. «Meine Mutter mochte Lando, das ist alles», sagt der McLaren-Rennfahrer, seit Miami 2024 endlich ein Grand-Prix-Sieger. Es hat verdammt lang gedauert.

Schon vor Jahren verriet uns ein britischer Karting-Experte: «Merkt euch gut den Namen Lando Norris, ihr werdet noch viel von ihm hören.»

Norris galt jahrelang als die größte britische Rennhoffnung seit Lewis Hamilton. «Er ist ein außergewöhnliches Talent», lobte McLaren-Direktor Zak Brown, als er Norris für 2018 als dritten Mann neben Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne engagierte.

Im Kartsport wurde Norris schon mit 14 Jahren Weltmeister. Wen er damit als jüngsten Champion ablöste? Einen gewissen Lewis Hamilton …

Schon bei seinem ersten Kartrennen, da war Lando sieben Jahre alt, stellte er sein Renngefährt gleich mal auf die Pole-Position. Im Kart gewann Norris einfach alles: Die WM in Bahrain, die WSK-Euroserie, die CIK FIA-EM, den FIA-Supercup.

Finanziert wurde das alles von seinem Vater Adam Norris, der mit dem Aufbau privater Rentenversicherungen ein Vermögen von rund 150 Millionen Euro angehäuft hatte und sich mit 36 Jahren aus dem Versicherungsgeschäft zurückzog.

Seither investiert Norris senior in britische Start-up-Unternehmen – und in die Karriere von Lando. Adam Norris war ebenfalls Rennfahrer, Radrennfahrer, um genau zu sein. Doch aus der erhofften Profikarriere in Belgien wurde nichts. Norris kehrte nach Großbritannien zurück, begann im Versicherungswesen und gründete eine Familie.

Mit 14 bestritt Lando die Ginetta-Juniorenmeisterschaft, wurde Rookie des Jahres und Gesamtdritter. 2015 saß er im Formel-4-Renner und gewann die britische MSA-Meisterschaft. 2016 holte er sich die Titel in den Toyota Racing Series und in der Zweiliter-Formel Renault. 2017 machte er sich im ersten Formel-3-Jahr zum jüngsten Meister der Serie.

Vier Jahre, vier Titel.

Im Sommer 2017 fuhr er auf dem Hungaroring erstmals einen Formel-1-Renner, den McLaren-Honda von Fernando Alonso.

Der erste Tag von Lando Norris als Formel-1-Fahrer erzeugte in der Hungaroring-Boxengasse ungläubiges Staunen: Schlicht sensationell waren diese 1:17,385 min des englischen McLaren-Talents – der damals 17-Jährige (Geburtstag: 13. November 1999) fuhr eine Runde, schneller als die Quali-Zeit von Fernando Alonso im Abschlusstraining zum Ungarn-GP (1:17,549 min)!

Nach dem Gewinn der Formel-3-EM setzte McLaren den jungen Norris beim Formel-2-Finale von Abu Dhabi ein, einmal schied er im Campos-Renner aus, einmal wurde er 13. Nachher gab er zu: «Das war schwieriger als erwartet. Ich hatte Abu Dhabi nie zuvor gesehen, ich kannte das Auto nicht und die Reifen auch nicht, und auch das Team war für mich neu – eine steile Lernkurve.»

2018 trat Norris für den Rennstall von Trevor Carlin in der Formel 2 an, für dieses Team fuhr er seit 2015 in der Formel 4 und in der Formel 3. Mit Carlin wurde er Formel-3-Europameister und Zweiter beim Klassiker von Macau. Für den Titelgewinn stand ihm nur ein Mann vor der Sonne: George Russell.

Norris wurde Meisterschaftszweiter, aber letztlich spielt das keine Rolle mehr, denn Anfang September stand fest – Norris wird zum McLaren-Stammfahrer; weil Fernando Alonso 2019 keine Formel 1 mehr fahren wollte und weil Stoffel Vandoorne ausgemustert wurde.

«Wir ahnten, dass Lando ein aufregendes Talent ist, mit einem großen Potenzial», so McLaren-CEO Zak Brown. «Er war massiv talentiert, er lernte schnell, er hatte einen reifen Kopf auf seinen jungen Schultern.»

Lando Norris wurde in seinem ersten Formel-1-Jahr WM-Elfter, mit sechsten Plätzen in Bahrain und Österreich als Highlight. Knapp die Hälfte aller WM-Läufe konnte Rookie Norris in den Punkten beenden. Am Ende trennten ihn vom zehntplatzierten GP-Routinier Sergio Pérez nur wenige Punkte.

Lando Norris brachte frischen Wind in die Formel 1. Der McLaren-Pilot wusste in seinem Rookie-Jahr durchaus sportlich zu überzeugen, vor allem aber seine unbekümmerte Art abseits der Strecke kam bei den Fans an.

Wir erinnern uns da an eine Pressekonferenz, bei der er nach einem Gespräch mit Lewis Hamilton und Daniel Ricciardo über Körperbehaarung einen Lachanfall bekam.

Norris ist einer, der zeigt, wie man das junge Publikum an die Formel 1 binden kann.

«In gewisser Hinsicht war ich fast zu entspannt und hatte zu viel Spaß», findet Norris. «Als es ernster wurde, habe ich mich nicht mehr so sehr darauf konzentriert, wie ich sollte, und nicht mehr an so vielen Bereichen gearbeitet, wie ich sollte. Ich glaube, ich habe angefangen, dies ein wenig als selbstverständlich hinzunehmen.»

Lando Norris zeigte in den ersten drei Jahren Formel 1 einen schönen Aufwärtstrend – WM-Elfter 2019, Neunter 2020, gar Sechster 2021. Die Saison 2022 in der neuen Flügelauto-Epoche schloss er als Siebter ab. Längst war sein Ruf zementiert, ein kommender GP-Sieger zu sein. Das hätte beinahe schon in Monza 2021 geklappt, aber da stand ihm sein McLaren-Stallgefährte Daniel Ricciardo vor der Sonne.

2020, in der Corona-verkürzten Saison, begann er mit dem dritten Platz auf dem Red Bull Ring die Saison sensationell, in 13 von 17 Rennen fuhr der junge Engländer in die Top-Ten, mit vierten Rängen in Frankreich und Singapur.

Neben der Bahn gab es auch eine neue Seite von Lando Norris zu sehen. Jeder Mensch hat seine Bürde zu tragen, aus ganz verschiedenen Gründen, oder wie es der Volksmund sagt: Unter jedem Dach ein Ach. Druck baut sich immer auf, ob privat oder im Berufsleben. Wieso sollte das für einen Formel-1-Fahrer anders sein?

Dennoch reden GP-Piloten selten über Ängste oder Unsicherheit, schon gar nicht in aller Öffentlichkeit. Lando Norris macht eine Ausnahme. In einem eigenen Blog gab er freimütig zu, mit welchen Ängsten er zu leben lernen musste, als er in die Königsklasse hochrückte.

«Hat einer von euch je Probleme gehabt, sie aber mit einem Pokerface vor der Welt verborgen gehalten? Ich habe das. In meinem ersten Formel-1-Jahr 2019 sah ich für viele aus wie der unbekümmerte Junge, voller Selbstvertrauen und Enthusiasmus. Aber das stimmt so nicht. In Wahrheit habe ich unter der Decke gehalten, dass ich mit Ängsten kämpfte und mein Nervenkostüm dünn war.»

«Es war immer mein Traum, es bis in die Formel 1 zu schaffen. Aber ich wurde von Selbstzweifeln zernagt, ich war unsicher, ob ich wirklich aus dem richtigen Holz geschnitzt bin und es mit meinen Gegnern aufnehmen kann. Solche Gedanken machen dich irre. Es ist nicht leicht, damit umzugehen, und ich bin sicher, anderen Piloten ist das auch so gegangen.»

Als die Welt im Frühling 2020 wegen Corona fast stillstand, nutzte Lando Norris die Zeit, um sich mit seinen Vertrauenspersonen ausgiebig zu unterhalten.

«Das hat mir sehr dabei geholfen, mich in diesem Jahr souveräner und positiver zu fühlen. Mir ist klargeworden, welche Kraft hinter solchen Gesprächen steckt, wie elementar es ist, dass du gute Menschen um dich herum hast, welchen du vertrauen und auf die du dich verlassen kannst. Ich kann allen nur raten, über den Sport hinaus, sich mit Schwierigkeiten jemandem anzuvertrauen.»

2021 zeigte Norris seine bislang beste GP-Saison, mit Podestplätzen in der Emilia-Romagna (Dritter), Monaco (Dritter), Österreich (Dritter) und Italien (Zweiter). Nur zwei Mal lag Norris nicht in den Top-Ten, dazu eroberte er in Sotschi bei Mischverhältnissen seine erste Formel-1-Pole Position.

Nicht ganz so gut wie 2021 lief es 2022 mit den neuen Flügelautos. McLaren begann im Testwinter vielversprechend, wurde dann aber durch verschiedene Probleme, wie etwa mit der Bremsbelüftung, zurückgeworfen. Auf Norris war aber Verlass – 17 Mal in den Top-Ten, Rang 3 in Imola als bestes Ergebnis.

2023 dann erneut WM-Rang 6, aber als McLaren beim Sprint von Katar gewann, da saß nicht Norris am Lenkrad, sondern der junge Oscar Piastri. Lando hat das massiv geärgert.

Norris 2023 Zweiter in Silverstone, auf dem Hungaroring, in Singapur, in Japan, Dritter in Katar, Zweiter in Austin und Interlagos, aber der erste Sieg wollte und wollte nicht kommen.

Mehr davon 2024: Dritter in Australien, Zweiter in China und nun endlich Erster, in Miami.

Spürt der 24-Jährige aus Bristol Erleichterung? «Ich würde das gerne herunterspielen und sagen – nein, das ist nicht so. Aber ganz ehrlich: Ja, natürlich ist es so, ich bin massiv erleichtert, dass es endlich geklappt hat.»

Miami-GP, Miami International Autodrome

01. Lando Norris (GB), McLaren, 1:30:49,876 h
02. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, +7,612 sec
03. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +9,920
04. Carlos Sainz (E), Ferrari, +11,407
05. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, +14,650
06. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +16,585
07. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, +26,185
08. George Russell (GB), Mercedes, +34,789
09. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +37,107
10. Esteban Ocon (F), Alpine, +39,746
11. Nico Hülkenberg (D), Haas, +40,789
12. Pierre Gasly (F), Alpine, +44,958
13. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +49,756
14. Guanyu Zhou (RCH), Sauber, +49,979
15. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls, +50,956
16. Valtteri Bottas (FIN), Sauber, +52,356
17. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +55,173
18. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1:04,683 min
19. Alex Albon (T), Williams, +1:16,091
Out
Logan Sargeant (USA), Williams, Crash

WM-Stand (nach 6 von 24 Grands Prix und 2 von 6 Sprints)

Fahrer
01. Verstappen 136 Punkte
02. Pérez 101
03. Leclerc 98
04. Sainz 85
05. Norris 83
06. Piastri 41
07. Russell 37
08. Alonso 33
09. Hamilton 27
10. Tsunoda 14
11. Stroll 9
12. Oliver Bearman (GB) 6
13. Hülkenberg 6
14. Ricciardo 5
15. Ocon 1
16. Magnussen 1
17. Albon 0
18. Zhou 0
19. Gasly 0
20. Bottas 0
21. Sargeant 0

Konstrukteurspokal
01. Red Bull Racing 237 Punkte
02. Ferrari 189
03. McLaren 124
04. Mercedes 64
05. Aston Martin 42
06. Racing Bulls 19
07. Haas 7
08. Alpine 1
09. Williams 0
10. Sauber 0

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