Michael Schumacher: Champions Day mit Renault-Jungs
Nürburgring, 2. Mai 1995, ein großer Tag für die Junioren der beiden Renault-Nachwuchsrennserien Clio Cup und Formel Renault Cup. Die Sportführung der Deutschen Renault AG in Brühl bei Köln nutzte die Gunst einer Vertrags-Konstellation, deren Laufzeit zeitlich eng begrenzt war und bescherte so einigen Jung-Rennfahrern ein bleibendes Erlebnis.
Der Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher und sein Benetton-Team hatten nach dem ersten Titelgewinn 1994 mit Ford-Motor für 1995 einen Vertrag mit Renault abgeschlossen. Mit den leistungsstarken Triebwerken der Franzosen sollte die Titelverteidigung gesichert werden.
Die Vereinbarung beinhaltete nicht nur die Lieferung der bärenstarken V10-Triebwerke aus der französischen PS-Küche, sondern auch ein Zugriffsrecht für das Unternehmen auf den Weltmeister an einigen wenigen Tagen 1995.
Eine solche Gelegenheit bot sich am 2. Mai 1995, zwei Tage nach dem Imola-GP, bei dem Michael nach Führung und Boxenstopp seinen Benetton mit Wucht neben die Strecke setzte. Die Sorge, dass der angesetzte Termin am Ring deshalb platzen könnte, erwies sich als unbegründet.
Der damalige deutsche Renault-Vorstandsvorsitzende François Hinfray und sein PR-Chef Reinhard Zirpel fädelten den Besuch Schumachers für einige Stunden am Ring mit Manager Willi Weber ein. Und Sportchef Bernd Hütter setzte sich bei PR-Vorstand Zirpel dafür ein, dass die offiziellen Junioren aus Clio-Cup und Formel Renault in die geplante Pressekonferenz mit eingebunden werden.
Je ein Nachwuchsvertreter beider Rennserien durfte also bei der großen Pressekonferenz mit Schumacher und dem Renault-Vorstand am langen Diskussionstisch Platz nehmen. Für den Clio-Cup wurde der 22-jährige Harald Hennes aus Aachen, für die Formel Renault der erst 16-jährige Timo Scheider aus Braubach ausgewählt.
Bis es allerdings losgehen konnte, dauerte seine Zeit. Wie meist bei Schumachers PR-Terminen ging’s auch hier nicht ohne Verspätung ab, und die angereisten rund 300 Journalisten und Fotografen mussten erst mal über fast zwei Stunden vertröstet und bei Laune gehalten werden.
Dann endlich landete der Heli mit Schumacher und Weber, die Pressekonferenz im Michelin-Center konnte ohne weitere Verzögerung beginnen.
Nachdem sich Vorstand und Weltmeister zu Grundsatzfragen des Renault-Formel 1-Engagements geäußert hatten, kamen die Junioren an der Reihe. Couragiert und ohne Scheu stellten sie ihre Fragen an ihr Idol und hinterließen dabei einen ausgesprochen guten, fast schon professionellen Eindruck. Ehrlicherweise muss ich allerdings anmerken, dass wir das, um eine Blamage zu vermeiden, zuvor schon mal als Trockenübung durchgespielt hatten.
Nach dem offiziellen Teil gings mit allen Junioren und Schumi zum Fototermin. Geduldig ließ sich der Champion erst mit der Gruppe und dann auch noch mit jedem Nachwuchsmann einzeln ablichten. Schließlich fand er auch noch Zeit, Einzelgespräche mit dem wissbegierigen Jungrennfahrern zu führen und mit dem einen oder anderen im Safrane-Biturbo sogar um den GP-Kurs zu brettern.
Den Höhepunkt des Tages bildete aus der Sicht der Junioren ein Slalom, bei dem sie der Reihe nach die Chance hatten, an die vom Champion im Serien-Laguna V6 vorgelegte Zeit heranzukommen. Das Resultat fiel für die jungen Piloten erwartungsgemäß ziemlich ernüchternd aus.
Auf dem kurzen Slalom-Parcours fehlten mal eben zwischen zwei und acht Sekunden auf die Weltmeister-Zeit. Die Formel-Piloten Ralf Druckenmüller und Sascha Bert zogen sich da mit den geringsten Rückständen noch am besten aus der Affäre.
Erheitert zog mich Schumi danach zur Seite und gestand feixend: «Das geht übrigens noch schneller.»
Dann schnappte er sich den Laguna nochmal und unterbot seine eigene Bestzeit um weitere 1,2 Sekunden. Man sah es ihm an – er hatte sich gut amüsiert. Und alle anderen auch.
Kein Wunder, dass Schumacher kurz vor seiner Abreise im internen Kreis verlauten ließ, dass ihm der Tag am Ring mit den jungen Rennsport-Neulingen «hundert Mal mehr Spaß gemacht hat als jeder andere Pflichttermin».
Wer ihn an diesem sonnigen Tag in der Eifel so locker und bester Laune erlebte, der glaubte ihm das aufs Wort.
Sicherstes Indiz für das Wohlbefinden des keineswegs bei solchen Anlässen immer frohgelaunten Champions: Er blieb zwei Stunden länger, als er eigentlich musste.