Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Lauda, Hill, Wurz, Villeneuve: Geliebt, geächtet

Von Peter Hesseler
Briatore demütigte Fisichella und Wurz

Briatore demütigte Fisichella und Wurz

Mark Webber ist nicht der einzige Pilot, der teamintern Widerstand spürt – die Historie kennt viele Beispiele dieser Art.

Sogar die «London Times» hat nun die Kritik aufgegriffen, die Dr. Helmut Marko an Red-Bull-Racing-Pilot Mark Webber geäussert hat. Webber sei mental nicht stark genug, nur zwei Mal im Jahr siegfähig und lasse sich zu leicht in Abwärtstrends hineinziehen.

Die «Times» mutmasst, Red-Bull-Berater Marko versuche auf diese Art, in seinem Team die Motivation hochzuhalten. Red Bull Racing arbeite auf einer heisseren Flamme als die Konkurrenten und das Team drohe daher personell leichter auszubrennen. Das ist eine gewagte Theorie, denn uns ist kein F1-Team bekannt, in dem die Mechaniker am Saisonende nicht auf dem Zahnfleisch nach Hause kriechen würden. Allerdings kennen wir viele, die den Heimweg regelmässig ohne Titel in der Tasche antreten …

Red Bull Racing hat nicht nur drei Mal in Folge beide Titel gewonnen, sondern seine Angestellten jeweils mit Erfolgsprämien üppig entlohnt. Mehr als Red Bull Racing, wo jeder einzelne Mitarbeiter dauerbetreut wird, kann ein Rennstall kaum für die Motivation seines Personals leisten.

Die Kritik von Marko an Webber beweist wieder einmal: Teams und ihre Fahrer, obwohl vertraglich aneinander gebunden, bilden längst nicht immer eine Einheit. Das ist im Motorsport nichts Ungewöhnliches.

Ferrari wollte Niki Lauda nach seinem Crash 1976 und entgangenem Titelgewinn eigentlich loswerden. Doch Niki setzte sich teamintern durch, zog das Test-Zepter wieder an sich und fuhr gegen alle Wetten 1977 einen weiteren Titel ein, seinen zweiten nach 1975. Das nötigte den Italienern Respekt ab, denn sie wussten schliesslich am besten, welche Widerstände sie gegen Lauda aufgeboten hatten, aber die Liebe – sie war da längst erloschen. Lauda seilte sich zu Brabham ab.

Mangelnde Wärme spürte auch der Belgier Thierry Boutsen, 1989 und 1990 bei Williams. Boutsen war Teamkollege von Riccardo Patrese, was einen schweren Stand bedeutete. Der Italiener wurde vom Team geliebt. Aber für zwei reicht die Liebe unter einem Dach offenbar selten. Als Boutsen in Ungarn 1990 gewann (ein Bravourstück, immerhin mit Ayrton Sennas McLaren im Nacken) und nach allen Zeremonien und Interviews strahlend zum Motorhome des Teams kam, um sich feiern zu lassen, war bereits alles abgebaut – und die Chefs Richtung Flughafen verschwunden. Boutsen später: «Das war eine der grössten Enttäuschungen meiner Karriere.»

Zu den Ungeliebten gehörte auch Damon Hill, den Williams Ende 1996, trotz Titelgewinns, sang- und klanglos gegen Heinz-Harald Frentzen austauschte. Hill wurde von Technikchef Patrick Head 1995 öffentlich dafür kritisiert, dass er nicht überholen könne. Hill aber ging bei Williams ungerührt seinen Weg bis zu Ende. Und hatte Erfolg.

Seinem Nachfolger erging es kaum anders. Frentzen versuchte, dem Team von Beginn an alles Recht zu machen, indem er sich sofort von Drei- auf Zwei-Pedal-Technik umstellte. Das dauerte natürlich einige Zeit, aber beide Seiten wussten: Das ist die Zukunft. Bis Frentzen die Umstellung bewältigt hatte, erschien dem Team Jacques Villeneuve als der schnellere Fahrer, was er jedoch nicht war. Aber der Kanadier war der härtere. Villeneuve gab seine Führungsposition nicht aus der Hand. Frentzen wurde als Williams-Pilot das Stigma des Verlierers nicht los und wurde aussortiert.

Nicht zu beneiden war auch Giancarlo Fisichella als Pilot des Renault-Teams. Als er sich 2000 in Indianapolis im Benetton nur auf Platz 15 qualifizierte, zürnte Briatore in einer offiziellen Pressemitteilung, dass Shopping mit Gattin Luna in Chicago vielleicht doch nicht die beste Vorbereitung auf den Wettbewerb sei. Eine lautere Ohrfeige haben wir im Fahrerlager selten vernommen.

Alexander Wurz, 1999 und 2000 bei Benetton ebenfalls unter Briatores Führung, wusste, wie sich eine harte Hand anfühlt. Wurz sollte nach jeder verlorenen Qualifikation erklären, wo er – gemessen an Fisichella – Zeit verloren hatte. Briatore bemühte sich dabei nicht sonderlich um Stil, er forderte die Erklärungen laut. Und gerne auch im Beisein von Publikum. Selten wurde ein Pilot öffentlich derart gedemütigt und klein gemacht wie Wurz von Briatore, der bis heute nicht begriffen hat, wie klein er sich damit selbst machte.

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