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Wolff, Lauda und Mercedes – ein Win-Win-Geschäft?

Von Peter Hesseler
Der Wolff breitet sich in Deutschland aus

Der Wolff breitet sich in Deutschland aus

Jetzt führen zwei Österreicher die deutsche Formel-1-Nationalmannschaft – und sie gehört ihnen sogar teilweise.

Wir erleben einen Generationswechsel. Mit Toto Wolff übernimmt ein junger Aufsteiger, der kürzlich noch auf dem Nürburgring im Porsche seine selbst aufgestellten Rekorde jagte, das Zepter bei Mercedes und damit de facto die Nachfolge von Rennleiter Norbert Haug (60), der im Dezember seinen Abschied verkündete.

Wolff hatte erst im Frühjahr das Amt des Teamleiters bei Williams, an der Seite des Mehrheitseigners und Teamgründers Frank Williams übernommen.

Wolff ist Motorsportler und Unternehmer zugleich, machte in jungen Jahren ein Vermögen als Investor. Eine Frage lautet nun: Welches seiner Herzen schlägt stärker – das des Formel-1-Freundes oder das des Unternehmers?

Es gibt eigentlich nichts gegen Wolff zu sagen. Ein neues Gesicht kann Mercedes nicht schaden. Der Mann ist sympathisch, wirkt ehrlich und er hat Mut.

Einiges stört mich allerdings trotzdem. Wolff verbreitete über die letzten Monate hinweg seine Ambitionen mit dem Williams-Team, an dem er Minderheitsanteile hält. Er tat dies glaubwürdig. Seine Mission sei auf Jahre angelegt, nicht kurzfristig, betonte er. Jetzt verlässt er Williams, wo er zuletzt die Nominierung «seines» Fahrers Valtteri Bottas durchgesetzt hatte, Knall auf Fall.

Ketzer werden fragen: Wie ehrlich war sein Engagement bei den Briten? Und: Welchen Fahrer, an dem Wolff mitverdient, schwätzt der Mercedes-Mann denn demnächst seinem neuen Team auf?

Wolff behält seine Williams-Anteile, was die Frage aufwirft, wem er in der Box wohl die Daumen drückt, wenn Rosberg hinter Maldonado herfährt. Im Grunde kann es Wolff einerlei sein. Er ist so oder so in einer Win-Win-Situation.

Der Österreicher hält bereits Anteile an der Mercedes-DTM-Filiale HWA. Und nachdem er nun auch Anteile am Mercedes-F1-Team gezeichnet hat, ist er Gesellschafter in drei Rennställen: bei Williams (wo er bleiben will), HWA und Mercedes.

Da drängt sich die Frage auf: Warum muss er gleich Gesellschafter in dem Team werden, in dem er der Leitung beitritt? Norbert Haug genügte eine silberne Seele. Er leitete den Mercedes-Motorsport 22 Jahre lang, ohne Anteile …

Hat Wolff seine Anteile gekauft? Hat Mercedes sie ihm übertragen? War die Beteiligung eine Bedingung? Auch Niki Lauda ist mit einem Teamstück bedacht wurde. Aber er tritt in der Formel 1 kaum als Privat-Investor auf. Warum also musste man ihm Anteile schenken? Wer hat das angeordnet? Mit welcher Begründung? Man wird recht weit oben nach den Verantwortlichen suchen müssen. Und zwar in Regionen, in denen es für Miss-Management meistens heftige Abfindungen gibt. Oder noch bessere Jobs.

All diese Fragen bleiben offen – und das vermittelt den Beigeschmack eines Geschäfts, das vor allem für zwei Leute ein Win-Win-Geschäft sein dürfte: Wolff und Lauda. Sie erhalten quasi einen Vorschuss, denn wenn man es genau nimmt, haben beide noch gar nicht mit ihrer Arbeit für Mercedes begonnen. Und ob sie Erfolg haben werden, steht buchstäblich in den Sternen.

Wolff hat neben seinem Titel vor allem die Funktion, das Team nach aussen zu vertreten. Das bedeutet: Während der eine Österreicher der Welt und den TV-Zuschauern dann vielleicht erklärt, wieso Mercedes besser ist als das Ergebnis es ausdrückt, kann der andere Österreicher bei RTL gnadenlos seiner journalistischen Neutralität frönen und die matten Stellen der Silberlinge aufzeigen.

Das bedeutet: Wolff sorgt dafür, ob gewollt oder nicht, dass Lauda für die Kölner weiter kommentieren darf. Denn wenn der dreifache Weltmeister öffentlich als Lautsprecher seines Mercedes-Teams fungieren würde, könnte er sich drei Meter weiter schlecht im Selbst-Interview fertig machen. Das wäre etwas viel verlangt, selbst von einem Multi-Talent wie Niki Lauda.

Die Zeiten ändern sich, die Köpfe auch, aber eines bleibt: Mercedes zahlt. Mercedes zahlt ja immer. Ob es die Sauber-Fabrik ist oder den Räikkönen-Transfer oder die Geldstrafe für McLaren im Spionageprozess oder die Gehälter der Fahrer von McLaren oder die Fabrik von McLaren oder die Motoren von McLaren oder das Team von Ross Brawn oder jetzt die personelle Aufstockung des Teams. Mercedes liefert finanziell immer das Maximum.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Falle des Geschäfts mit den neuen Gesellschaftern Lauda und Wolff anders sein soll.

Die Frage ist nur: Wann geht diese Rechnung auf?

Und: Warum wird Deutschlands hoffentlich bald glorreiches Formel-1-Team, 2010 bis 2012 als deutsche Formel 1-Nationalmannschaft angetreten, eigentlich nicht von einem Deutschen geleitet, sondern gleich von zwei Österreichern? Haben wir in Germania keinen einzigen fähigen Rennsport-Manager, der in Fellbach der Ober-Etage würdig wäre?

Aber hat die Österreich-Connection Erfolg, werden wir Deutschen sie lieben, geistig adoptieren oder noch besser: einfach ihre Anteile aufstocken.

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