Kundenautos: Ein Sargnagel für den Formel-1-Sport?

Von Joe Saward
Früher konnte ein Mäzen ein Auto kaufen und los ging’s: Ronnie Peterson 1970 im March von Colin Crabbe

Früher konnte ein Mäzen ein Auto kaufen und los ging’s: Ronnie Peterson 1970 im March von Colin Crabbe

Immer wieder wird versucht, Kundenfahrzeuge in den GP-Sport zurückzubringen. Was auf den ersten Blick einleuchtend klingt, wäre eine Bankrotterklärung für die Formel 1.

Gegenwärtig kursiert im Internet das Gerücht: Gäbe es in der Formel 1 Kundenfahrzeuge – also Chassis, die bei einem Rennstall wie, sagen wir McLaren, gekauft werden können – dann würde sich «Andretti Motorsport» zum Einstieg in den GP-Sport überzeugen lassen. Das klingt in der Theorie schön (US-amerikanisches Engagement in der Formel 1, wer fände das nicht toll?), doch dieses Gedankemodell besteht den Lackmustest nicht.

Formel 1, das geht es um technische Exzellenz. Um die besten Fahrer in den technisch hochstehendsten Autos, die auf den aufregendsten Strecken um die Wette fahren. Wenn jemand das beste Chassis einfach kaufen kann, dann ist der darwinistische Wettbewerbsgedanke verdorben. Und das würden die Zuschauer nicht schätzen. Den Status des Klassenbesten gilt es zu erarbeiten. Mit tüchtig Kohle einfach das beste Material kaufen und einsetzen, damit vor Rennställen fahren, die sich seit Jahren abmühen, Fortschritte zu machen, das ist im Kern einfach unfair.

Stellen wir uns vor: Red Bull Racing, Ferrari, McLaren, Lotus und Mercedes dürfen Kundenautos verkaufen. Dann stolpern wir flugs in eine Sackgasse, in welcher sich der IndyCar-Sport wiedergefunden hat. Einst gab es in der CART-Serie (Championship Auto Racing Teams) eine Fülle von Chassisherstellern – Chaparral, Penske, Longhorn, Wildcat, Coyote, McLaren, Eagle, March, Lola. Innerhalb weniger Jahre gab es nur noch zwei Marken, March und Lola, später wurde die IndyCar-Serie gar ein besserer Markenpokal mit dem gleichen Chassis für alle. Die kleineren Chassisbauer konnten nicht mehr mithalten und starben aus.

In der Formel 1 besagt eine kluge Regel, dass die Teams ihre Autos selber entwerfen und bauen müssen. Würde eine Kundenauto-Regel eingeführt, wo müsste sich ein Mittelfeldteam fragen: Sollen wir weiter ein eigenes Auto bauen oder sollen wir nicht lieber einen Mercedes kaufen? Die Richtung wäre klar: Belegen obige fünf Teams heute bei normalem Rennverlauf die ersten zehn Ränge, dann gäbe es für die heutigen Mittelfeldler künftig kaum mehr eine Chance, überhaupt in Punkteränge vorzustossen! Keine Punkte gleich weniger Preisgeld gleich weniger Budget gleich noch weniger Ressourcen, um konkurrenzfähig zu sein. Eine tödliche Spirale.

Ein Chassis zu kaufen, würde auch das Know-how der Mittelfeldteams schmälern, bald gäbe es ein Startfeld mit nur noch vier oder fünf, vielleicht sechs Chassisherstellern. Und wenn zwei Teams dann der Formel 1 den Rücken kehrten, wären auf einen Schlag acht Rennwagen weniger im Feld.

Fazit: Ja, die mittleren und kleinen Teams haben finanzielle Probleme. Aber der Sport ist dennoch gesünder mit elf unabhängigen Rennställen als mit der Hälfte eines Startfelds, das am Tropf der Top-Teams hängt.

Der richige Weg sind nicht Kundenfahrzeuge. Der richtige Weg besteht daraus, die teilweise lächerlich hohen Kosten für irrelevante Teile zu verringern. Und sicherzustellen, dass der Sport in der Hand von Menschen ist, denen die Formel 1 am Herzen liegt und welche den GP-Sport nicht als Geldkuh sehen. So wie ein Teil der heutigen Financiers.

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