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Mark Webber: Wieso Lewis Hamilton Weltmeister wird

Von Gerhard Kuntschik
Mark Webber ist ganz entspannt

Mark Webber ist ganz entspannt

Mark Webber (38) gehörte immer zu jenen Piloten, die sich eine eigene Meinung zu äussern trauen. Seit der Red-Bull-Pilot Porsche-Werkfahrer auf der Langstrecke ist, ist er noch besser drauf.
Was erwartest du vom kommenden WM-Finale?

Hmmm, die doppelten Punkte in Abu Dhabi sind ein Übel. Bei Mercedes sorgt das Stallduell um den Titel für eine unglaubliche Hochspannung, da stehen alle unter Strom.

Was würdest du sagen – Hamilton oder Rosberg?

Ich habe von Lewis einige hervorragende Vorstellungen gesehen, und er wird in Abu Dhabi ganz stark sein. Das war er dort immer schon. Aber: Ob Lewis in Budapest stark war oder Nico in Monaco, Silverstone oder zuletzt in São Paulo – das zählt jetzt nicht mehr, das war einmal. Beide haben unglaublich gute Arbeit geleistet. Jetzt geht es nur noch um ein Rennen, das nächste, das letzte, und Lewis hat halt einige Punkte Vorsprung, Platz 2 reicht ihm. Das ist sein Vorteil.

Warst du von Sebastian Vettels Entscheidung überrascht, Red Bull zu verlassen?

Nein, ich habe immer erwartet, dass er einmal dort landen wird, wo es alle vermuten. Das nächste wird sein letztes Team sein. Er war frustriert, er will Resultate, aber er weiss auch besser als jeder andere, dass er Geduld brauchen wird. Vielleicht ist die Entscheidung wirklich richtig. Als Lewis McLaren verliess, meinte jeder, Hamilton sei verrückt, und jetzt steht er mit Mercedes vor einem Riesentriumph. Aber bei allem Fokus auf das WM-Duell muss sich sagen, es gibt wichtigere Dinge in der Formel 1 als dieses. Es geht um den Zustand, die Prosperität des gesamten Sports.

Ist die Formel 1 mit dem neuen Reglement auf dem richtigen Weg?

Sie haben einen wirklich grossen Neustart gemacht. Und einige kommen damit überhaupt nicht zurande, wie Kimi Räikkönen zum Beispiel. Das ist nicht sein Rennsport. Wenn man Autos hart am Limit fahren konnte, war er da. Eine schnellste Runde nach der anderen. Jetzt ist er völlig frustriert, kann sich nicht mehr ins rechte Licht rücken. Er gibt jetzt vielleicht 70 Prozent. Und dann finde ich Bernie Ecclestones jüngste Bemerkungen, er brauche kein junges Publikum in der Formel 1, sehr... hmm, sagen wir mal interessant.

Mit Max Verstappen fährt nächstes Jahr ein 17-Jähriger Formel 1. Ist das gut so?

Ich weiss nicht, ob Leute 400 Euro für ein Ticket zahlen wollen, um einen 17-Jährigen fahren zu sehen. Vielleicht ist einer okay, aber wenn es vier oder fünf sind, wird das sehr extrem. Wir hatten ähnliche Fälle in der Vergangenheit, als Fernando Alonso oder Kimi in die Formel 1 kamen. Sie waren speziell und setzten sich durch. Aber: Die Autos waren damals viel schwieriger zu beherrschen, vor allem physisch. Die Wahrscheinlichkeit zu scheitern war viel grösser. Verstappen war im freien Training schon weiter als frühere Debütanten nach etlichen Monaten. Junge Fahrer haben heute nur noch sehr geringen Respekt vor Formel-1-Autos. Heute wird man ja fast verlegen, wenn ein F1-Auto aus der Box fährt. Die Formel 1 ist heute eine etwas stärkere GP2. Das ist nicht die Formel 1, die wir alle gewohnt waren.

Darf ich aus diesen Worten schliessen, du vermisst die Formel 1 nicht?

Genau. Es ist einige Monate her, dass ich ein gesamtes Rennen im Fernsehen sah. Zuletzt in Brasilien war ich am Autofahren und hörte im Radio zu. 85 Prozent der Übertragung ging es um Reifen. Das frustriert – die Fahrer genauso wie die Fans. Die Piloten können ihr Leistungspotenzial nicht mehr darstellen. Oder der verstellbare Heckflügel, das ist für einen immer peinlich. Die Autos und die Technik waren bis Mitte der 2000er Jahre einfach anders. Die Entwicklung der letzten drei, vier Jahre war kein Dienst am Kunden, den Fans. Vier Boxenstopps, wer soll sich da auskennen?

Und dann die Bezahlfahrer am Ende des Feldes – wir sollten die absolut besten Fahrer in der Formel 1 haben. Es gibt einige, die dorthin gehören, aber nie dorthin kommen werden. Heute kommt ein Junger mit grösstem Talent, der sich täglich im Training fast alle Knochen bricht, nicht in die Formel 1, weil er schon die 400.000 Euro für einen einzigen Testtag nicht aufbringen kann.

Hast du deinen Nachfolger Daniel Ricciardo so stark erwartet?

Er kam, stieg ein, kam auf Anhieb mit dem Auto zurecht, und es machte einfach Klick für ihn. Es hätte auch 180 Grad anders sein können, dann stünde er ganz anders da. Aber er hat in seiner neuen Rolle überzeugt und eine grossartige Leistung erbracht.

Behält Mercedes 2015 die Dominanz?

Sagen wir mal so: Wenn du ein hervorragendes Auto hast und sich an den Rahmenbedingungen nicht viel ändert, hast du die besten Voraussetzungen für nächste Saison.

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