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McLaren-Honda: Saison völlig falsch vorbereitet?

Von Mathias Brunner
Wann kommt McLaren-Honda in die Gänge? Im dritten Teil unserer Journalistenrunde geht es um Fehler bei der Vorbereitung und über Sachzwänge, an welchen Honda komplett unschuldig ist.

Im ersten Teil unserer Expertenrunde aus Luis Vasconcelos (Portugal), Tony Dodgins und Eric Silbermann (beide England) sowie Mathias Brunner hatten wir festgehalten, wieso die Erwartungen an McLaren-Honda so gross waren und die Enttäuschung jetzt noch grösser ist. Im zweiten Teil ging es um Entscheidungsstrukturen und die Rolle von Fernando Alonso. Im dritten Teil nun stellt sich die Frage: Bekommt McLaren-Honda das gebacken? Und falls ja, wie schnell?

Eric Silbermann
Es ist ganz wichtig, dass Honda nicht den Mut verliert ob all der Probleme. Honda ist wichtig für die Formel 1. Viele der jüngeren Fans werden das gar nicht mehr wissen, aber die Tradition von Honda im Sport reicht in die 60er Jahre zurück. Honda gehört zur DNA der Formel 1. Gut, sie sind gekommen und gegangen, aber das sind andere Hersteller auch. Ich weiss nicht, wie die Formel 1 auf höchster Firmenebene bei Honda gesehen wird, vor allem jetzt nicht, wo es einen Wechsel an der Spitze gegeben hat. Aber Honda muss sich im Klaren darüber sein, dass es keine Abkürzungen zum Erfolg gibt. Honda wird zahlreiche Niederlagen einstecken müssen, bevor etwas vorwärts geht. Und ich kann nur hoffen, sie haben die Geduld und das Rückgrat dazu. Denn ich glaube an die Ingenieurskunst der Japaner, daher bin ich auch überzeugt davon, dass der Erfolg kommen wird.

Tony Dodgins
Ich sehe Alonso da als Hilfe, nicht als Hindernis. Die letzten Jahre haben gezeigt – ist ein Auto sehr gut, dann ist auch Jenson Button sehr gut. Er kann auch bei Mischverhältnissen über sich hinauswachsen. Ist der Wagen aber nur Mittelmass, dann habe ich von ihm auf trockener Strecke selten überragende Rennen gesehen. Bei Alonso hingegen kannst du dir sicher sein, dass er die letzte Hundertstelsekunde aus dem Auto pressen wird. Wenn der Wagen konkurrenzfähig ist, dann wird Jenson näher an Alonso dran sein als viele Leute erwarten.

Mathias Brunner
Es läuft alles darauf hinaus, ob die Leute Geduld haben oder nicht. Von aussen, aber auch von innen. McLaren und Honda muss klar sein, dass es Zeit brauchen wird, um an die Spitze zu kommen, und den Fans muss klar sein, dass man einem Team diese Zeit auch geben muss. Die Frage wird nun sein – wie viel Zeit?

Eric Silbermann
18 Monate, mindestens.

Mathias Brunner
Ich hätte gesagt: mehr als ein Jahr.

Eric Silbermann
Ich sehe McLaren-Honda nicht vor Mitte bis Ende 2016 auf dem Siegerpodest. Dieses Jahr jedenfalls können wir schon mal abhaken. Ausser wir haben wirklich ein verrücktes Rennen. Und dieser Prozess lässt sich auch nicht beschleunigen. Es war ja davon die Rede, ob Honda ein zweites Team derzeit nicht helfen würde. Ich finde: bei Problemen, wie sie jetzt haben, wäre ein weiterer Partner nur eine Komplikation.

Luis Vasconcelos
Der Meinung bin ich nicht. Mehr Kilometer, das bedeutet immer, dass du mehr lernst. Und genau da liegt vielleicht ein Kapitalfehler von Honda. Sie hätten das Jahr 2014 dazu benützen sollen, mit einem Formel-1-Versuchsfahrzeug – und das muss noch nicht einmal ein McLaren sein – Tag und Nacht in Japan zu testen. Sie waren 2014 nicht in der Formel-1-WM vertreten, also hätte ihnen kein Reglement so etwas verboten. Das ist doch genau die Zeit, die ihnen nun fehlt. Mercedes hat dieses Projekt vor Jahren begonnen und war früher als alle anderen auf dem Prüfstand. Kein Wunder, sind sie jetzt Klassenbester. Honda hingegen hatte den ersten Motor beim Test in Abu Dhabi am Laufen, und wie sich dort gezeigt hat – das ist nicht der richtige Weg.

Mathias Brunner
Vielleicht ist das eine romantisch verklärte Ansicht, weil ich noch immer im Kopf habe, was McLaren und Honda gemeinsam gestemmt haben. Aber ich will daran glauben, dass die das gebacken bekommen. Sie brauchen einfach Zeit. Leider hast du in der Formel 1 nie Zeit.

Tony Dodgins
Das gegenwärtige Formel-1-Reglement ist auch keine Hilfe für Honda. In einer normalen Welt hätten wir auch normale Testfahrten. Statt dessen ist der GP-Sport vom einen ins andere Extrem verfallen: Vorher konnten die Teams Tausende von Testkilometern fahren, wir hatten fast mehr Testtage als Fahrtage an GP-Wochenenden. Und nun haben wir auf einmal nur noch eine beschränkte Anzahl Wintertests sowie Tests innerhalb der Saison. Toyota hat mal 300 Motor im Jahr verfeuert, nun müssen vier Antriebseinheiten eine ganze GP-Saison verkraften. Wieso konnte man da nicht nach gesundem Menschenverstand einen Weg ungefähr in der Mitte finden?

Luis Vasconcelos
Ich glaube, es ist der richtige Weg von Honda, als Partner eines Top-Teams den Erfolg zu suchen. Der Einsatz des eigenen Autos war ein Desaster. Bei McLaren ist eine komplette bewährte Struktur bereits vorhanden.

Eric Silbermann
Ich sehe keinen Mangel an Ressourcen, weder bei McLaren noch bei Honda. Ich sehe auch kein Problem an Fachwissen.

Luis Vasconcelos
Nein, was Honda auf den Kopf fällt, das ist dieses merkwürdige Reglement mit der beschränkten Weiterentwicklung. Auf absehbare Zeit sind sie erst mal hinten. Denn sie haben nicht mehr Wertmarken als die Gegner. Ich halte die Honda-Techniker für sehr klug, aber sie sind nicht klüger als die Fachkräfte bei Ferrari oder Mercedes. Unter heutigem Reglement werden sie zwar aufholen können. Aber ich sehe keine Chance, dass sie an Mercedes vorbeiziehen.

Eric Silbermann
Und da wir uns einig sind, dass über Nacht in der Formel 1 nichts passiert, wird McLaren-Honda in der WM wohl nur Neunter werden. Ich sehe ausser Manor niemanden, den sie schlagen können.

Mathias Brunner
Die Logik und das Wissen aus Australien sowie Malaysia diktieren: McLaren-Honda wird WM-Neunter. Wenn die erhofften Fortschritte kommen, sollten Sauber und Force India zu knacken sein, dann liegt WM-Rang 7 drin.

Luis Vasconcelos
Ich glaube, McLaren-Honda kann die WM weitaus besser abschliessen. Denn Force India, Sauber und Lotus haben derzeit die besseren Autos, sie haben aber auch kein Geld, um ihre Autos zu entwickeln. McLaren-Honda hingegen schon. Also wird McLaren-Honda WM-Sechster.

Eric Silbermann
Einer der Gründe, wieso wir die Formel 1 lieben, besteht darin, dass uns der Sport ab und an so überrascht. Man sollte im Grand-Prix-Sport nie nie sagen. Ich würde daher bei einem verrückten WM-Verlauf nicht mal ausschliessen, dass ein McLaren-Honda-Fahrer auf einmal auf dem Podest steht. Geht jedoch alles den normalen Lauf, wird das 2015 nicht passieren. Und McLaren-Honda wird WM-Neunter.

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