Als Murmann, Kunert, Disco im englischen Knast saßen

Von Rudi Hagen
Es war ein großes Abenteuer. Tommy Kunert und Peter Murmann wollten 1996 eigentlich auf einem 1000er-Gespann die «Ace of Aces» in England mitfahren. Am Ende landeten sie und ihr Mechaniker im Knast. Was war da los?

Die 1000er-Seitenwagenklasse, Mehrzylinder bis 180 PS, in England, Australien und Neuseeland seit Jahrzehnten erfolgreich Standard, wurde Mitte der 1990er-Jahre auch in Deutschland bekannt. Der bekannte Grasbahn-Promotor Ian Barclay und später auch Ex-Pilot Lew Coffin, brachten britische Teams für Demonstrationsläufe auf deutsche Gras- und Sandbahnen. Zu wirklichen Rennen ist es aber in der Folge aus verschiedenen Gründen in Deutschland nicht gekommen.

Es gab damals deutsche Gespann-Piloten, die sich für die 1000er interessierten. Die mehrfachen Europameister Thomas Kunert und Josef Onderka erwägten ernsthaft einen Einstieg in die spektakuläre Seitenwagenklasse und auch Peter Murmann war den Mehrzylindern nicht abgeneigt.

Ende Oktober 1996 sollte dann wieder das renommierteste englische Grasbahnrennen, die «Ace of Aces», im kleinen Dorf Middle Wallop (Stockbridge) in der Grafschaft Hampshire stattfinden. Race-Director Ian Barclay hatte dazu deutsche Teams eingeladen, an der Qualifikation zum bestbesetzten Rennen Englands teilzunehmen. Die 1000er-Gespanne sollten vom Veranstalter gestellt werden.

So fuhren Tommy Kunert und Beifahrer Marco Hundsrucker samt Mechaniker Guido «Disco» Stettner sowie Peter Murmann mit Beifahrer Jürgen Ewig in Richtung Calais, um anschließend mit der Fähre nach Dover überzusetzen. Von dort zur Rennbahn in Stockbridge waren es dann noch knapp 240 km.

Das Training mit dem zur Verfügung gestellten Gespann erwies sich jedoch für beide Teams derart enttäuschend, dass sie auf die Qualifikationsläufe am Samstag verzichteten. Die gesamte Seitenwagen-Elite der Insel war angereist und alle Teams benötigten ihr eigenes Material. Nur Terry Phillips stellte ein Speedway-Bike zur Verfügung, welches Kunert und Murmann zur Quali benutzen sollten. Das hatte aber keine Federung, dadurch schaukelte sich die Yamaha FZR auf dem rauen Kurs auf und war schlecht zu stabilisieren, wie Tommy Kunert später beteuerte.

Am Sonntag war dann eh alles vorbei, denn das Rennen wurde wegen der nächtlichen schweren Regenfälle abgesagt. Aber das dicke Ende sollte für die Deutschen erst noch kommen.

Damals rief mich Peter Murmann zuhause in Deutschland an und erzählte, sie hätten im Knast gesessen. «Warum das?», wollte ich wissen. Sie, Murmann, Kunert und «Disco», hätten in einem Pub gesessen, als sie bemerkten, dass Skinheads ihr Auto demolieren wollten. Kunert sei hingegangen und hätte gefragt, was das denn solle und schon hätte einer von denen dem Memminger eins mit dem Stuhl über den Schädel gehauen.

«Den Typen habe ich dann sofort mit einem Faustschlag niedergestreckt», so Murmann, «und habe den nächsten verfolgt. Dummerweise ist der über die Straße gerannt und von einem PKW erfasst worden. Danach kam die Polizei und ruckzuck waren wir drei im Gefängnis, Tommy, Disco und ich.»

Wie man danach schnell feststellte, waren in dem Auto die Kumpels des Verunglückten, sie begingen Fahrerflucht. Trotzdem dauerte es bin Montagnachmittag, ehe die Deutschen aufgrund der eindeutigen Beweise ihrer Unschuld wieder freigelassen wurden.

Dann aber kam der Hurrikan Lili, der zwei Briten tötete und insgesamt Sachschäden auf der Insel in Höhe von 150 Million Pfund anrichtete. Murmann: «Die Überfahrt mit der Fähre war der Horror schlechthin. Um 20.45 Uhr sind wir in Dover ausgelaufen, sind im Kanal hin- und hergekreuzt und konnten erst am nächsten Morgen gegen 6 Uhr mit einer total demolierten Fähre in Calais einlaufen. Ich hatte wirklich Angst, mit dem Kutter abzusaufen. Damals habe ich gedacht, nie mehr England.»

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