Felbermayr-Proton: Eine Frage der Ehre
Wollen auch in Silverstone jubeln: Marc Lieb, Richard Lietz und Teammanager Michel Ried
Der schwäbische Rennstall von Felbermayr-Proton möchte am kommenden Wochenende zum Einen den LMS-Titel verteidigen, zum Anderen auch ein gutes Polster für den Interkontinental Le Mans Cup (ILMC) legen. In der neuen, weltweiten ACO-Meisterschaft wird Felbermayr-Proton in dieser Saison an zwei der drei Rennen teilnehmen, neben dem Start in Silverstone wird man auch das Finale in Zhuhai mit den blauen Porsche 911 bestreiten.
Theoretisch kann die in Ummendorf bei Biberach/Riss beheimatete Mannschaft den Titel in der LMS noch verlieren. Der Elfer von Marc Lieb und Richard Lietz hat 15 Punkte Vorsprung auf den AF-Corse-Ferrari von Giancarlo Fisichella/Jean Alesi/Toni Vilander. Die können maximal noch 18 Punkte erreichen.
Dazu muss man die Motorenregel der LMS kennen und verstehen, was zugegebenermassen auch manchem langjährigen LMS-Begleiter etwas schwerfällt.
Ab dem ersten Rennen gibt es für jedes in den Punkten klassierte Team zwei Zusatzpunkte für den verwendeten Motor. Wird beim nächsten Rennen der Motor gewechselt, gibt es bei einer Platzierung in den Punkten nur noch einen Zusatzpunkt. Wird ein weiteres Mal der Motor gewechselt oder geöffnet, gibt es nichts mehr, sollte sogar ein weiterer Wechsel von Nöten sein, gibt es einen Punkt Abzug. Hätte also ein Team nach jedem bisherigen Rennen den Motor gewechselt, gäbe es in Silverstone zwei Punkte Abzug, wenn sie in den Punkten landen würden.
Der AF-Corse-Ferrari der Titelanwärter hat bislang noch keinen Motor gewechselt, sollte dies vor Silverstone nicht passieren, gäbe es also zwei Extra-Punkte. Ein 8 Stunden-Rennen + 4x 6 Stunden, dazu noch die ganzen Trainings mit einem Motor, das wäre schon eine sehr aussergewöhnliche Leistung. Wenn das Enzo Ferrari noch erleben könnte...
Doch selbst, wenn AF-Corse einen neuen bzw. revidierten Motor einbaut, würden die Chancen auf einen Titelgewinn nicht noch wesentlich schlechter werden. Denn dann würden sie im Falle eines Sieges immer noch 16 Punkte erhalten, 15 für den Sieg und dazu einen für den zweiten verwendeten Motor. Und dazu gibt es ja noch einen Punkt für die Pole-Position. Sollte den aber Felbermayr-Proton erreichen und AF-Corse den Motor gewechselt haben, dann wäre der Titelkampf bereits nach dem Qualifying entschieden. Fahren sie noch mit dem alten Motor, wird auch in dem Fall der Titel erst im Rennen entschieden, wo Lieb/Lietz dann drei Punkte bräuchten, um ganz sicher zu gehen.
Ausser dem Titel gibt es für beide am Sonntag nichts zu gewinnen. Denn auch die Vergabe der Le Mans-Startplätze ist bereits entschieden. Denn ein Team kann sich sportlich innerhalb der ACO-Serien maximal zwei Startplätze sichern. Da der zweite Rang Felbermayr-Proton in keinem Fall mehr zu nehmen ist, haben sie sich diesen Startplatz für Le Mans 2011 sicher. Eine weiteren Startplatz hatte sich das Team bereits mit dem GT2-Sieg in diesem Jahr in Le Mans verdient. Sollte also der nicht unmögliche Fall eintreten, dass Felbermayr-Proton in der LMS-Gesamtwertung die Ränge 1und 2 belegt, würde der zweite Startplatz verfallen und AF-Corse als Dritter nachrücken.
Also alles ganz einfach und für jedermann nachvollziehbar, oder etwa nicht?
Doch zum Glück bleibt der Sport noch nicht auf der Strecke: «Wir wollen den Titel verteidigen, deshalb fahren wir nach Silverstone» so Felbermayr-Proton-Teamchef Christian Ried. Es ist eben auch eine Frage der Ehre!