Die Ducati V21L für die MotoE-WM 2023 im Detail

Von Nora Lantschner
Die MotoE-WM-Piloten müssen sich noch knapp zwei Monate gedulden, ehe sie beim Jerez-Test erstmals auf die neue Ducati mit dem Codenamen V21L steigen werden. Was bisher bekannt ist.

In dieser Saison liefert erstmals Ducati die Einheitsmotorräder für die Elektro-Serie, die 2023 offiziellen WM-Status erlangt. Von der Dorna gab es zwei Vorgaben für den Hersteller: Das Bike durfte maximal 237 kg wiegen und musste die gemeinsam definierte Mindestrenndistanz (sieben Runden) schaffen.

In Borgo Panigale stand man daher anfänglich vor der Frage, ob man das Bike möglichst leicht und dafür mit etwas weniger Power oder etwas schwerer und dafür leistungsstärker bauen sollte. Die Wahl fiel auf die erste Option – und mit 225 kg blieb man mit dem Prototyp V21L schließlich 12 kg unter der Vorgabe.

Übrigens: Der Code-Name V21L steht für ein im Jahr 2021 bei Ducati entwickeltes «Vehicle». Das L ist einfach ein fortlaufender Kennbuchstabe, wie ihn jedes Projekt in Borgo Panigale erhält.

«Der größte Kompromiss, den wir bei der E-Mobilität und vor allem bei den Motorrädern finden müssen, betrifft die Reichweite und das dynamische Verhalten des Bikes», schilderte Vincenzo De Silvio, Technischer Direktor in der R&D-Abteilung der Ducati Motor Holding.

Für eine größere Reichweite wäre ein schwereres Motorrad nötig gewesen, was sich jedoch negativ auf die Dynamik des Bikes ausgewirkt hätte. «Wir versuchten also, das Motorrad so leicht wie möglich zu machen und wollten damit sehen, wie weit wir es in Sachen Leichtigkeit und Performance bringen können», erläuterte De Silvio.

In Mugello wurde mit dem insgesamt 225 kg schweren Bike bereits ein Top-Speed von 275 km/h erreicht. Rundenzeiten kommunzierte Ducati noch keine, aber Randy Krummenacher erfuhr in Italien, dass die Zeiten rund drei Sekunden unter den Weltcup-Zeiten der Saison 2022 liegen würden.

Herzstück Batterie

Das Hauptaugenmerk lag bei der Entwicklung auf der elektrischen Antriebseinheit, wofür ausschließlich mit High-Performance-Anbietern zusammengearbeitet wurde. «Dort steckten wir am meisten Energie hinein. Wir entschieden uns für den harten Weg. Denn es wäre einfach gewesen, die Standard-Komponenten zu kaufen», verriet Roberto Canè, Ducatis Emobility- und MotoE-Director.

Stattdessen arbeitete man eng mit den Zulieferern zusammen, um die Komponenten speziell für die V21L zu entwickeln und zu designen. Daher kommt auch die ungewöhnliche Form der 110 kg schweren Batterie.

Zur Herangehensweise erklärte Canè: «Die Batterie ist bekanntlich der größte und wichtigste Bestandteil eines elektrischen Bikes. Sie ist schwer und nimmt viel Volumen ein. Wir mussten sie also so designen, dass sie den Platz ausfüllt, der leer bleibt, wenn man den Tank und den Motor aus einem konventionellen Motorrad ausbaut. Wir entschieden also, eine unkonventionelle Form zu designen. Es ist keine Spülmaschine mit zwei Rädern. Es entstand eine sehr merkwürdige Form, aber wir wählten sie so, um die höchstmögliche Performance mit dem Batteriepack zu erzielen.»

Aufgrund dieser unkonventionellen Form entschied man sich – übrigens nach Austausch mit dem «Center of Excellence» für Batteriezellen von Volkswagen in Salzgitter – für zylindrische Zellen des Typs 21700 (Tesla-Standard), 1152 davon füllen eine Batterie aus.

Der Ladeanschluss fand am Heck Platz. In 45 Minuten sei die Batterie zu 80 Prozent geladen, verspricht Ducati.

Um die maximale Effizienz zu erreichen, basiert das gesamte System auf einer Spannung von 800 Volt. Elektromotor (21 kg) und Inverter (5 kg) wurden hinter dem Batteriepack platziert. «Der E-Motor ist von Ducati designt, nur die aktiven Komponenten werden von einem Zulieferer produziert, das gesamte Design und die Berechnungen wurden aber gemeinsam gemacht», unterstrich Canè.

Um das Gewicht zu optimieren, ist der Batteriepack tragender Teil des Chassis – ähnlich wie der Motor bei der Panigale V4. Der 3,7 kg schwere Monocoque-Frontrahmen aus Aluminium wird an das Kohlefaser-Gehäuse der Batterie geschraubt, die Aluschwinge (4,8 kg) wird mit dem Elektromotor verbunden, der wieder mit der Batterie verschraubt ist. Das Heckteil aus Karbon ist ebenfalls mit dem Gehäuse verbunden. Die Steifigkeit sei nicht weit entfernt von einem konventionellen Bike, schilderte De Silvio.

Auf die Frage nach Sicherheitsbedenken entgegnete Roberto Canè: «Wir fanden einen Weg, um das Innere des Batteriepacks nicht zu strapazieren und sicher zu stellen, dass die Zellen und die interne Struktur beim Fahren nicht belastet werden. Mehr Details kann ich nicht geben, sonst würde mich Claudio killen», schob Canè mit Blick auf Ducati-CEO Claudio Domenicali lachend nach.

Innovatives Kühlsystem

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist das Kühlsystem. «Eines der wichtigsten Dinge, die wir zu entwickeln hatten – um ehrlich zu sein, es war ein Albtraum», gestand Canè. «Wir entschieden uns für zwei separate Kreisläufe, zwei komplett unabhängige Wasserkühlsysteme.»

Denn der Batteriepack einerseits und die Einheit aus Elektromotor und Inverter auf der anderen Seite erzielen in unterschiedlichen Temperaturfenstern die maximale Effizienz.

Ein vorteilhafter Nebeneffekt: Dank der stärker gekühlten Batteriezellen kann das Bike nach der Session sofort wieder an die Ladestation angeschlossen werden. Ist der Ladevorgang beendet, kann der Fahrer auch gleich wieder auf die Strecke gehen.

Das im Ducati Centro Stile entwickelte Design der V21L verfolgte zwei Hauptziele: Die Kühlung zu maximieren und den Strömungswiderstand so niedrig wie möglich zu halten.

«Die Effizienz ist bei einem elektrischen Bike natürlich noch wichtiger als bei einem konventionellen Motorrad. Die Reduzierung des Luftwiderstands war der Hauptfaktor, der optimiert wurde. Das ist auch der Grund dafür, dass wir uns gegen Winglets entschieden haben», erläuterte De Silvio.

Wie in der MotoGP setzt Ducati auch für das MotoE-Bike auf Bremsen von Brembo und Federelemente von Öhlins. Die Elektronik soll mit den Systemen von anderen Rennmaschinen aus Borgo Panigale vergleichbar sein (Traction Control, Slide Control, Wheelie Control sowie Mappings für Gas und Motorbremse).

Die offiziellen Zahlen der V21L:
  • Maximale Leistung 110 kW (rund 150 PS)
  • Maximales Drehmoment 140 Nm
  • 275 km/h Top-Speed
  • 225 kg Gesamtgewicht (Gewichtsverteilung: 54% auf der Front, 46% auf dem Heck), 110 kg entfallen auf die Batterie
  • 18 kWh Batteriekapazität, in 45 Minuten zu 80 Prozent geladen

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Nachbehandlung mit dem Doktor: Japan

Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Diesmal: Suzuka, ein fast perfektes Rennen, und warum wir keinen Stress haben.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Sa.. 20.04., 16:05, Motorvision TV
    NZ Speedway Championship
  • Sa.. 20.04., 17:00, Motorvision TV
    US Pro Pulling
  • Sa.. 20.04., 17:25, Motorvision TV
    US Pro Pulling
  • Sa.. 20.04., 17:50, Motorvision TV
    Andros Trophy
  • Sa.. 20.04., 18:00, Das Erste
    Sportschau
  • Sa.. 20.04., 18:30, Das Erste
    Sportschau
  • Sa.. 20.04., 18:30, Eurosport 2
    Motorradsport: 24-Stunden-Rennen von Le Mans
  • Sa.. 20.04., 18:45, Motorvision TV
    Monster Jam Championship Series
  • Sa.. 20.04., 19:10, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Sa.. 20.04., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
» zum TV-Programm
6