MotoGP: Marquez über erste WM-Chance

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Das Aus der MotoE

Von Toni Schmidt
Die Gründe für das Ende der MotoE-WM

Die Gründe für das Ende der MotoE-WM

Als Zukunftsvision gestartet, war die MotoE ein Prestigeprojekt der Dorna. Sechs Jahre später folgt nun das Aus für die Serie. Viele Faktoren führten zu dieser Entscheidung – welche davon waren offensichtlich?

Als die Dorna im Frühjahr 2018 die neue Serie MotoE präsentierte, war der Anspruch groß. Nach dem Vorbild der Formel E wollte man mit elektrisch angetriebenen Motorrädern ein zukunftsweisendes Schaufenster für die Weltmeisterschaft schaffen. 2019 folgte die Premiere – mit Einheitsmotorrädern von Energica, etablierten GP-Teams als Einsatzstrukturen und prominenten Fahrern aus der zweiten Reihe. Doch nur sechs Jahre später steht die Serie vor dem Aus. Was ist schiefgelaufen?

Von 2019 bis 2022 war die Serie der FIM MotoE World Cup. Die Sieger trugen also keinen Weltmeistertitel, sondern nur den Titel eines Markenpokals. Erst ab 2023, mit dem Einstieg von Ducati als Alleinausrüster, sprach man offiziell von einer Weltmeisterschaft. Mattia Casadei (2023) und Hector Garzo (2024) sind die einzigen Weltmeister dieser Kategorie, wobei Casadei die Chance hat, sich seinen zweiten WM-Titel in Portimao zu sichern.

Sportlich blieb die MotoE stets ein Randprodukt. Kaum ein Pilot konnte die Serie als Sprungbrett für seine Karriere nutzen – im Gegenteil: Für viele war sie ein Abstellgleis, wenn in Moto2 oder Moto3 kein Platz mehr zu finden war. Von den 19 Piloten im Startfeld 2025 kommen 15 aus Italien oder Spanien. Internationalität? Fehlanzeige.

Die größten Hoffnungen ruhten auf der Technik. Die Ernüchterung folgte schnell: Die Energica-Bikes waren schwer, klobig und hatten eine Reichweite von kaum mehr als einer Handvoll Runden. Für echte Renndistanzen taugte das Konzept nicht.

Mit dem Einstieg von Ducati und der Entwicklung der V21L wurden die Motorräder zwar leichter und leistungsstärker, die Grundprobleme blieben: Kurze Renndistanzen, schwere Bikes und Dieselgeneratoren im Hintergrund, um den Strombedarf zu decken. Das Nachhaltigkeitsargument, mit dem die Serie einst verkauft wurde, hatte von Anfang an tiefe Risse.

Besonders belastend war von Beginn an das Thema Brandschutz. 2019 ging in Jerez das gesamte, frisch aufgebaute MotoE-Paddock nach einem Ladeunfall in Flammen auf – ein Totalschaden. Immer wieder gab es Brandvorfälle bei Ladeprozessen, weshalb bei jedem Rennen eine spezialisierte Feuerwehr aus Spanien vor Ort sein musste.

Auch die Sicherheitsdiskussion verstummte nie. Das erste Rennen auf dem Sachsenring 2019 offenbarte das Risiko: Nach einem Sturz krachte ein E-Bike mit voller Wucht in die Airfences, die beschädigt wurden. Die Unfallstatistik blieb hoch, die Verletzungsgefahr für die Piloten war größer als in anderen Serien.

Das Zuschauerinteresse blieb von Anfang an bescheiden. Schon bei der Premiere beim Deutschland-GP 2019 ignorierten viele Besucher die neue Klasse und alle paar Meter machten sich Zuschauer über die Motorgeräusche der Energica-Bikes lustig. Auch vier Jahre später war die Stimmung unverändert: Die Tribünen am Sachsenring blieben bei den MotoE-Rennen spärlich besetzt. Der Grund lag auf der Hand: Ohne Motorensound, mit kurzen Distanzen und überschaubaren Duellen fehlte das emotionale Erlebnis. Wer 2022 Cup-Sieger war, wussten nur Hardcore-Fans – Dominique Aegerter.

Die MotoE sollte auch politisch als Signal taugen: Die EU hatte 2023 die Verordnung 2019/631 angepasst, ab 2035 sollten nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden. Von einem generellen Motorrad-Verbot war zwar nie die Rede, doch Dorna und FIM wollten sich mit der MotoE frühzeitig positionieren und eine Entwicklungsplattform bieten.

Heute, 2025, zeigt sich: Die Politik ist selbst ins Wanken geraten. Verbrenner-Verbote stehen zur Diskussion, eine Verschiebung und Aufweichung wird erwartet. Motorräder bleiben länger ausgenommen. Für die MotoE fällt damit ein zentrales Verkaufsargument weg.

Die Insolvenz von Energica 2024 war ein weiterer Schlag. 2019 noch Pionier in der E-Motorrad-Szene, heute im wirtschaftlichen Niemandsland versunken. Zwar hält Ducati noch einen Vertrag bis 2026, doch die Motorräder werden im kommenden Jahr nicht mehr zum Einsatz kommen. Teams wie Gresini äußerten offen ihr Bedauern, doch der strategische Kurs ist längst ein anderer.

Mit dem Einstieg von Liberty Media als Mitgestalter der MotoGP verschiebt sich der Fokus in Richtung USA. Dort gilt «Bigger, Better, Faster». Statt Elektro-Leichtbau will man die «King of the Baggers»-Serie ab 2026 weltweit ausrollen – mit dicken V2-Tourern, die beim Publikum weitaus mehr Anklang finden sollen.

Die MotoE war eine Serie zwischen politischem Willen, technischen Grenzen und mangelnder Begeisterung. 2026 wird die MotoE nicht fortgesetzt werden. Es ist gut möglich, dass wir in ein paar Jahren mit neuen Innovationen in der Akku-Technik ein Comeback von ihr sehen werden, wenn auch der Markt und die Fans mitziehen.

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