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Stefan Pierer (KTM): «Können in Moto2 nur verlieren»

Von Günther Wiesinger
Brad Binder jubelt über Platz 2 in Thailand

Brad Binder jubelt über Platz 2 in Thailand

In Thailand brausten drei KTM (Binder, Lecuona und Martin) unter die Top-6. Brad Binder hat noch Titelchancen. Trotzdem zieht sich KTM nach der Saison aus der Moto2-Klasse zurück. Firmenchef Stefan Pierer erklärt.

KTM hat in der Moro2-WM wieder Anschluss an Kalex und Speed-up gefunden, Brad Binder hat in Spielberg und Aragón 2019 zwei famose Siege erobert. «Binder ist der klar beste Fahrer indieser Kastegorie», lobte Speed-up-Teambesitzer Luca Boscoscuro, der in Misano mit Jorge Navarro nur haarscharf am ersten Saisonsieg vorbeischrammte.

Brad Binder hat bei den letzten acht Grand Prix sechs Podestplätze errungen (dreimal Zweiter, einmal Dritter, zwei SIege). In der WM ist er Leader Alex Márquez bis auf 44 Punkte nahergeückt.

Doch diese Erfolge kommen zu spät. Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender von KTM, sprach gegenüber SPEEDWEEK.com schon beim Jerez-GP im Mai zum Thema Moto2-Klasse Klartext. «Die Situation zipft mich an.» Denn es gab bis dahin 2019 in Doha und Austin zwei Rennen, in denen keine KTM in die Top-Ten brauste. In Texas blieb KTM mit neun Fahrern in der Moto2-Klasse sogar komplett punktelos!

«In der Moto2 geht bei uns jetzt der Rauch auf, das schwöre ich», betonte der impulsive Firmenchef Stefan Pierer damals beim GP von Spanien. «Das ist jetzt ein Chef-Projekt. Wenn ich sage, ich habe einen Einheitsmotor, ich habe Einheits-Reifen und eine Einheits-ECU, und wenn ein Werk wie KTM das Motorrad trotzdem nicht hinkriegt, dann muss ich sagen – nicht genügend.»

Nachher wurden etliche neue Chassis-Versionen gebaut, aber erst gestern beim GP von Österreich schaffte Brad Binder auf der KTM 2019 den ersten Saisonsieg.

Wie es 2020 bei Red Bull und KTM in der Moto2-Klasse weitergehen soll, darüber wurde wochenlang heftig diskutiert.

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer erklärte beim Brünn-GP am 4. August, KTM beabsichtige für die Saison 2020 eine Reduktion des Moto2-WM-Aufgebots von neun auf sechs Fahrer, man werde nur noch Red Bull Ajo (Martin, Lecuona), Red Bull Tech3 und das Gaviota-Team von Jorge Martinez ausrüsten. Kiefer Racing hatte den Startplatz verloren, das American Team sollte wegen der nicht gerade vorbildlichen Zahlungsmoral nicht mehr beliefert werden. Außerdem ist das Klima mit Teambesitzer Eithan Butpul vergiftet, weil ihm Ajo-KTM den Spanier Lecuona abspenstig gemacht hat.

Beim Österreich-GP Stefan Pierer sprach am Freitag von «maximal vier Moto2-Fahrern» aus. Aber dann überstürzten sich die Ereignisse. Aki Ajo und Hervé Poncharal wurden am Freitagabend mit der Botschaft vom Rückzug überrumpelt. 

«Wir haben in den ersten zweieinhalb Jahren in der Moto2-WM schon viel Nachwuchs für die MotoGP produziert», erläutert KTM-Firmenchef Stefan Pierer. «Wir wissen gar nicht mehr, wo wir diese Fahrer unterbringen sollen. 2019 haben wir bereits Miguel Oliveira in die MotoGP geholt, er macht gute Fortschritte. 2020 folgt ihm im Tech3-Team Brad Binder nach.»

KTM und Red Bull werden 2020 das Ajo-Team in der Moto2-Klasse weiter unterstützen. «Der ehemalige Moto3-Weltmeister Jorge Martin wird im zweiten Jahr im Ajo-Team sicher weit nach vorne kommen», ist Pierer überzeugt. «Er ist ein Supertalent. Keine Frage.» Aber das Ajo-Team wird 2020 auf Kalex und mit Öhlins fahren statt mit KTM und WP.

Trotz der jüngsten Moto2-Erfolge und der «Ready to Race»-Parole kommt bei Stefan Pierer keine Wehmut auf.  «So gehört sich das, wenn man sich zurückzieht», stellt der Konzernchef fest. «Zuerst gewinnen wir, dann sagen wir ‚danke‘. Und jetzt haben wir eine große Aufgabe. Denn ich möchte eigentlich auch in der MotoGP gewinnen.»

Für die KTM-Fans- und Teams kommt der Moto2-Rückzug trotzdem überraschend, denn jahrelang wurde «The Road to MotoGP» propagiert, vom Red Bull Rookies-Cup über die Moto3, Moto2 bis in die MotoGP. Jetzt entsteht quasi eine Lücke.

«Die Moto2 war am Anfang für uns ein wichtiges Element, weil wir vom Stand weg mit Miguel Oliveira und Brad Binder im ersten Jahr 2017 Siege eingefahren haben, wir waren zweimal hintereinander Vizeweltmeister», gibt Pierer zu bedenken. «Das hat uns beim Aufbau des MotoGP-Projekts geholfen. Jetzt müssen wir in der MotoGP den letzten Schritt Richtung Podest tun, dafür brauchen wir unsere ganze Manpower. In der Moto2 können wir nur noch verlieren. Wenn wir siegen, heißt es: ‚Eh klar, das KTM-Werk gegen die kleine Firma Kalex.‘ Verlieren wir, sind wir die Idioten.»

Stefan Pierer weiter: «Wir arbeiten 2020 nur noch mit einem Moto2-Team zusammen, mit jenem von Aki Ajo. Er kann sich das beste Material suchen, er bekommt von uns die besten Fahrer, die wir unter Vertrag haben und die idealerweise aus einem unserer Moto3-Teams kommen sollten. Aki wird auch neue Sponsoren auf dem Motorrad haben. Ich schätze, er wird mit Kalex fahren. Klar.»

Und bei Ajo sollen in der Moto2-Klasse jene Fahrer Zwischenstation machen, die Red Bull-KTM über die Moto3 bis zur MotoGP aufbaut.

Moto2-Ergebnis, Buriram:

1. Marini. 2. Binder. 3. Lecuona. 4. Fernandez. 5. Márquez. 6. Martin. 7. Lüthi. 8. Bulega. 9. Chantra. 10. Bezzecchi. 11. Bastianini. 12. Gardner. 13. Locatelli. 14. Schrötter. 15. Nagashima. 16. Aegerter. 17. Navarro. 18. Di Giannantonio. 19. Dixon. 20. Bendsneyder. 21. Raffin. 22. Öttl. 23. Norrodin. 24. Ekky Pratama. 25. Baldassarri.

Moto2-WM-Stand nach 15 von 19 Rennen:

1. Alex Márquez, 224 Punke. 2. Fernandez 184. 3. Binder 180. 4. Lüthi 178. 5. Navarro 175. 6. Marini 151. 7. Baldassarri 138. 8. Schrötter 118. 9. Di Giannantonio 94. 10. Bastianini 86. Ferner: 23. Aegerter 12. 28. Tulovic 3. 30. Raffin 3.

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