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Jonas Folger: «Habe aus Fehlern gelernt»

Von Günther Wiesinger
Jonas Folger war vor zwei Jahren auf dem Tiefpunkt. Er mühte sich in der Moto3-WM mit dem hoffnunglosen Emir-Geschwür ab. Jetzt blüht der Kalex-Pilot im AGR-Moto2-Team wieder auf.

Jonas Folger ist auf gutem Weg, erfolgreichster deutscher Rookie in der Geschichte der Moto2-WM zu werden. Eine Pole-Position beim fünften Rennen, bereits Platz 8 in der WM-Tabelle, Platz 3 in Jerez und Platz 6 in Le Mans – das hat bisher kein Landsmann von ihm in der ersten Moto2-Saison geschafft.

Zu Erinnerung: Stefan Bradl gewann zwar in seiner ersten Moto2-Saison 2010 den Portugal-GP, aber er wurde nur WM-Neunter – und schaffte in der Debütsaison keine Trainingsbestzeit. Und Sandro Cortese schaffte 2010 nur einen Top-Ten-Rang.

Folger hat schwere Zeiten hinter sich. 2011 wurde er von Red Bull-Aprilia-Teamchef Aki Ajo vorübergehend mit der Wegnahme der RSA-Werksmaschine bestraft (die bekam für fünf Rennen Teamkollege Danny Kent), weil er vor dem Brünn-GP in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag den Zapfenstreich überzogen hatte, sich am Donnerstag hundsmies fühlte – und deshalb für Freitag und das restliche GP-Wochenende von Dr. Costa Startverbot bekam.

Für den hochtalentierten Folger begann danach eine Odysee, die so manch anderem begabten Rennfahrer das Genick gebrochen hätte. Es platzte der MZ-Vertrag kurz vor Beginn der Saison 2012, der Bayer wurde vom Iodaracing-Team gnadenhalber aufgenommen, doch die Moto3-Emir-Eigenbaumaschine entpuppte sich als Schnecke – und obendrein ging pausenlos Motor, Getriebe oder Kupplung kaputt.

Folger kämpfte trotzdem unermüdlich, er sorgte immer wieder für kleine Highlights – und stach dem spanischen Mapfre-Moto3-Teambesitzer Jorge Martinez ins Auge, der ihn ab dem Indy-GP im August 2012 auf eine Kalex-KTM setzte, weil ihn seine Spanier Moncayo und Faubel enttäuschten.

Folger bedankte sich mit einer Reihe von Podestplätzen – und einem furiosen Sieg im Regen von Brünn.

Der Transfer ins kleine AGR-Team

Letztes Jahr liess Folger sein Können bei Mapfre-Aspar noch mehrmals aufblitzen, aber er wollte in die Moto2. Bei Mapfre waren durch die Moto2-GP-Sieger Terol und Torres die Türen versperrt.

Folger wurde von seinem Manager Cristian Llavero ins bescheidene, spanische AGR-Team transferiert, das wenig GP-Erfahrung hat, aber wo der Bayer ein familiäres Umfeld fand und mit dem Spanier Fausto Bencivenni auch einen verständnisvollen und kompetenten Crew-Chief.

Jonas Folger geniesst jetzt wieder viel Respekt in der Szene.
Denn er hat sich durchgebissen, nie den Kopf hängen lassen, aus Fehlern gelernt und eingesehen, dass auf WM-Ebene selbst das grösste Talent alleine nicht ausreicht, wenn man konstant Erfolg haben will. Aus dem schlampigen Genie ist ein Könner geworden, für den sich bald einige Türen öffenen werden.

Bei Ajo wurde 2011 noch bemängelt, Jonas sei im Trockenen nicht schnell genug. Diesen Ruf ist Jonas inzwischen losgeworden, er hat ihn jahrelang genervt.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Gegner auch in der Moto2 gegen ihn chancenlos sein werden, sobald Regenreifen aufgezogen werden müssen.

Zu Viñales und Salom aufgerückt

Nach vier, fünf Rennen ist Folger in der Moto2-WM den spanischen Rookies Maverick Viñales und Luis Salom (2013 in der Moto2-WM auf den Rängen 1 und 3) dicht auf den Fersen. Bei den Wintertests sah das noch anders aus.

Da waren Viñales und Salom anfangs deutlich schneller. Folger brauchte deutlich mehr Zeit, um sich mit der 128 PS starken 600-ccm-Maschine anzufreunden.

«Natürlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht, warum die beiden von Anfang an so schnell waren», schildert Folger. «Ich habe aber gewusst, dass sie nicht nur mit der Kalex viel getestet haben, sondern auch mit ihren 600er-Supersportmaschinen. Daher war mir klar, dass sie einen kleinen Vorteil haben. Ich glaube aber, dass wir diesen Vorteil mittlerweile schon wieder eingeholt haben.»

Aber auch die ersten Rennen sprachen noch klar für Viñales und Salom. Maverick siegte gleich beim zweiten Moto2-Rennen in Texas, Folger stürzte am Renntag im Warm-up und im Rennen. In Las Termas folgte ein weiterer Nuller – nur Rang 16. Aber es gab einen Lichtblick: Bestzeit im ersten freien Freitag-Training!

«Es hat von uns keiner im Team im ersten Jahr eine Pole-Position erwartet. Es hat auch keiner im ersten Jahr ein Podium erwartet», versichert Jonas im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Aber ich habe mich noch nie so wohl gefühlt in einem Team mit meinem Moped. Und auch bei mir selber sieht alles gut aus. Ich habe super viel Spass beim Fahren und bin eigentlich super relaxt. Ich bin nicht mehr so verkrampft wie früher. Die Zeit in Spanien, in bin im Juli 2013 übersiedelt, ist auch super für mich, weil ich mehr trainieren kann.»

Deutschlands grösstes Talent seit 20 Jahren

Jonas Folger galt immer als grösstes deutsches Motorrad-Talent der letzten 20 oder 30 Jahre, er stellte die vier Jahre älteren Landsleute Bradl und Cortese in der 125er-WM schon 2009 manchmal ordentlich in den Schatten. Zum Beispiel mit Platz 2 im Regen-GP von Le Mans, seinem erst vierten Grand Prix als Stammfahrer – mit 16 Jahren!

Folger war den Altersgenossen immer schon einen Schritt voraus. Er fuhr mit 12 und 13 Jahren in der Spanischen 125-ccm-Meisterschaft  Podestplätze heraus, er gewann mit 13 seinen ersten IDM-Lauf (125 ccm) in Salzburg, mit 15 vertrat er Randy Krummenacher bei zwei Rennen (Indy und Motegi) als KTM-Werksfahrer in der 125er-WM.

Aber manchmal übermannte ihn der jugendliche Leichtsinn.

Eine langwierige Chlamydien-Infektion im Frühjahr 2011, dann die Eskapade von Brünn, unzureichende Kondition: Fans, Sponsoren und Teamchefs mussten manchmal viel Geduld haben mit dem Bayern, der sein Riesentalent zu vergeuden schien – und manchmal auch schlecht beraten war.

«Ich habe natürlich ein gewisses Talent», ist sich Jonas bewusst. «Aber ich muss schon sagen, wenn ich jetzt zurückschaue und überlege, was ich dafür getan habe, es war einfach zu wenig. Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich begriffen habe, bis es von mir selber ausgegangen ist, dass ich gesagt habe: Jetzt muss ich wirklich etwas ändern. Nach der Devise: 'Jetzt oder nie'. Das war zu dem Zeitpunkt, wo ich am Tiefpunkt meiner Karriere war.»

Über den Zeitpunkt des Tiefpunkts stellen wir im Gespräch mit Jonas rasch ein Einverständnis her: Brünn 2011, Startverbot, dann die Sanktionen beim Ajo-Team, Verlust des Platzes in diesem renommierten Rennstall, in dem dann ausgerechnet sein Nachfolger Sandro Cortese 2012 Moto3-Weltmeister wurde.

Jonas Folger hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich für den besseren Rennfahrer hält.

«Aber ich habe das ganze Thema Tiefpunkt mittlerweile abgehakt», sagt er Moto2-WM-Achte. «Ich denke nimmer dran, weil ich aus den ganzen Fehlern gelernt habe. In gewisser Weise haben mir diese Fehler weitergeholfen, weil ich daraus die Konsequenzen gezogen habe. Ich fühle mich jetzt wirklich stark und war in meiner ganzen Karriere noch nie so glücklich wie jetzt.»

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