Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Philipp Öttl: «Ich bin sehr abergläubisch»

Von Günther Wiesinger
Der 17-jährige Philipp Öttl trägt 2014 die deutschen Hoffnungen in der Moto3-WM. Er hat in seinem Debütjahr gezeigt, dass er keine Scheu vor grossen Namen hat.

Philipp Öttl (17) aus dem Schweizer Interwetten-Paddock-Team von Dani Epp hat sich in der zweiten Saisonhälfte der Moto3-WM stark gesteigert, bei den letzten sechs Rennen 33 Punkte erobert und damit alle Erwartungen übertroffen.

Der bayerische Kalex-KTM-Pilot hat sich nach dem Aufstieg aus dem Red Bull Rookies-Cup und der Spanischen Meisterschaft (er schloss beide Rennserien 2012 als Gesamtvierter ab) zuerst mit dem raueren Klima der Weltmeisterschaft anfreunden und sein Training anpassen müssen, auch im mentalen Bereich.

«Durch meinen Training Franz Dietzinger habe ich bei der konditionellen und mentalen Vorbereitung eine sichere Bank, auf die verlasse ich mich», betont Öttl. «Er war Spitzenbiathlet und hat sehr viel Ahnung. Wenn ich seinen Rat befolge, kann ich auf diesen Gebieten nichts falsch machen.»

Philipp, du warst im November 2012 bei deinem GP-Debüt als Wildcard-Fahrer im Regen in Valencia gleich Elfter. Aber dann hast du bei den ersten elf Rennen 2013 nur einen Punkt geholt. Hast du dich in der WM anfangs von den grossen Namen beeindrucken lassen?

Inzwischen ist es so, dass ich mir nichts mehr dabei denke, wenn ich einen Fahrer wie Salom überhole. Er fährt ja nicht direkt schneller in diesem Augenblick. Wenn er langsamer fährt, warum soll ich hinter ihm bleiben? Also überhole ich ihn halt...

Und wenn man solche Asse mehrmals überholt, wächst das Selbstvertrauen? Nach deinem neunten Platz in Misano ging es ja mit den Top-Ten-Plätzen ziemlich los... Dann kommst du auf ein anderes Level?

Ja.

Du hast auch eine erstklassige Technikcrew, denn deine Kalex war nicht nur zuverlässig, sondern du hast bei acht von 17 WM-Läufen den besten Top-Speed gehabt.

Ja, das Motorrad ist immer gut gelaufen. Wir haben kaum technische Probleme gehabt, ausser beim Phillip-Island-GP, als vor dem Start die Zündspule kaputt ging. Da haben wir ein bisschen Pech gehabt.
Der Vorteil bei einem technischen Defekt: Man muss sich als Fahrer keine Vorwürfe machen...

Du warst am Schluss der zweitbeste Kalex-KTM-Pilot hinter Jonas Folger. Er hat sich manchmal beschwert, dass er mit dem Kunden-Motorrad gegenüber gegen den Werks-KTM einen schweren Stand habe. Wie siehst du das?

Ich habe nicht das Gefühl, dass wir Nachteile gehabt hätten. Mir ist nur aufgefallen, dass ich hinter den KTM keinen guten Windschatten hatte. Da hat es mich nicht so hingezogen... Das lag daran, dass das KTM-Heck keinen Windschatten geboten hat. Kalex hat jetzt für 2014 ein ähnliches Heck gebaut.
Die Werks-KTM gehen halt gut. Aber mein Motorradl ist auch gut gegangen. Ich habe in Aragón lange gegen die Spitzenfahrer von KTM gekämpft und eigentlich keinen richtigen Nachteil gespürt. Sicher, ich habe mich brutal angestrengt, um da mithalten zu können. Aber Salom, Rins und Viñales werden auch alles gegeben haben, um da vorne mitfahren zu können.

Du bist in der IDM und CEV drei oder vier Jahre lang im HP-Team deines Vaters Peter gefahren. 2013 bist du ins Schweizer Interwetten-Team gekommen. War es anfangs schwierig, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden?

Am Anfang war schon noch alles ungewohnt. Aber wir haben ja unsere eigenen Techniker mitgebracht, ausserdem habe ich mit der Zeit immer mehr Vertrauen aufgebaut. Ich habe abgetastet, wie weit ich bei den verschiedenen Personen gehen kann...
Das war auch bei Tom Lüthi so. In der ersten Saisonhälfte habe ich ihn so gut wie nichts gefragt. Da wollte ich ihn auch nicht stören, denn er hat nach seiner Ellbogenverletzung mit sich selber zu kämpfen gehabt.
Das Vertrauen zwischen uns ist immer stärker geworden.

In welchem Bereich kann dir Tom helfen, wo dir zum Beispiel Papa Peter nicht helfen kann?

Ich habe ihn zum Beispiel einmal gefragt, wie ich im Qualifying schneller werden kann. Da hat mir seine Antwort schon ein bisschen geholfen. Er hat gesagt, ich soll dort mehr riskieren, wo Auslaufzonen sind, dort können ich mehr probieren, weil im Endeffekt eh nichts passieren kann.
Es sind so grundlegende Sachen. Zum Teil sind es auch lustige Bereiche, zum Beispiel, wie er zum Aberglauben steht...

Und wie sieht es da bei dir aus?

Ich bin sehr abergläubisch. Ich habe immer denselben Unteranzug an. Ich stecke immer zuerst den linken Ohrenstöpsel rein, dann den rechten. Dann linker Handschuh, rechter Handschuh, dann linken Stiefel anziehen, rechten Stiefel anziehen, linken Stiefel zumachen, rechten Stiefel zumachen. Knieschoner zuerst links, dann rechts.
Und ich steige immer von der linken Seite aufs Motorrad.

Was würde passieren, wenn du mal etwas verdrehst?

Dann müsste ich komplett neu von vorn anfangen.

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