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Stefan Bradl (Aprilia): «Top-Ten wären Überraschung»

Von Günther Wiesinger
Im Qualifying: Nicky Hayden vor Stefan Bradl

Im Qualifying: Nicky Hayden vor Stefan Bradl

Stefan Bradls Strategie im Qualifying 2 von Australien ging nicht auf. Er wollte eine Topzeit fahren, dann sollte der Regen kommen. Es blieb trocken, Startplatz 8 kann sich trotzdem sehen lassen.

Nach dem direkten Vormarsch von Stefan Bradl ins Qualifying 2 beim MotoGP-Event auf Phillip Island musste man realistisch mit einem zwölften Startplatz rechnen.

Denn wen sollte der Aprilia-Werkspilot besiegen? Die Ducati-Asse Dovizioso und Barbera? Jorge Lorenzo?

Doch am Schluss eroberte der 26-jährige Bayer in einer vorbildlichen Q2-Vorstellung den achten Startplatz.

Eigentlich hatte Stefan Bradl sogar mit einem echten Coup spekuliert. Seine Bestzeit und sein erster Platz in der Anfangsphase kamen nämlich nicht von ungefähr.

Stefan, an der Aprilia-Box waren ein paar verdutzte Gesichter zu sehen, als du nach der ersten Q2-Runde plötzlich auf Platz 1 warst.

Ja, ich habe einen besonderen Plan gehabt. Ich bin im Q2 gleich als Erster rausgefahren, weil wieder ein starker Regenschauer angekündigt war. Ich war der Erste, der überhaupt eine gezeitete Runde gehabt hat.
Die Wunschvorstellung von mir wäre gewesen, dass dann der Regen einsetzt und ich vorne bleibe. Ich war völlig überrascht, wie Marc Márquez zu Beginn des Q2 aus der Box rausfuhr und in derselben Runde wieder reinfuhr. Er ließ die Intermediates sofort gegen Slicks tauschen und ist als einziger Fahrer beide Runs mit Slicks gefahren. Er ging sofort auf Slicks.
Ich dachte mir: «Spinnt der jetzt komplett? Da hinten sieht er die schwarze Wolke, es regnet gleich!»
Deshalb habe ich mir gedacht, es passt, wenn ich eine gezeitete Runde mit Intermediates hinkriege, bevor der Regen kommt, dann bin ich sicher vorne mit dabei.
Aber es hat nicht zu regnen angefangen, deshalb ist die Taktik von Márquez wieder voll aufgegangen. Aber die Wolke war sehr, sehr nahe über der Rennstrecke. Wenn die nur ein bisschen Regen rausgelassen hätte, hätte das Q2 ganz anders ausgesehen.

Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano ist nicht in Australien. Hat er dich angerufen?

Er hat mir ein SMS geschrieben. «Good job. Bravo.»
Es ist ja noch nichts gewonnen. Das Rennen ist erst morgen. Die Vorbereitungen für den Sonntag waren nicht unbedingt optimal. Im Prinzip hat keiner ein Set-up fürs Rennen. Dazu kommt, dass wir als einziges Werk mit diesem Motorrad noch nie hier waren, wir haben am Australien-Test im Februar nicht teilgenommen. Und mit Michelin auch noch nie.
Es ist die Frage, ob die Reifen das 22-Runden-Rennen überhaupt durchhalten. Niemand kann abschätzen, ob der weiche Hinterreifen diese Distanz übersteht.
Mein Intermediate-Hinterreifen hat nach fünf Runden Fetzen verloren. Gut, das ist zwar etwas ganz anderes als der Slick. Aber die Lebensdauer der Reifen ist hier seit 2013 immer ein Thema, seit es den neuen Asphalt gibt.

Wie viele Runden bist du an den zwei Trainingstagen auf komplett trockener Fahrbahn gefahren? Oder mit Slicks?

Mit Slicks genau die drei Runden im zweiten Q2-Run. Sonst bin ich nie mit Slicks rausgefahren. Nur mit Intermediates heute Vormittag im FP3 für drei, vier Runden.
Bautista ist bisher null Runden mit Slicks gefahren. Das gilt für alle, die im Q1 stecken geblieben sind. Jetzt ist die Frage, wie das Wetter im Warm-up sein wird, das bei uns von 20 auf 30 Minuten ausgedehnt wurde.
Wenn es im Warm-up feucht sein sollte und im Rennen trocken, geht man auf gut Glück ins Rennen.

Was ist dein bevorzugtes Szenario für den Sonntag? Welches Wetter wünscht du dir?

Ich wünsche mir auf alle Fälle einen trockenen Sonntag. Ein konstantes Wetter wird es sowieso hier nicht geben. Wenn es nass ist, wird es vermutlich nicht den ganzen Tag konstant durchregnen. Dann sind die Bedingungen jede Runde anders. Auf dieser Strecke im Nassen zu fahren, das wünscht sich keiner. Das ist sowieso hundsgefährlich.

Aber Platz 8 im Rennen, das wird eine Illusion bleiben? Denn es sind zwei Werks-Ducati hinter dir und zwei Werks-Yamaha.

Freilich. Die Top-Ten wären natürlich schon eine Überraschung, wenn ich das irgendwie ins Ziel bringen könnte. Aber es sind an diesem Wochenende schon so viele kuriose Sachen passiert. Vielleicht passiert im Rennen wieder etwas. Vielleicht stellt sich nach dem Warm-up wieder heraus, dass die Reifen keine Renndistanz durchhalten, dann könnte es wieder ein flag-to-flag-Race mit Pflichtstopp zum Reifenwechseln geben.
Weiß der Teufel, was da noch alles passieren kann. Deshalb in ich jetzt relativ relaxt.

Aber es ist eine Genugtuung für dich, dass du dich jetzt mit respektablen Leistungen aus der MotoGP-WM veranschiedest?

Ja, ich bin jetzt nicht langsam unterwegs gewesen. Ich habe natürlich auch das ganze Wochenende bei allen beliebigen Bedingungen mein Bestes gegeben. Das hat man in der Früh am Samstag auch im FP3 gesehen, wo ich Siebter werden konnte.
Der Moment muss natürlich auch passen. Wir sind an den Top-Ten dran. Natürlich haben wir bei den letzten Rennen immer von Ausfällen profitiert. Aber das geht den andern genau  so. Für uns ist jeder Top-Ten-Platz Gold wert. Das ist ein gutes Ergebnis.
Das Motorrad hat sich leicht verbessert. Dass dann die Motivation und die Risikofreudigkeit steigen, ist logisch. Dieses Wochenende ist gut bis jetzt. Aber im Rennen kann noch viel passieren.

Aprilia hat seit Silverstone und Misano Fortschritte erzielt. In welchen Bereichen?

Es liegt ein bisschen an der Elektronik. Wir haben die Handgriffe, die wir für Änderungen brauchen, jetzt schneller parat. Dadurch verlieren wir nicht so viel Zeit mit irgendwelchem Rumgeeiere, wo mir Basic-Settings für die Traction Control machen müssen. Das Elektronik-Set up ist besser geworden, das hilft uns am Freitag. Die einzelnen Handgriffe funktionieren auch besser. Seit Misano haben wir das neue Chassis, das funktioniert auch gut.

Bautista liegt jetzt zehn Startplätze hinter dir. Erwischt er dich im Rennen?

(Er lacht). Abschreiben darf ich ihn nicht. Es kann ja passieren, dass er ein guten Run hat und ich ein Problem. Mit dieser Frage befasse ich mich jetzt gar nicht.
Wir wissen, dass er kein schlechter Fahrer ist. Er ist wieder erstarkt, nachdem ich ins Aprilia-Team gekommen bin. Er ist kein schlechter Teamkollege. Er hat eine Rennperformance, die sich absolut sehen lassen kann, nicht nur im Vergleich zu mir, auch im Vergleich zu anderen Kandidaten wie Dovizioso, Barbera oder Petrucci.
Wir werden sehen. Im Rennen geht alles wieder von vorne los.

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