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Stefan Bradl: «Ich bin 2014 mental zerbrochen»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl sagt, er sei in den ersten MotoGP-Jahren zu gutgläubig gewesen und habe sich durch den Druck von Honda zu sehr aus dem Konzept bringen lassen.

Stefan Bradl steigt nach elf Jahren aus der GP-Szene aus, er hat beim Honda World Superbike Team einen Vertrag für zwei Jahre unterschrieben, sein Teamgefährte wird Nicky Hayden sein, im Januar wird erstmals die neue Honda CBR 1000 RR SP2 Fireblade getestet. Sie soll 15 Prozent leichter sein als das fünf Jahre alte Vorgängermodell und von Anfang an 10 bis 12 PS mehr leisten.

Im Interview mit SPEDWEEK.com blickt Stefan Bradl (27) zurück. «Ich bin an dem Druck von Honda 2014 mental zerbrochen.»

Stefan, du bis Ende 2011 als Moto2-Weltmeister in die MotoGP-WM gekommen. Du hast damals vor Selbstvertrauen gestrotzt und warst überzeugt, innerhalb von zwei Jahren auch die MotoGP-WM gewinnen zu können. Richtig?

(Er schmunzelt). Ja, das habe ich zu dir einmal gesagt... Aber das war natürlich... Damals war ich 22, als ich das gesagt habe.
Die Interessen ändern sich von Jahr zu Jahr, du wirst älter.
Der MotoGP-Einstieg kam damals zur richtigen Zeit, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich denke schon, dass ich für die MotoGP-Klasse bereit war, auch wenn ich noch sehr jung war. Es war auch eine andere Zeit in der MotoGP. Die Situation hat sich seither jedes Jahr verändert. Du musst aus jeder Saison deine Lehren ziehen und das Beste daraus machen.
Wenn ich jetzt auf die fünf Jahre MotoGP-WM zurückblicke, täte ich im Nachhinein vielleicht ein paar Sachen anders machen.

Zum Beispiel?

Ja, was weiß ich... Noch mehr trainieren, noch härter trainieren. Ich bin jetzt 27. Man kann die Situation von 2016 nicht mit 2012 vergleichen.
Wie gesagt: Ich war noch ein Bua, als ich mit 22 in die MotoGP eingestiegen bin.
Ich war damals auch gutgläubiger als heute, weil ich seither einige Sachen durchgemacht habe.
Ich habe damals bei LCR-Honda einen super Sport durch Teamchef Lucio Cecchinello gehabt. Es war alles sehr gut organisiert. ich war bei LCR perfekt aufgehoben.
Aber es ist dann 2013 schon im zweiten Jahr losgegangen, mit Druck, mit HRC-Vertrag oder kein HRC-Vertrag, ich habe ihn dann nach dem zweiten Platz in Laguna Seca bekommen, eine Woche vorher beim GP von Deutschland sah es noch anders aus.

Weil HRC überlegt hat, an deiner Stelle Cal Crutchlow für LCR zu engagieren, der ging aber dann für 2014 zu Ducati.

Ja, es wurde 2013 schon ab Mai diskutiert, ob der Vertrag mit Bradl verlängert wird. Ich habe mich damals stark unter Druck setzen lasen.
Heute würde mir das nicht mehr passieren. Inzwischen habe ich da eine dickere Haut. Ich würde mich durch diese Diskussionen nicht mehr so stark aus der Ruhe bringen lassen. Diese Debatten haben vielleicht gewisse Auswirkungen auf meine Leistungen gehabt, die ich dann auf der Strecke gebracht habe.

Wann hast du den Druck am meisten gespürt? In Sachsen hattest du damals am Freitag Bestzeit, du warst damals im Rennen 2013 an dritter Stelle. Aber du bist auf Platz 4 zurückgefallen, weil du unbedingt Punkte gebrauchst hast?

In Laguna Seca bin ich dann eine Woche später extrem in dieser Situation drin gestreckt. Das ganze LCR-Team wollte mit mir weiter machen, aber alle machten sich Sorgen, ob Honda statt mir den Crutchlow holen würde. Lucios Sponsoren wollten unbedingt mit mir weitermachen....
Gleichzeitig wollte ich unbedingt den HRC-Vertrag für 2014, weil er damals den Weg ins Repsol-Honda für 2015 bedeuten hätte können.
Zumindest wollte ich bei LCR den HRC-Werkssupport für 2014.
Durch den Podiumsplatz in Laguna habe ich dann mit Ach und Krach den HRC-Vertrag für 2014 gekriegt.
Und dann war halt 2014 das Jahr, vor dem die Japaner zu mir ganz deutlich gesagt haben: «Jetzt musst du Ergebnisse zeigen. Und wenn dir das nicht gelingt, dann ist die HRC-Geschichte vorbei.»
Von diesem Tag an haben sie nur noch Podestplätze von mir erwartet.

Es war deine dritte MotoGP-Saison, die Schonfrist von Honda war vorbei?

Ja. Die MotoGP-Saison 2015 ging dann mit dem Sturz in Katar los, ich lag acht Runden lang in Führung... Dann habe ich als Vierter in Texas knapp das Podium verpasst, das war natürlich für das Team und HRC auch schon eine Enttäuschung. Diese Situation hat mich dann natürlich ein bisschen ins Zweifeln gebracht.
Ich habe zwar körperlich und vom Fahrerischen her 2014 die beste Saison abgeliefert, aber ich dann vom Kopf her mental an dieser Situation mehr oder weniger zerbrochen.

Deine Zweifel und das mangelnde Selbstvertrauen waren dann auf der Strecke deutlich zu spüren. Du bist 2014 in Assen in der Besichtigungsrunde gestürzt. In Aragón hast du die Plätze 2 und 3 knapp gegen Aleix Espargaró und Crutchlow verpasst. Du hast damals erklärt: «Ich hätte im Regen schneller fahren können als die beiden. Aber ich dachte, wenn einer von uns stürzt, bin es wieder ich...»

Ja, in diesem flag-to-flag-Rennen bin ich nur Vierter geworden.
Es war damals auch wichtig, Punkte zu holen. Aber der Zug bei Honda war ohnedies schon abgefahren.

Du hast dann 2015 bei Forward und Aprilia eine sehr durchwachsene Saison erlebt. 2016 hat man zeitweise wieder recht starke Auftritte von dir gesehen. Du hast in Australien einen siebten Startplatz geschafft, du hast sechs Top-Ten-Plätze erkämpft. Aber in den Rennen war dein Teamkollege Bautista stärker als du.

Ja, nach dem Jahr 2015 war es mir in der abgelaufenen Saison schon wichtig, dass ich konstant Punkte sammle. Trotzdem habe ich fünf Nuller erreicht und deshalb 19 Punkte auf Bautista eingebüsst.
Mein primäres Ziel war 2016, genug Zielankünfte zu holen, denn wir brauchten ja auch Daten für die neue Aprilia, die verspätet fertig wurde.
Ich wusste von vornherein, dass ich mit diesem Moped nicht in der Lage sein würde, zu attackieren, schon gar nicht in den ersten zwei Saisondritteln.

(Wird fortgesetzt)

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