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Jorge Lorenzo: Spekulationen übler als die Wahrheit

Von Michael Scott
Etwas fehlt bei den letzten paar MotoGP-Events der Saison 2018: Jorge Lorenzos Ducati, die vielleicht den thailändischen als auch den japanischen Grand Prix gewonnen hätte, falls – ähm – Dinge nicht vorgefallen wären.

Tatsächlich hat auch etwas anderes gefehlt. Eine Erklärung von Ducati dazu, was genau der Grund für den Sturz des Spaniers gewesen ist, als er gen Himmel abgehoben hat. Es war ein spektakulärer Abflug am Freitagnachmittag in Buriram, als er sich das linke Handgelenk gebrochen und der Sturz seinem frisch gebrochenen rechten Fuß auch nicht wirklich gut getan hat.

Eine irgendwie irregeleitete medizinische Untersuchung hat es dann nicht hinbekommen, das Ausmaß des Bruchs seines linken Handgelenks zu erkennen. Statt dass er sofort nach Spanien nach Hause geflogen wäre, um sich einer Operation zu unterziehen, wie Jorge Martin es getan hat, als er in Brünn gestürzt war, eine Woche später wieder auf dem Motorrad saß und in Österreich um den Sieg kämpfte, überließ Lorenzo sein Glück dem Zufall. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Wir sprechen hier über denselben Mann, der sich über Nacht ein gebrochenes Schlüsselbein zusammenschrauben ließ und am nächsten Tag in Assen am Rennen teilnahm. Dass es dumm war, in Buriram nicht sofort gehandelt zu haben, merkt er jetzt selbst.

Aber wir müssen daran denken, dass er hier das Opfer ist, nicht der Täter. Und da steckt eine Art Mysterium dahinter.

Irgendetwas muss der Grund dafür gewesen sein, dass die Drehzahl seines Desmosedici-Motors so schnell gesunken ist und so diesen schrecklichen Unfall verursacht hat. Aber während Ducati zugab, dass es ein «technischer» Fehler war, haben sie sich nicht zu weiteren Details geäußert.

Das führt zu einem Resultat: Wilde Spekulation. Und das ist wahrscheinlich viel schlimmer als die Wahrheit. Sie sollten uns lieber erzählen, was Sache ist, ehe wir das Schlimmste befürchten.

Es gab einmal eine Zeit, in der man «technische» Probleme leichter lösen konnte. Du konntest sehen, wenn ein Zweitakter den Geist aufgab, und man konnte den Hinterreifen zwitschern hören. Das ist immer weniger passiert, als die Motorräder besser wurden. Zu Beginn bekam eine der führenden Rauchmaschinen (Suzuki, tatsächlich) den verhängnisvollen Spitznamen «Flüsternder Tod».

Am Schluss ließen alle Fahrer die Hand über dem Kupplungshebel hängen – nur für den Fall.

Viertakter geben normalerweise nicht auf diese Art und Weise den Geist auf, also war das wohl nicht das Problem. Das Material der Onboard-Kamera zeigte, dass zwar der Motor definitiv aufhörte zu laufen, aber nicht vom einen Moment auf den anderen.

Wenn Viertaktmotoren kaputtgehen, sieht man Rauchschwaden aufziehen und hie und da fängt ein wenig Öl an zu brennen, während Getriebeschäden so katastrophal abrupt passieren, dass sie eindeutig sind. Die Kette kann auch nicht schuld sein, da sie nicht gerissen ist und sich folglich nicht um die Nabe gewickelt hat.

Vielleicht hat die Rutschkupplung nicht so funktioniert wie sie sollte, obwohl diese nicht alleine dafür verantwortlich sein kann, dass jemand die Bodenhaftung mit dem Hinterreifen verliert. Außer es wurde mit einem unaufgeforderten Motorschaden nachgeholfen.

Das führt uns in den Bereich von verschiedenen schwierig zu verstehenden Elektronik-Problemen. Motorbremssysteme messen solche Parameter in Gasöffnung, Verlangsamung und relativen Reifengeschwindigkeiten. Und sie liefern einen kleinen Gasstoß, den die Ingenieure «umgekehrtes Drehmoment» nennen. Das funktioniert in Zusammenhang mit Rutschkupplungen, um den Widerstand am Hinterreifen zu reduzieren.

Seltene Fehler von Mechanikern

Eine andere Art von Versagen ist nicht unmöglich – beispielsweise ein Fehler eines Mechanikers, der vielleicht dazu führte, dass man die Hinterradbremse nicht mehr loslassen konnte.

Fehler von Mechanikern sind selten, aber nicht unbekannt. Es gab einige bekannte Fälle... wie damals, als Dani Pedrosa auf seiner zweiten Runde in Motegi 2010 das Gas «hängen blieb» und er sich dabei das Schulterblatt zerstörte und damit die Hoffnung zunichte gemacht wurde, dass er Lorenzo schlagen und so seinen einzigen realistischen Weltmeistertitel holen könnte. Ein anonymer Mechaniker war schuld, weil er ein Putztuch im Motor liegengelassen hatte.

Fehler betreffen oft die Bremsen. Barry Sheenes Vater Franko wurde einmal nach einem solchen Missgeschick aus den Suzuki-Boxen rausgeekelt. Kenny Roberts Scheibenbremsbeläge wurden 1981 in Assen falsch herum eingelegt: Blankes Metall gegen die Beläge. In diesem Jahr verlor er den Titel.

Meine Lieblingsgeschichte erzählt von Eddie Lawson, nachdem ein Mechaniker die Sicherungsklemmen auf seinen Vorderbremsen drauf ließ und er sich den Fuß brach, als er in Laguna Seca in die Wand fuhr. Danach erzählte er mir: «Ich will, dass der Typ ab sofort immer für meine Bremsen verantwortlich ist. Er wird den Fehler nie wieder machen.»

Tatsache ist, dass Lorenzo bereits in Katar wegen Bremsversagen gestürzt war, anscheinend, weil ein Pad herausgekommen ist. Auch dazu gab es nie eine Erklärung.

In diesem Fall war Brembo darauf bedacht, den Fahrern und dem Rest von uns zu versichern, dass das nie wieder passieren würde. Bisher war das auch der Fall.

Dieselbe Ansicht wurde von Ducati geteilt, nachdem sie in Thailand versagt hatten. Es wird nicht wieder passieren, wiederholten sie. Zweifelsohne zur Erleichterung der restlichen Desmosdici-Truppe.

Aber das Problem der Geheimhaltung wurde nicht angesprochen.

Vielleicht bedeutet das, dass es jemand auf Lorenzo abgesehen hat, jetzt wo seine Zeit bei Ducati dem Ende zugeht.

Sabotage?

Ich habe euch gesagt, dass wilde Spekulationen bei weitem übler sein können als die Wahrheit.

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