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Danilo Petrucci (Ducati): «Nie in perfektem Zustand»

Von Günther Wiesinger
Danilo Petrucci

Danilo Petrucci

Danilo Petrucci gelang zwar mit dem Sieg in Le Mans 2020 ein Highlight, aber die Nachwirkungen des schweren Jerez-Crashs und die Reifenprobleme begleiteten ihn das ganze Jahr.

Nach dem sechsten WM-Rang und dem famosen Sieg in Mugello 2019 gestaltete sich die MotoGP-Saison 2020 für Danilo Petrucci aus mehreren Gründen merkwürdig und ungewöhnlich. Erstens erfuhr er von Ducati-Corse-General Manager Gigi Dall’Igna schon im Frühjahr, dass sein Werksvertrag nicht verlängert wird. Zweitens hatte er beim Saisonstart am 19. Juli in Jerez längst einen KTM-Werksvertrag in der Tasche. Drittens zog er sich beim Jerez-Test am 15. Juli zwei Tage vor dem FP1 zum GP von Spanien bei einem verheerenden Crash eine langwierige Nackenverletzung zu, die seine ganze Saison beeinträchtigen sollte.

Der Ducati-Werksfahrer aus Terni bei Rom, am 24. Oktober 30 Jahre alt geworden, gewann zwar den Frankreich-GP in Le Mans in souveräner Manier, aber am Ende der Saison schaffte er nur den enttäuschenden zwölften WM-Rang. 2021 wird der zweifache MotoGP-Sieger das Tech3-KTM-Team verstärken und nach sechs Ducati-Jahren (vier bei Pramac, zwei im Werksteam) eine neue Herausforderung annehmen – als Teamkollege des 20-jährigen Iker Lecuona.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com blickt Le-Mans-Sieger Danilo Petrucci noch einmal auf das Jahr 2020 mit all seinen Herausforderungen und Rückschlägen zurück.

Danilo, du hast in 14 Rennen nur sieben Top-Ten-Ergebnisse geschafft. Damit bist du wohl hinter deinen eigenen Erwartungen geblieben?

Ich hatte vor dem Saisonstart kein klares Ziel. Aber ich war mir bewusst: Ich muss das Maximum aus meinen Fähigkeiten herauskitzeln. Das brauche ich.

Klar, 2020 war eine sehr seltsame Saison.

Trotzdem habe ich von mir selbst mehr Beständigkeit erwartet. Aber es war zuerst einmal sehr schwierig, den Unterschied zwischen dem letztjährigen und dem neuen Michelin-Hinterreifen zu begreifen und zu verstehen.

Diese Reifenkonstruktion hat Ducati schon beim Sepang-Test im Februar viel Kopfzerbrechen gemacht.

Ja, das war wirklich eine Überraschung. Denn am Ende der Saison 2019 haben wir in Valencia und Jerez noch zwei Zwei-Tage-Tests gehabt. Aber in Valencia war ich wegen meiner linken Schulter außer Gefecht.

Deshalb haben wir die Probleme mit der neuen Hinterreifen-Konstruktion erst in Sepang entdeckt. Es war wirklich schwierig, damit klarzukommen. Wir haben dann beim Malaysia-Test im Februar an der Motorbremse gearbeitet, um Fortschritte zu machen.

Beim Katar-Test war die Situation dann etwas besser. Aber beim Saisonstart in Jerez haben wir weiter versucht, das Problem mit der Anpassung der Motorbremse in den Griff zu bekommen. Wir haben uns vielleicht zu wenig auf das Chassis fokussiert.

Ich belaste normal den Hinterreifen durch mein Gewicht beim Bremsen stark. Aber das war in diesem Jahr mit dieser Konstruktion nicht möglich. Ich musste mein Bremsverhalten ändern. Es war danach immer schwierig, über eine einzelne schnelle Runde das Maximum aus dem Reifen und dem Bike herauszuquetschen. Es kamen einige mühsame Grand Prix… Immerhin war meine Rennpace immer besser als meine Quali-Performance.

Erst beim Misano-Test im September sind uns Fortschritte gelungen, als wir das Set-up der Ducati modifiziert haben. Ich habe dann einen niedrigeren Sitz verwendet. Das hat mir schon in Barcelona geholfen. Dadurch ist der Sieg in Le Mans möglich geworden.

Da wir in der Saison nur diesen einen Test in Misano hatten zwischen den vielen Rennen, war das Problem nicht so leicht zu beseitigen.

Beim Auftakt in Jerez bist du gleich beim Mittwoch-Test in der schnellen Kurve 11 auf der Ölspur von Aleix Espargaró fürchterlich gestürzt.

Ja. Ich dachte zuerst, ich hätte mir das Genick gebrochen. Wenn du um 3 Uhr nachmittags die Sterne und alles vernebelt siehst, ist das nicht optimal. Ich habe auf die Zähne gebissen, aber innerlich war mir bewusst: Ein weiterer Sturz hätte die Dinge noch erheblich verschlimmert.

Der erste Jerez-GP hat neben dir bei 43 Grad Hitze viele Stürze und Verletzte gefordert: Crutchlow, Rins, Miller und Marc Márquez. Du hast das Rennen trotz der Schmerzen als Neunter beendet.

Ja, obwohl mein Zustand kritisch war. Ich war vor dem Rennen zwei Tagen lang dehydriert. Ich weiß nicht, ob ich auf die entzündungshemmenden Mittel allergisch reagiert habe. Das hat mich für das Rennen leider sehr geschwächt. Der Nacken, der Rücken, dazu noch die Dehydrierung – mein Zustand hat alles schwierig gemacht.

Durch diese Verletzung sind die beiden Jerez-Rennen wirklich zu einem Albtraum für mich geworden. Die Schmerzen waren fast unerträglich.

Ich war danach körperlich das ganze Jahr hindurch nie in einem perfekten Zustand. Ich musste den Nacken und besonders den rechten Arm immer wieder behandeln lassen. Die Nackenverletzung hat Einfluß auf die Bewegung im rechten Arm gehabt und ihn beeinträchtigt.

Bei der körperlichen Vorbereitung habe ich deshalb immer gelitten. Ich konnte ab dem Jerez-GP nie mehr so ein ordentliches Motocross-Training absolvieren wie in der Vergangenheit.

Seit die GP-Saison 2020 Ende November zu Ende gegangen ist, habe ich viel Zeit in ärztlicher Behandlung verbracht, um diese Verletzung zu kurieren. Am Ende konnten wir am rechten Arm eine Metacarpaltunnel-Operation vermeiden.

Gerade am vergangenen Freitag bin ich in Mailand wieder untersucht worden.

Wir haben pausenlos Therapie gemacht, denn ich will Ende Januar in Bestform sein. Den Dezember wende ich in erster Linie für die Genesung auf.

2020 will ich die beste Version von Danilo Petrucci demonstrieren.
Das ist nach dieser seltsamen und schwierigen Saison mein klares Ziel.

Du wirst vor dem Sepang-Test, der Mitte Februar stattfindet, auch im Athlete Performance Center (ATP) von Red Bull in Thalgau/Österreich trainieren und dich checken lassen?

Ja, richtig, das ist für Ende Januar geplant. Ich bin schon sehr neugierig.

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