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Danilo Petrucci (KTM): «Zwei Jahre im falschen Team»

Von Günther Wiesinger
Danilo Petrucci 2021 in Assen

Danilo Petrucci 2021 in Assen

Danilo Petrucci bedauert, dass er bei KTM keinen MotoGP-Vertrag mehr erhalten hat. Er spricht über sein Scheitern und meint, er sei zwei Jahre lang auf dem falschen Bike gesessen.

Nach dem sensationellen Etappensieg am Donnerstag und dem schweren Sturz am Freitag (mit einer tiefen Fleischwunde am linken Oberarm, die nach einen Lokalanästhesie genäht werden musste) beendete Tech3-KTM-Pilot die heutige siebte Etappen bei der Dakar-Rallye auf Platz 30. Er litt unter Schmerzen, verlor 27 Minuten auf den Tagessieger. Aber der 31-jährige Italiener will alles daran setzen, um die Rallye in Dschidda am 14. Januar nach 8375 km zu beenden.

In der MotoGP-WM 2021 erreichte Danilo Petrucci mit Platz 5 im Regen von Le Mans sein bestes Saisonergebnis, in Mugello zog er sich mit Platz 9 ebenfalls stark aus der Affäre. Aber insgesamt wurde «Petrux» bei vier von 18 Rennen von Kollegen aus dem Rennen befördert.

Dabei hatte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer vor Danilos erster KTM-Saison ein klares Ziel formuliert. «Danilo soll bei uns mit der RC16 mehr als ein MotoGP-Rennen im Jahr gewinnen.» Denn in acht Jahren bei Ducati hatte er nur zweimal triumphiert – 2019 in Mugello, 2020 in Le Mans.

Petrucci konnte vor der Saison wegen der Corona-Krise nur in Doha testen, das Bike war dann dort bei den ersten zwei Rennen nicht konkurrenzfähig, das Tech3-Team reiste ohne WM-Punkte ab.

Als Binder und Oliveira in Mugello ein neues Chassis und mehr Power dank eines neuen Renntreibstoffs von ETS Racing Fuels bekamen, musste sich das Tech3-Duo noch einige Zeit gedulden. Brad Binder schaffte in Mugello mit der Red Bull KTM RC16 einen Top-Speed von sagenhaften 362,4 km/h.

Petrucci und Lecuona erhielten das neue Chassis ca. drei Wochen später beim Sachsenring-GP. «Aber unsere Bike-Performance ist dadurch nicht deutlich besser geworden», blickt Petrucci beim Gespräch mit SPEEDWEEK.com zurück. «Den größeren Unterschied hat der Sprit ausgemacht, aber den haben wir nie erhalten.»

Denn das Tech3-Team hat im Gegensatz zum Red Bull-Team einen Vertrag mit Mineralölkonzern «elf», der auch Treibstoff herstellt und für den Rennsport entwickelt.

«Iker und ich haben im Vergleich zu den anderen zwei Jungs aus dem Werksteam immer Zeit beim Beschleunigen und im Top-Speed verloren», bedauert Petrucci im Rückblick.

Petrucci hörte dann Ende Juni in Sachsen erste Gerüchte, dass KTM bereits einen MotoGP-Vertrag mit Moto2-Star Raúl Fernández vereinbart habe. «Aber ich bin von KTM darüber erst Anfang August in Spielberg informiert worden, also sechs oder sieben Wochen später. Ich habe immer wieder gefragt und wurde dauernd vertröstet.»

Petrucci meint, er sei alt genug, er kenne das Geschäft und hätte die Wahrheit ertragen. Aber Mitte August waren die meisten Türen in der MotoGP- und Superbike-WM für ihn bereits zugefallen.

Petrucci meint, wegen den acht Podestplätzen 2020 und den dadurch verlorenen «Concessions»-Privilegien konnte KTM nicht mehr so vehement entwickeln und dauernd neue Teile an die Strecke bringen wie von 2017 bis 2020.

«Dadurch hat sich das Motorrad für Iker und mich im ganzen Jahr nicht wirklich verändert. Es gab nur dieses kleine Chassis-Update beim Deutschland-GP», sagt Petrucci. «Aber wir haben nichts bekommen, was wirklich eine Änderung am Bike bewirkt hat. Zu Beginn der Saison 2020 wurde uns eine andere Situation in Aussicht gestellt. Ich habe trotzdem alles getan, um gut abzuschneiden. Ich habe mein ganzes Wissen und meine ganze Erfahrung aus der Vergangenheit eingebracht. Ich habe Pit Beirer irgendwann gesagt: ‚Wenn ihr euch zwischen Iker und mir entscheiden müsst, macht lieber mit Iker weiter. Wenn ihr am Motorrad und an der Herangehensweise nichts ändert, bin ich für euch nutzlos‘. Mir war klar, dass sie nicht einfach nur auf einen der vier Fahrer hören können, der außerdem nicht die gewünschten Resultate brachte. Als dann die Medien früher wussten als ich, dass ich keinen neuen MotoGP-Vertrag mehr bekomme, war das kein nettes Gefühl nach all der Arbeit, die ich geleistet habe.»

«Im Sommer hat sich herausgestellt, dass KTM andere Pläne hatte und das Tech3-Team mit Remy und Raúl neu besetzt wird. Das hat mich ein bisschen traurig gemacht. Denn jetzt gibt es mit Technikchef Fabiano Sterlacchini und Teammanager Francesco Guidotti bei KTM zwei neue Personen. Das sind Menschen, die zu den besten gehören, die ich im GP-Paddock getroffen und mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe», schildert Petrucci.

«Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, ich war bei Ducati und KTM in den letzten zwei Jahren einfach zum falschen Zeitpunkt im falschen Team», grübelt Petrucci weiter. «Ich habe einen Fehler gemacht. Wenn ich zurückschaue, hätte ich es anders machen sollen», schmunzelt der MotoGP-WM-Sechste von 2019. «Denn 2020 war die Ducati nicht besonders konkurrenzfähig, zumindest für mich nicht, aber 2021 haben sie die meisten Rennen gewonnen. 2020 war vielleicht das Gegenteil der Fall. KTM war 2020 so ziemlich das beste Motorrad im Feld, 2021 war das leider nicht mehr der Fall. Ich war also zwei Jahre hindurch am falschen Platz. Jetzt tut es mir sehr leid, dass ich in der MotoGP nicht mehr mit KTM weiterfahren kann. Mit Sterlacchini und Guidotti hätte ich gern wieder zusammengearbeitet.»

Aber Petrucci hat sich in den letzten Monaten bei KTM als Tausendsassa bewährt, als Mann für alle Jahreszeiten und Disziplinen.

Vielleicht kommt jetzt noch ein KTM-Angebot für die Motocross-WM – nach dem WM-Rücktritt des neunfachen Weltmeisters Tony Cairoli?

Petrucci antwortete auf diese natürlich nicht ernst gemeinte Frage mit seinem Markenzeichen – einem herzhaften Lachen.

Resultate 7. Dakar-Etappe, 9. Januar

1. Jose Ignacio Cornejo (CHI), Honda, 3:28:46
2. Kevin Benavides (ARG), KTM, 3:29:30 +0:44
3. Joan Barreda (ESP), Honda, 3:31:37 +2:51
4. Luciano Benavides (ARG), Husqvarna, 3:36:36 +7:50
5. Lorenzo Santolino (ESP), Sherco, 3:37:15 +8:29
Ferner:
9. Toby Price (AUS), KTM, 3:39:23 +10:37
24. Matthias Walkner (AUT), KTM, 3:51:36 +22:50
30. Danilo Petrucci (ITA), KTM, 3:55:53 +27:07

Gesamtstand Dakar-Rallye 2022 nach 7 von 12 Etappen

1. Adrien Van Beveren (FRA), Yamaha, 23:45:02
2. Matthias Walkner (AUT), KTM, 23:50:14, +5:12 min
3. Kevin Benavides (ARG), KTM, 23:50:25, +5:23
4. Sam Sunderland (GBR), GASGAS, 23:50:40, +5:38
5. Lorenzo Santolino (ESP), Sherco, 23:51:36, +6:34
Ferner:
11. Toby Price (AUS), KTM, 24:14:31, +29:29
42. Danilo Petrucci, KTM, + 19 h 28 min 14 sec

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