Exklusiv: Stefan Bradl auf Freddie Spencers WM-Honda
Eigentlich fuhr Stefan Bradl am Samstag in der Früh nur zu den ADAC Sachsenring Classic, um mit den ADAC-Funktionären über eine Zusammenarbeit für seine «Stefan Bradl Rookies Days» zu verhandeln. «Aber Adi Stadler von Honda hat gesagt, ich soll meine Ausrüstung mitnehmen, denn ich könnte eventuell einmal mit seiner Honda RS250 fahren. Und kurz nachdem ich angekommen bin, war ich schon mittendrin und habe dann an der Showfahrt am Nachmittag mit vielen ehemaligen GP-Piloten teilgenommen. Es hat auch Spaß gemacht, wieder einmal so einen Zweitakt-Motorradl zu fahren und mit Kollegen wie Kevin Schwantz und Freddie Spencer auf die Piste zu gehen. Das war schon eine nette und unterhaltsame Gesellschaft. Giacomo Agostini habe ich auch getroffen. Das war eine recht große Veranstaltung. Die zwei Tage sind gut besucht gewesen, es kamen 35.000 Zuschauer, Respekt. Die Besucher waren rund um die Strecke verteilt, die Begeisterung war spürbar, die Fans haben einen ordentlichen Spaß gehabt. Es war eine sehr schöne Geschichte. Meine Freunde auf dem Sachsenring haben einen guten Job gemacht.»
Am Sonntag wurde die Geschichte für Stefan Bradl sogar noch reizvoller und abwechslungsreicher. «Denn mich hat dann der Besitzer der 500-ccm-Dreizylinder Honda NS500 angefragt, ob ich sein Motorrad ausprobieren will. Mit diesem Motorrad ist Freddie Spencer 1983 Halbliter-Weltmeister geworden», schilderte der 32-jährige Bayer. «Dieser Sammler aus Luxemburg spricht perfekt Deutsch. Mein Papa hat gesagt, es sei immer ein Traum von ihm gewesen, einmal so einer 500er-Werks-Honda zu fahren. Ich dachte mir, so eine Chance kriegst du wahrscheinlich nicht sehr oft in deinem Leben. Mein rotes HRC-Lederkombi hat auch super dazu gepasst. Das war eine einmalige Geschichte, die mir extrem viel Spaß gemacht hat. Es war genial, wirklich, ein faszinierendes Erlebnis.»
Bradl hatte eine Honda RS250 in HB-Design schon einmal zu LCR-Honda-Zeiten auf dem Sachsenring probieren dürfen. «Aber es war dann natürlich viel eindrucksvoller herauszufinden, wie so eine 500-ccm-Zweitaktmaschine zu fahren ist. Ich weiß nicht, wie viel PS so ein Gerät hat, 125 bis 135 PS vielleicht. Das Bike hatte gute Reifen drauf, aber ich bin natürlich nicht ans Limit gegangen. Ich hatte ja auch keine Elektronik... Aber ich habe ein gutes Gefühl im rechten Handgelenk. Deshalb bin ich ohne große Zwischenfälle um die Strecke rumgekommen.»
Wie gewöhnungsbedürftig ist es, wenn man am Donnerstag noch in Jerez mit der fast 290 PS starken MotoGP-Viertakt-Honda RC213V testet und dann drei Tage später eine 39 Jahre alte Weltmeistermaschine des gleichen Fabrikats steuert?
Bradl: «Ja, es ging ja nur um den Fahrspaß. Für mich war das eine wahnsinnig schöne Gelegenheit, die gar nicht geplant war. Ich habe vorher nie im Leben daran gedacht, dass ich an diesem Wochenende so ein seltenes Gerät bewegen darf. Das stand gar nicht auf der Agenda.»
Gab der dreifache Weltmeister Freddie Spender auch gute Tipps?
«Ja, logisch, mit dem Freddie habe ich mich ausgetauscht. Er hat mir genau gesagt, wie hoch ich den Motor drehen darf», schilderte Stefan. «Er hat mir genau verraten, wie das Bike zu fahren ist. Er hat gemeint: ‚Die Reifen sind echt super, da musst du dir keine Sorgen machen.‘ Es war witzig… Freddie ist mit seiner alten 250er-Honda gefahren. Ich konnte mit der 500er immerhin zwölf Runden drehen. Wir waren miteinander auf der Piste, Toni Mang, Freddie, Kevin Schwantz – alle. Die Reifen waren wirklich gut, das Motorrad war damit echt gut fahrbar. Wir haben auch Schräglagen zusammen gebracht. Es ist Wahnsinn, wie gut das Getriebe damals schon funktioniert hat. Auch die Bremsen funktionierten nicht schlecht. Das war in den 1980er-Jahren schon High-Tech. Natürlich ist die Motorleistung mit den heutigen MotoGP-Maschinen nicht vergleichbar, auch die Straßenlage ist eine andere Welt. Es war ja eine ganze andere Zeit.»