Aleix Espargaró: «Pol weiß, dass ich ihn liebe»
Am vergangenen Samstag feierte Aleix Espargaró mit Familie und Freunden in seiner Wahlheimat Andorra seinen 33. Geburtstag, an diesem Wochenende startet der Aprilia-Star in Silverstone als WM-Zweiter in die zweite Saisonhälfte.
Im Vorjahr erlebte die Familie Espargaró beim Britischen Grand Prix ein besonderes Wochenende, denn nach der Pole-Position von Pol auf der Repsol-Honda stürmte der zwei Jahre ältere Aleix im Rennen von Silverstone zum ersten Podestplatz für Aprilia in der MotoGP-Ära.
Anlass genug, um bei Aleix Espargaró im Interview mit SPEEDWEEK.com nachzufragen, was es bedeutet, wenn der jüngere Bruder ebenfalls Rennfahrer ist.
Aleix, wie war es, mit einem Bruder aufzuwachsen, der ebenfalls Motorradrennen fuhr? Ich kann mir vorstellen, dass es für die Familie viel Stress bedeutete.
Ich erinnere mich daran, als ich fünf oder sechs Jahre alt war, und wir an jedem Wochenende in ganz Katalonien und später Spanien unterwegs waren, um mit meinem Bruder Motocross zu fahren. Ich erinnere mich auch daran, dass mein Bruder immer viele Verletzungen hatte – kleine Verletzungen, aber er stürzte viel. Die Familie litt also sehr und ich litt mit meinem Bruder schon sehr früh mit. Und als wir dann in die WM kamen, wurde es noch schlimmer.
Seit Pol in die MotoGP-Klasse aufstieg, ist es für mich viel besser. Jetzt sind wir gemeinsam auf der Strecke, also kann ich zum Beispiel nicht sehen, wenn er stürzt. Ich bin jetzt also ein bisschen entspannter. Aber zuvor war es ein sehr stressiges Leben, zuerst ihm zuzuschauen und dann selbst auf mein Motorrad zu springen.
In der Amazon-Doku-Serie war zu sehen, dass du im Vorjahr in Silverstone sehr wütend auf Pol warst. Es macht also keinen Unterschied, dass er dein Bruder ist?
Ihr wisst ja, wie ich bin, sehr hitzköpfig. Gleichzeitig kann ich mich aber sehr, sehr schnell wieder abregen. Die Bilder von damals passten überhaupt nicht zu mir. Ich erinnerte mich nicht einmal daran, aber der Adrenalin-Spiegel ist in diesem Moment super hoch und man reagiert auf die falsche Weise.
Als ich es zum ersten Mal sah, schrieb ich Pol sofort eine Nachricht, um zu sagen: «Sorry, dir wird es nicht gefallen, ich mag es auch nicht. Ich habe einen Fehler gemacht, du weißt ja, wie ich bin.» Und von ihm kam die Antwort: «Ich kenne dich, ich weiß, dass du mich liebst, und ich weiß, wie hitzköpfig du wirst, wenn du Motorrad fährst. Also keine Sorge.»
Mir gefielen die Bilder nicht, aber das ist unser Sport: Manchmal ist man sehr angespannt, es sind viele Emotionen im Spiel und manchmal kann man dann so reagieren.
Wenn du dir deine eigene Familie anschaust und die, in der du aufgewachsen bist, gibt es Ähnlichkeiten?
Das ist ein guter Blickwinkel. Ja, die gibt es. Wir hatten auch einen Hund und wir waren als Familie sehr eng. Das sind die Werte, die mir mein Vater beigebracht hat.
Als ich im Vorjahr in Silverstone auf dem Podium stand, schickte mir mein Vater ein Interview, das ich gegeben hatte, als ich zwölf Jahre alt war. Darin sagte ich, dass es nicht mein Traum war Weltmeister zu werden, sondern eine Familie zu haben und Vater zu werden.
Mein Vater schickte mir das Interview und sagte mir: «Schau, was du hier gesagt hast. Jetzt hast du einen Podestplatz erreicht, mit deinen Kindern, die dabei waren. Du kannst sehr stolz sein.»
Es ist fantastisch, denn ich habe eine sehr schöne Familie und mein Job ist meine Leidenschaft. Ich habe ein sehr gutes Leben.
Manchmal nimmst du deine Familie mit in die Box, mit deinen Zwillingen Max und Mia. Lenkt dich das nicht ab?
Ich kann sie nicht bei jedem Rennen in der Box haben, es ist sehr fordernd. Sie haben viel Energie, aber ich mag es, wenn sie drei oder vier Mal im Jahr dort sind. Ich liebe es, Zeit mit ihnen zu verbringen. Sie geben mir viel positive Energie. Ja, vielleicht schläft man ein bisschen weniger, nach dem Mittagessen kann nicht schlafen, aber ihre positive Energie hilft mir sehr.
Leider kann meine Frau nicht immer kommen, weil sie mit den Kids zu Hause bleibt, aber ich liebe es, wenn Laura dabei ist. Ich wünschte, sie würde bei jedem Rennen an meiner Seite sein, aber das ist jetzt nicht möglich. Ich versuche also, die ganze Familie ein paar Mal im Jahr mitzunehmen. Das ist für mich sehr gut.