Fürs Rennfahren bezahlt? «In der F1 viel schlimmer»
Massimo Rivola, seit vier Jahren CEO von Aprilia Racing, wechselte aus der Formel 1 in die MotoGP-WM. Der Italiener kennt beide Königsklassen bestens und macht sich Gedanken darüber, was die Motorrad-WM besser machen könnte, um ein größeres Publikum in den Bann zu ziehen.
Die neuen Sprintrennen befürwortet Rivola in diesem Sinn. Er verweist aber auch auf die Bedeutung von dem, was rund um das Renngeschehen passiert – an der Strecke und in der Box. Aprilia ging in dieser Hinsicht voran und gewährte den Fans in der Dorna-Doku «Anatomy of Aprilia» (inzwischen auch auf YouTube zu sehen) in der vergangenen Saison selten tiefe Einblicke.
«Wir sind sehr offen, weil ich glaube, dass es das ist, was die Leute sehen wollen. Wenn wir Gäste haben und ihnen live zeigen, was hinter den Kulissen passiert, sind sie überrascht von all der Arbeit – und sie wollen wiederkommen», verriet der 51-jährige Italiener. «Wir sollten zeigen, was wir tun. Ich glaube nicht, dass die Leute weniger Lust haben, an die Strecke zu kommen, wenn wir im TV zeigen, was passiert – ganz im Gegenteil.»
«Diese Herangehensweise wollen wir weiter verfolgen. Ich glaube nicht, dass das nur uns zugutekommt, sondern der gesamten MotoGP. Wir hatten auch Glück, dass die Doku in Assen gefilmt wurde, das unglaublichste und spannendste Rennen unserer Saison», kam Rivola ins Schwärmen. «Wenn ich versuche, mich in jemanden zu versetzen, der sich eigentlich nicht für Motorrad- und Autorennen interessiert, dann ist es doch aufregend zu sehen, was dort passiert.»
Sind die MotoGP-Piloten in dem, was sie preisgeben, zu konservativ? «In unserem Fall sind wir nicht sehr konservativ. In der Doku hat man Aleix auch schreien sehen», entgegnete Rivola. «Vielleicht ist es aber auch eine kulturelle Frage. Wir waren so lange abseits des Rampenlichts, wir mussten einen Weg finden, um uns besser vorzustellen, um die Marke Aprilia zu zeigen und eine Art Image zu schaffen, das den Leuten gefällt. Warum sich die anderen nicht öffnen wollen? Vielleicht müssen wir weiter darauf pochen und erklären, warum wir es machen sollten. Das Bewusstsein ist wichtig.»
Bei diesem Thema führen die MotoGP-Piloten aber auch immer wieder gerne das Argument ins Feld, dass sie für das Motorradfahren bezahlt werden. «Wisst ihr was? In der Formel 1 sind die vertraglich vereinbarten Tage für die Sponsoren eine der wichtigsten Angelegenheiten. Es ist auch in der MotoGP wichtig, aber in der Formel 1 noch mehr», bekräftigte Rivola.
«Okay, mit 18 Grand Prix funktioniert es besser. Wenn es 20 oder 21 werden, dann sind es nicht ‚nur zwei oder drei Rennen mehr‘. Es geht um die körperliche Erholung der Fahrer und deren Verpflichtungen am Rennwochenende. Wir haben die Verpflichtungen unserer Fahrer kategorisch aufgeteilt: Presse, Marketing, Sponsoren… Eines nach dem anderen, aber es konzentriert sich hauptsächlich auf den Donnerstag.»
«In der Formel 1 ist es viel schlimmer. Fernando Alonso, der uns bei ein paar Rennen besucht hat, hat gesagt, dass die Marketingverpflichtungen zu viele sind, sie sind erschöpfend. Bei Ferrari ist es in der Hinsicht unglaublich», weiß der ehemalige Ferrari-Sportdirektor aus eigener Erfahrung.
«Diese Art von Pflichten sind in den Köpfen der Formel-1-Fahrer aber präsenter. Wir müssten es auch so machen. Ich bin bereit es zu tun, wenn ein Sponsor dafür bezahlt. Ich würde die Fahrer gerne beschäftigen», schmunzelte der Aprilia-Rennchef. «Wenn wir in die Situation kommen sollten, in der wir uns nur noch um unsere Sponsoren kümmern müssen, bräuchten wir vielleicht ein Limit, aber im Moment ist es nicht so.»