MotoGP: Rücktritt von Aleix Espargaro

Pol Espargaró: «Der Rückstand war niederschmetternd»

Von Günther Wiesinger
Pol Espargaró

Pol Espargaró

Knapp viereinhalb Monate nach seinem schweren Portimão-Crash kehrte Pol Espargaró (GASGAS Factory Racing Tech3) in Silverstone in die MotoGP-WM zurück: «Das ist eine schwierige Phase, die ich überwinden muss.»

Pol Espargaró hat am Sonntag beim British Motor Cycle Grand Prix bei seiner Rückkehr nach dem verheerenden Unfall von Portimão (24. März) mit Platz 12 immerhin vier Punkte einkassiert, doch der beträchtliche Rückstand nach 20 Runden und sein körperlicher Zustand nach der Anstrengung, die durch den einsetzenden Regen auch mental hohe Ansprüche stellte, sorgten bei dem ehrgeizigen Spanier nicht gerade für Freudensprünge.

Dabei war das ganze Team erleichtert, dass Pol seine Angriffslust drei Tage lang vernünftig gezügelt und seine Risikobereitschaft nicht übertrieben hatte. «Ja, ja, ja. Puh! Ich musste bei diesem Rennen ins Ziel kommen», seufzte der 32-jährige Routinier, der seine achte MotoGP-Saison bestreitet. «Besonders weil alles neu für mich war nach dieser langen Pause. Wenn dieser Grand Prix für mich mit der normalen Prozedur wie 2022 abgelaufen wäre, wäre es einfach gewesen. Aber jetzt mit dem einzigen Freitag-Zeittraining, mit dem kurzen dritten Training, dem Sprint und dem 10-min-Warm-up – das habe ich erstmals in meinem Leben mitgemacht. Du hast bei diesem Format viel weniger Zeit, um mit dem Team zu reden und so weiter. An diese Dinge muss ich mich noch gewöhnen. Das ist eine schwierige Phase, die ich überwunden muss. Sie ist stressig, aber es ist okay.»

Pol Espargaró lag nach der ersten Runde mit 4,165 Sekunden Rückstand an 20. Position. Die turbulente erste Runde hat er also mit etwas Vorsicht in Angriff genommen?

«Ja, der Beginn war schwierig», räumte der Moto2-Weltmeister von 2013 ein. «Sicher wird die Aufgabe noch mühsamer, wenn du auf dem Startplatz so weit hinten stehst. Überall sind Karbonteile rumgeflogen. Ich habe Leute gesehen, die geradeaus gefahren sind, und andere, die sich gegenseitig touchiert haben. Ich hatte nicht Erinnerung, dass es so brutal zugeht. Ganz hinten spürst du die Gefahr viel stärker, als wenn du vorne wegfährst. Ich muss mich wieder daran gewöhnen. In Österreich wird das besser klappen.»

Vor vier Monaten lag Pol mit drei gebrochenen Rückenwirbeln und zwei gebrochenen Brustwirbeln im Krankenhaus. Wegen eines Kieferbruchs wurde der Kiefer für vier Wochen arretiert, er konnte nicht sprechen, den Mund kaum aufmachen und nichts kauen; er ernährte sich nur durch Suppen und verlor 9 kg.

«In Theorie sollte ich jetzt glücklich sein, weil ich zurück bin, wieder Rennen fahren und beim Team sein kann», stellte Pol Espargaró fest. «Aber wir sind menschliche Wesen und wollen immer mehr. Deshalb habe ich gleich geschaut, wie viele Sekunden ich im Rennen verloren habe. Der Rückstand war niederschmetternd. Anderseits war es großartig, wieder in diese Umgebung im Paddock zurückzukehren, der Teil meiner Familie geworden ist. Deshalb bin im Grunde überglücklich, auch wenn ich in der zweiten Rennhälfte völlig kaputt war und ans Aufgeben gedacht habe. Aber der Regen hat mich zum Weiterfahren ermuntert. Und ich wusste: Die Müdigkeit und die verkrampften Muskeln werden nach ein paar Tagen auskuriert sein.»

Für Pol Espargaró kam die Müdigkeit in der zweiten Rennhälfte nicht unerwartet. «Du kannst im Fitness Centre nicht jene Kräfte simulieren, die bei 350 km/h auf den Fahrer einwirken, schon gar nicht die mentale Belastung», stellte er fest. «Die Muskeln müssen sich wieder ans MotoGP-Fahren gewöhnen. Beim Fahren beanspruchst du Muskeln, die du im Gym nicht belasten kannst. Dazu kommt die Anspannung, mit der ich fahre, weil ich unbedingt einen Crash vermeiden will. Da kommt alles zusammen.»

War das erste GP-Weekend in diesem Jahr für Pol mühseliger als erwartet? «Nein, denn ich habe mir gar nichts vorgestellt… Aber es war sehr hart, das kann ich dir sagen. Am Freitag konnte ich mich nicht einmal richtig festhalten, um das Motorrad heftig abbremsen zu können. Deshalb habe ich das Motorrad bei den Füssen etwas aufgepolstert, was ich normalerweise hasse, denn ich will Freiheit auf dem Bike. Aber diesmal hat es geholfen. Sobald ich gesundheitliche Fortschritte spüre, werde ich das Zeug wieder abmontieren.»

MotoGP-Ergebnisse, Silverstone (6. August):

1. Aleix Espargaró, Aprilia, 20 Runden in 40:40,367 min
2. Bagnaia, Ducati, + 0,215 sec
3. Binder, KTM, + 0,680
4. Oliveira, Aprilia, + 0,750
5. Viñales, Aprilia, + 2,101
6. Martin, Ducati, + 7,903
7. Marini, Ducati, + 9,099
8. Miller, KTM, + 9,298
9. Zarco, Ducati, + 9,958
10. Raúl Fernández, Aprilia, + 19,947
11. Augusto Fernández, KTM, + 20,296
12. Pol Espargaró, KTM, + 1:06,120 min
13. Di Giannantonio, Ducati, + 1:27,605
14. Morbidelli, Yamaha, + 1:28,913
15. Quartararo, Yamaha, + 1:29,075
16. Nakagami, Honda, + 1:38,573
17. Lecuona, Honda, + 1:49,674
– Bastianini, Ducati, 4 Runden zurück
– Marc Márquez, Honda, 6 Runden zurück
– Bezzecchi, Ducati, 15 Runden zurück
– Alex Márquez, Ducati, 15 Runden zurück
– Mir, Honda, 18 Runden zurück

MotoGP-Ergebnisse Sprint, Silverstone (5. August):

1. Alex Márquez, Ducati, 10 Runden in 21:52,317 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 0,366 sec
3. Viñales, Aprilia, + 3,374
4. Zarco, Ducati, + 5,671
5. Aleix Espargaró, Aprilia, + 6,068
6. Martin, Ducati, + 7,294
7. Miller, KTM, + 9,415
8. Augusto Fernández, KTM, + 9,850
9. Binder, KTM, + 10,435
10. Oliveira, Aprilia, + 11,247
11. Marini, Ducati, + 17,365
12. Di Giannantonio, Ducati, + 20,063
13. Bastianini, Ducati, + 24,352
14. Bagnaia, Ducati, + 25,527
15. Morbidelli, Yamaha, + 27,191
16. Pol Espargaró, KTM, + 27,693
17. Mir, Honda, + 29,062
18. Marc Márquez, Honda, + 29,326
19. Raúl Fernández, Aprilia, + 29,627
20. Nakagami, Honda, + 29,909
21. Quartararo, Yamaha, + 30,326
22. Lecuona, Honda, + 47,674

WM-Stand nach 18 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 214 Punkte. 2. Martin 173. 3. Bezzecchi 167. 4. Binder 131. 5. Zarco 122. 6. Aleix Espargaró 107. 7. Marini 107. 8. Miller 90. 9. Alex Márquez 75. 10. Viñales 75. 11. Quartararo 65. 12. Morbidelli 59. 13. Augusto Fernández 49. 14. Rins 47. 15. Oliveira 40. 16. Di Giannantonio 37. 17. Nakagami 34. 18. 18. Bastianini 18. 19. Marc Márquez 15. 20. Raúl Fernández 14. 21. Pedrosa 13. 22. Savadori 9. 23. Folger 9. 24. Pirro 5. 25. Mir 5. 26. Petrucci 5. 26. Bradl 5. 27. Pol Espargaró 4.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 317 Punkte. 2. KTM 172. 3. Aprilia 153. 4. Honda 89. 5. Yamaha 84.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 295 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 274. 3. Ducati Lenovo Team 242. 4. Red Bull KTM Factory Racing 221. 5. Aprilia Racing 181. 6. Monster Energy Yamaha 124. 7. Gresini Racing 112. 8. LCR Honda 84. 9. GASGAS Factory Racing Tech3, 62. 10. CryptoDATA RNF 58. 11. Repsol Honda 20.

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