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CryptoDATA ist raus: Ein Triumph auf allen Ebenen

Von Günther Wiesinger
CryptoDATA-CEO Ovidiu Toma beteuert immer wieder, sein RNF-Rennstall habe keine Schulden. Die Teammitglieder dürften das anders sehen. Die Analyse eines turbulenten Jahres mit einem bitteren Ende.

So einvernehmlich, wie die Dorna Sports S.L. und die CryptoDATA-Gründer Ovidiu Toma und Bogdan Maruntins die abrupte Beendigung ihrer Partnerschaft heute in einem gemeinsamen Statement darstellten, ist Trennung der beiden Vertragspartner nicht verlaufen.

Denn CryptoDATA-CEO Toma schätzte die Lage vor zehn Tagen beim Valencia-GP sehr siegessicher ein. «Ich habe in den Medien konfuse Informationen gelesen, unser Team sei verkauft worden. Aber unser Team ist nicht verkauft worden. Wir haben einen aufrechten Vertrag mit der Dorna und IRTA bis Ende 2026. Er ist nicht gebrochen worden und wir laufen auch nicht Gefahr, ihn zu brechen. Wir haben dazu einen Vertrag mit Aprilia Racing und den Fahrern für die kommende Saison. Auch Razlan Razali hat seine Anteile nicht verkauft, denn wenn er das tun möchte, müssten wir einem Verkauf seiner Anteile zustimmen. Und wir haben ein Vorkaufsrecht. Razlan kann also nichts an einen amerikanischen Investor verkauft haben. Ich bin wirklich neugierig, was hinter diesen Geschichten steckt.»

24 Stunden später entzog das «MotoGP Participation Committee» (bestehend aus Dorna, IRTA und FIM) der Rennfirma RNF Racing Limited die Teilnahmeberechtigung an der WM 2024. Am selben Tag (27.11.) löste Aprilia den Zwei-Jahres-Vertrag bei Halbzeit auf. Damit hatte das Unternehmen RNF quasi seine Geschäftsgrundlage verloren.

Die Dorna hat sich laut Toma bereit erklärt, den Rumänen nach den Differenzen der letzten Wochen eine finanzielle Entschädigung für den Ausstieg zu bezahlen.

Dadurch wird ein Gerichtsverfahren vermieden, während dessen Dauer die beiden Slots wegen der rechtlichen Unsicherheit wohl nicht an Trackhouse Racing vergeben werden hätten können.

«Dorna, IRTA und das RNF-MotoGP-Team legen ihre Differenzen bei», lautete die Überschrift der heutigen gemeinsamen Pressemitteilung von Dorna und RNF.

Die gegenseitigen verbalen Liebkosungen und Wertschätzungen der beiden Streitparteien ersparen wir unseren Lesern gerne. Man habe die Meinungsverschiedenheiten, die im letzten Teil der Saison 2023 entstanden sind, freundschaftlich gelöst, wurde beteuert.

Gegenüber SPEEDWEEK.com hatte Ovidiu Toma am 26.11.2023 noch erklärt: «Wir haben in guten Glauben in diesem Jahr zum Wohle der Meisterschaft 7 Millionen Euro in das Team gesteckt. Ich bin enttäuscht, in einem Paddock gelandet zu sein, in dem auf altmodische Art und Weise Geschäfte gemacht werden. Wir leben im Jahr 2023. Man sollte meinen, hier werde alles gemeinschaftlich verhandelt und Verträge sollten respektiert werden. Aber ich spüre ein Verhalten, dass mich an eine Diktatur erinnert.»

Die beiden CryptoDATA-Manager Toma und Maruntis gehen teilweise sparsam mit der Wahrheit um. Bogdan Maruntis im heutigen Press Release: «Es war nie die Absicht von CryptoDATA, in die sportliche Seite des RNF-Teams involviert zu sein, denn das ist nicht unser Betätigungsfeld. Doch wir sahen eine Gelegenheit, stärker im Motorsportbereich beteiligt zu sein und beschlossen deshalb, dem RNF-Team beiseite zu stehen. Momentan hat CryptoDATA alle geplanten Ziele in punkto Geschäft und Marketing erreicht. Jetzt kümmern wir uns wieder um unsere Hauptziele in der Technologie-Industrie.»

CryptoDATA-CEO Ovidiu Toma verlautbarte am 4.11.2022 beim Valencia-GP bei einer Pressekonferenz vor mehr als 100 Personen: «Wir wollen in zwei, drei Jahren um Podestplätze kämpfen.»

Und der CryptoDATA-Stratege Bogdan Maruntis posaunte vor einem Jahr in aller Öffentlichkeit: «Wir haben einen unlimitierten Vertrag mit RNF, unsere Planung reicht vorläufig bis 2026. Aber die Zusammenarbeit wird über diesen Zeitpunkt hinausgehen, denn wir sind Partner, Teilhaber und dazu Freunde.»

Das hört sich nicht so an, als hätte sich CryptoDATA nie in die sportliche und operative Seite des MotoGP-Sports einmischen wollen. Man hat ja den 60-Prozent-Anteil am Rennstall voraussichtlich nicht aus Versehen gekauft.  

Die RNF-Mannschaft hat in diesem Jahr vier Top-5-Ergebnisse erzielt, aber keinen Podestplatz. Wurden also trotzdem alle geplanten Ziele erreicht?

Widersprüche über Widersprüche.

«Wir schulden niemandem Geld», wiederholte Ovidiu Toma heute gebetsmühlenartig.

«Die Dorna hat einen großen Fehler gemacht, denn sie hat uns disqualifiziert, obwohl unser MotoGP-Vertrag mit RNF bis Ende 2026 gültig war. Wir haben jetzt eine Entschädigung bekommen, damit wir von jedem Rechtsstreit gegen die Dorna Abstand nehmen. Am Ende hat uns also die Dorna bezahlt, damit wir den Rückzug akzeptieren», erklärte Toma heute gegenüber SPEEDWEEK.com, was sich nicht besonders einvernehmlich anhört. «Es ist nicht der Fall, dass wir jemanden Geld schuldig sind. Ja, und bei den Namensrechten für den Österreich-GP haben wir uns auch geeinigt. Wobei ich wiederhole: Wir sind nie jemandem Geld schuldig gewesen. Wir haben keine Schulden. Deshalb gebührt uns eine faire, neutrale Berichterstattung. Wir haben keine Fehler gemacht. Deshalb hat uns die Dorna bezahlt, damit ein Rechtsstreit vermieden wird.»

Die Performance der tüchtigen CryptoDATA-Manager nach zwölf Monaten als Teamteilhaber, GP Naming Rights-Käufer und Sponsoren kann aus mehreren Gründen wirklich nur in den höchsten Tönen gelobt werden.

1.) Mit dem fünffachen MotoGP-Sieger Oliveira keinen Podestplatz erreicht.

2.) Mit 40-%-RNF-Teilhaber und Ex-Teamprinzipal Razlan Razali restlos zerstritten. Obwohl er vor zwölf Monaten noch als Freund bezeichnet wurde, wird jetzt durch eine (unabhängige?) interne Revision geprüft, ob der Malaysier seine finanziellen Befugnisse überschritten hat.

3.) Von Aprilia Racing und der Dorna nach einem Jahr abserviert.

4.) Den ohnedies ausgezeichneten Ruf rumänischer Unternehmer in fast unerträglichem Ausmaß weiter verbessert.

5.) Dazu offenbar mindestens zwei Dutzend Teammitgliedern für die unzähligen Arbeitsstunden mit drei Grand Prix im November die Gehälter nicht bezahlt.

6.) Aus dem Zwist mit der Dorna als strahlender Sieger hervorgegangen. Der Verlust der beiden kostbaren MotoGP-Slots ist nach diesem grandiosen Triumph leicht verschmerzbar. 

7.) In punkto Compliance für eine noch nie dagewesene Qualität gesorgt. 

8.) CryptoDATA blickt trotz des zeitlich überschaubaren Auftritts in der MotoGP auf eine auf allen Ebenen erfolgreiche Performance.

9.) Den unbeschreiblichen Imagegewinn für das angesehene Unternehmen bekamen die Rumänen angesichts des geringen Investments von 7 Millionen Euro fast geschenkt. 

10.) Wenn Jorge Martin und Aleix Espargaró gefragt werden, ob ihre CryptoDATA Personal Sponsorship-Deals pünktlich bezahlt werden, verdrehen sie meist die Augen.

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