Jorge Lorenzo zu Luca Marini: «Sportlich ein Fehler»
Dass Rossi-Bruder Luca Marini auf den sicheren Platz im familieneigenen VR46 Team und damit auch eine Ducati als das aktuell beste Motorrad im MotoGP-Grid verzichtet, um im gebeutelten Repsol-Honda-Werksteam die Nachfolge von Marc Márquez anzutreten, war auf den ersten Blick durchaus ungewöhnlich und überraschend.
Tatsächlich sah der 26-jährige Italiener aber eine womöglich einmalige Chance, um zum Werksfahrer aufzusteigen, ein Motorrad zu entwickeln und sich damit seinen Kindheitstraum zu erfüllen – und nicht zuletzt etwas aus dem Schatten seines berühmten Bruders und neunfachen Weltmeisters Valentino Rossi zu treten
Jorge Lorenzo hat dennoch eine klare Meinung zu Marinis Schritt: «Aus sportlicher Sicht halte ich es für einen Fehler», machte der fünffache Weltmeister gegenüber den spanischen Kollegen von «AS» deutlich. «Ich glaube, dass die verzweifelte Situation von Honda eine vertragliche und finanzielle Gelegenheit für Marini geschaffen hat, der sonst sicherlich mit VR46 weitergemacht hätte, die er nur schwer ablehnen konnte», fuhr er fort.
Dennoch hätte der dreifache MotoGP-Weltmeister an Marinis Stelle anders entschieden: «Für mich hätte das beste Motorrad Priorität gehabt, um mein Potenzial zu zeigen und eine Weltmeisterschaft zu gewinnen. Wenn du gewinnst, wird auch dein Wert als Fahrer immer ansteigen.»
«Des Geldes wegen zu wechseln oder um eine Herausforderung anzunehmen auf einem Motorrad, das im Prinzip schlechter ist als das, was man hat… Das ist kompliziert. Viele Fahrer haben sich dabei verletzt», gab der 36-jährige Spanier zu bedenken, der seine Karriere nach nur einem Jahr auf der Honda RC213V Ende 2019 frühzeitig beendet hatte. Unter anderem war eine in Assen erlittene Wirbelverletzung ein Grund dafür.
Immerhin: Bei seinem Honda-Debüt zog sich Marini als Zehnter des Valencia-Tests mit 0,703 sec Rückstand auf die Tagesbestzeit von Maverick Viñales (Aprilia) ordentlich aus der Affäre. Dazu berichtete sein künftiger Teamkollege Joan Mir, am 2024er-Prototypen endlich Verbesserungen festgestellt zu haben.
Lorenzo meinte nach der ernüchternden Performance des größten Motorradherstellers der Welt in den vergangenen MotoGP-Saisons dennoch: «Es ist schwer vorstellbar, dass die Honda in zwei oder drei Jahren das beste Motorrad sein wird.» Und Marini ist auch schon 26 Jahre alt, dazu zählt der Italiener zu den großgewachsenen MotoGP-Piloten, während die Honda eines der kleinsten Motorräder ist. «Für Marini, der fast 1,90 m groß ist, werden sie erhebliche Anpassungen vornehmen müssen. Schon ich fühlte mich mit meiner Größe von 1,72 m nicht wohl auf dem Bike.»
Der Mallorquiner, der in seiner aktiven Karriere sowohl die Desmosedici GP als auch die RC213V steuerte, gab zudem zu bedenken: «Honda und Ducati sind das komplette Gegenteil, wenn es um das Vertrauen zur Front geht.» Deshalb befürchte er viele Stürze. Marc Márquez brachte es in seiner letzten Honda-Saison bekanntlich auf ganze 29 Crashes.
Ergebnisse MotoGP-Test Valencia (28. November):
1. Viñales, Aprilia, 1:29,253 min
2. Binder, KTM, + 0,028 sec
3. Bezzecchi, Ducati, + 0,093
4. Marc Márquez, Ducati, + 0,171
5. Raúl Fernández, Aprilia, + 0,263
6. Alex Márquez, Ducati, + 0,385
7. Di Giannantonio, Ducati, + 0,409
8. Bastianini, Ducati, + 0,543
9. Miller, KTM, + 0,648
10. Marini, Honda, + 0,703
11. Bagnaia, Ducati, + 0,717
12. Quartararo, Yamaha, + 0,769
13. Mir, Honda, + 0,798
14. Augusto Fernández, KTM, + 0,824
15. Martin, Ducati, + 0,899
16. Morbidelli, Ducati, + 0,953
17. Zarco, Honda, + 1,030
18. Acosta, KTM, + 1,223
19. Rins, Yamaha, + 1,311
20. Crutchlow, Yamaha, + 1,512
21. Nakagami, Honda, + 1,723
22. Aleix Espargaró, Aprilia, + 3,059
23. Savadori, Aprilia, + 3,431