Marc Márquez: Türe ins Ducati-Werksteam steht offen
Marc Márquez besitzt von allen MotoGP-Piloten die größte Strahlkraft
Bravo, es kommt Bewegung in das zerfahrene Spiel um die Besetzung der begehrtesten Positionen im MotoGP-Fahrerlager. Jorge Martin und Aprilia-Sportdirektor Massimo Rivola haben den ersten Korken aus der Flasche geschossen und auf das Andockmanöver des «Martinators» auf der RS-GP ab 2025 angestoßen.
Und Marc Márquez? Alles schaut in Richtung Italien und wartet, dass der MotoGP-Superstar die Ducati-Corse-Rennabteilung in Bologna betritt. Doch auch wenn nach allen vorliegenden Informationen die Verpflichtung von Márquez als Teamkollege von Pecco Bagnaia die baldige Realität ist, so gibt es doch noch Hürden zu überwinden.
Ducati wollte von Beginn an – und will weiterhin – Marc Márquez. Doch dass er als Kaiser neben dem König in der Ducati-Lenovo-Box regiert, davon war nie die Rede. Die frühzeitige Verpflichtung von Pecco Bagnaia sicherte seinen Sonderstatus. Immerhin ist Bagnaia der erste Pilot in der Ducati-Geschichte, der sich Doppelweltmeister nennen darf. Das Grundinteresse eines Werkes liegt bei der Marke selbst, nicht beim Fahrer. Ein Ducati-Sieg ist das, was zählt – und den kann nur ein Pilot holen.
Dennoch: In Hinblick auf die globale Strahlkraft, kommt der wichtigste Pilot aus Spanien und heißt Marc Márquez. Und der wird auf dem besten Motorrad des Fahrerlagers sitzen.
Die Ereignisse von Sonntag in Mugello haben das bestmögliche Szenario gezeigt: Der italienische Volksheld siegt auf dem Werksbike vor einem tapferen Adjutanten auf der gleichen Maschine. So schaut totale Überlegenheit aus. Hätte das Finale Bagnaia gegen Márquez auf identischem Material geheißen, an der Botschaft für den Hersteller hätte das nichts geändert.
Das strategische Idealszenario für Ducati könnte demnach auch so aussehen: Bagnaia und Bastianini geben weiter das Italo-Dreamteam und ein glücklicher Marc Márquez sitzt mit Red-Bull-Partnerschaft auf einer Werks-Ducati in einem unabhängigen Team.
Nicht zu vergessen ist, es stehen insgesamt nur vier Werksmotorräder des aktuellen Jahrgangs zur Verfügung und löst das Pramac-Team von Paolo Campinoti die Option ein, dass gehen die beiden verfügbaren Bikes per Exklusivstatus zu Pramac Racing.
Die Verbindung des Menschen Marc Márquez zu Red Bull ist nicht zu unterschätzen. Denn den Spanier und den Konzern aus Fuschl verbindet viel mehr als nur das Geschäft. Speziell in jener Zeit, als der Athlet Márquez seine schwere Verletzung vom Rennen fahren abhielt, hielten beiden Seiten noch enger zusammen. Es entstanden Dokumentationen und eine Biografie um die Geschichte «MM93» zu dokumentieren.
Getreu dem Motto «wie in guten, so in schlechten Zeiten» ist die Verbindung geprägt von großem Vertrauen. Selbst wenn der Spanier sich für den Werkssitz entschieden hat, dann ist die Debatte mit seinem Sponsor, eine, die gute Überlegungen und Gespräche erfordert, nicht zwischen Tür und Angel zu erledigen.
Vor diesem Hintergrund sind die Prioritäten der Nummer 93 gesetzt. Márquez sagte, er wolle zuerst ein konkurrenzfähiges Motorrad, dann seinen engsten persönlichen Förderer Red Bull und erst dann Werks-Status.
Wenig verwunderlich ist, dass Jorge Martin bei diesem Geduldsspiel der Faden gerissen ist – er war es satt, in der Warteschleife zu hängen. Angehende Weltmeister handeln aktiv.
Die letzte große Schaltstelle heißt Pramac. Wie während des Mugello-Wochenendes berichtet, bestätigte Pramac-Manager Gino Borsoi den Einsatz von Ducati-Werksmaschinen für 2025. Doch die entsprechende Option wurde noch nicht eingelöst. Die Frist für eine Entscheidung ist Ende dieses Monats.
Erst vor einer Woche verlängerte Pramac Racing den Vertrag mit dem italienischen Unternehmen Prima als Hauptsponsor. Es ist davon auszugehen, dass der Deal auch den Einsatz der Siegermaschine beinhaltet. Ein großer Pramac-Racing-Bluff, und damit die Verbindung mit Yamaha, ist damit unwahrscheinlich. Durch die aktuelle Informationssperre bei Pramac ist aber auch sicher, dass die Verhandlungen über eine zukünftige Kooperation noch nicht endgültig abgeschlossen sind.
Meine ganz eigene Sicht: Für Márquez wäre damit das Wunschszenario gegeben: Zugriff auf eine Desmosedici-GP25 und Unabhängigkeit bei Gresini. Aber die Vernunft sagt etwas anderes. Niemand würde das Angebot des Ducati-Werksteam ausschlagen.
Auch wenn die Causa Jorge Martin nun gelöst ist, der Fall Márquez hängt nicht allein von der selbstbewussten Entscheidung des «Martinators» ab. Erst wenn die Verfügbarkeit einer Werksmaschine und das sensible persönliche Sponsoring besprochen ist, wird auch Marc Márquez zur Unterschrift antreten.