KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Casey Stoner: «Ich lenkte mit dem Hinterrad»

Von Michal Fialkowski
Spätbremser Casey Stoner

Spätbremser Casey Stoner

Hat Casey Stoner das Untersteuern der Ducati einst mit der Hinterradbremse geschickt bekämpft?

Nach zwei dürren Jahren bei Ducati gestand Valentino Rossi, dass er bis heute nicht verstehe, wie es Casey Stoner geschafft hat, die Ducati Desmosedici zu bändigen  und mit diesem Motorrad nach dem WM-Titel 2007 noch viele weitere Siege errungen zu haben.

Jedenfalls haben sich diese Frage auch schon andere Ducati-Fahrer gestellt, die Zugang zu den Datenaufzeichnungen des Australiers hatten.

Und immer wieder blieben sie beim Thema Hinterradbremse hängen. Stoner hat ein unbeschreibliches Geschick darin entwickelt, die Hinterradbremse beim Rausfahren aus den Kurven so zu handhaben, dass beim Motorrad die Tendenz zum Untersteuern verschwand, die auch immer ein Raustragen aus den Kurven zur Folge hatte. Das war eine Unart der Ducati, die Rossi richtig zur Verzweiflung brachte.

Stoner liess sich beim Thema Hinterradbremse von www.speedweek.com gern in die Karten schauen. «Wir nützen die Hinterradbremse in unterschiedlichen Situationen», stellte er fest. «Meistens geht es darum, die Auswirkungen der Motorbremse zu kompensieren oder die Maschine zu stabilisieren. Beim Reinfahren in die Kurven will jeder Fahrer so viel Bremskraft wie möglich haben. Man kann das Bremsmanöver also auch ein bisschen mit der Hinterradbremse unterstützen. Aber wenn das Hinterrad zu wenig belastet ist und abhebt, kann das Hinterrad blockieren. Also muss man aufpassen, dass man die Hinterradbremse beim Einbiegen nicht zu stark beansprucht.»

«In der Kurvenmitte kann dir die Hinterradbremse beim Einlenken behilflich sein», ergänzte Stoner. «Denn in starker Schräglage kannst du die Vorderradbremse nicht mehr richtig nützen, sonst klappt das Vorderrad weg. Wenn du die Kurve schnell umrunden willst, musst du die Hinterradbremse bis zum Scheitelpunkt benützen. So kannst du schneller umlegen und riskierst nicht, dass das Vorderrad wegrutscht.»

«Wenn du am Kurvenausgang wieder Gas gibst, hast du mit dem Gasgriff keine perfekte Kontrolle über das Hinterrad. Das hängt alles vom Motoren-Mapping ab und wie viel Grip du hast. Die Art und Weise, wie ich die Hinterradbremse nütze, ist eine zusätzliche Form des Motoren-Managements, wenn man es so ausdrücken will», erklärt der zweifache Weltmeister. «Wenn ich die Hinterradbremse stärker verwende und sie dann langsam loslasse, habe ich mehr Kontrolle über das Hinterrad als wenn ich das Hinterrad nur mit der Gashand steuere. Wenn du das alles perfekt zusammenspielen lässt, bringst du die perfekte Beschleunigung zustande. Es klappt nicht immer ganz zufriedenstellend. Aber wenn die Begleitumstände ideal sind, dann geht das bei mir auf diese Weise am besten.»

Stoners Crew-Chief Christian Gabbarini macht aber kein Geheimnis daraus, dass das Bremsen nicht immer zu den Stärken des Fahrkünstlers aus Down-under gehörte. «Ich habe seit 2003 mit Casey zusammengearbeitet», sagt der Italiener. «Er hat sich seither beim Bremsvermögen stark verbessert. In der 125er- und 250er-Klasse war er in diesem Bereich nicht stark. Aber er hat sich dann Schritt für Schritt verbessert. Ich habe ihm genau zugehört, ich wollte wissen, was er spürt. Er ist auch im Nassen im Laufe der Zeit viel stärker geworden. Da hat er zu einer ganz anderen Abstimmung gefunden. Bei unserer Zusammenarbeit ging es immer um kleine Fortschritte.»

Zwei WM-Titel, 45 GP-Siege und insgesamt 89 Podestplätze bei 176 WM-Rennen im Alter von nur 27 Jahren – das gelingt auch dem grössten Naturltalent nur mit viel akribischer Detailarbeit.

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