Marc Márquez: «So ist es zum Sturz gekommen»

Kolumne von Michael Scott
Beim 338-km/h-Crash von Marc Márquez blieb Millionen von TV-Zuseheren das Herz stehen. Für den Spanier war es nur ein Betriebsunfall.

Marc Márquez eignet sich in seiner ersten MotoGP-Saison einen Rekord nach dem andern an. Einer wird wohl ewig Bestand haben: Der Sturz am Freitag in Mugello, der bei 337,9 km/h seinen Anfang nahm. «Bei 300 km/h bin ich abgesprungen», schilderte der Repsol-Honda-Werkspilot, als berichte er von einem Sonntagspaziergang.

Im Training davor hatte Márquez einen anderen Rekord aufgestellt: Er hatte an dieser Stelle am Ende der Zielgeraden mit 342 km/h den höchsten Top-Speed alle Teilnehmer geschafft.

Diese Zielgerade ist 1,1 km lang und mündet am Ende in einem blinden Linksknick, es geht über eine Kuppe, bei den MotoGP-Bikes hebt das Vorderrad ab. Sobald das Vorderrad wieder Bodenkontakt hat, muss der Fahrer heftig bremsen, denn es folgt unmittelbar danach Turn 1, ein 120-km/h-Rechtsknick.

Márquez bremste beim Bodenkontakt, er verlor sein Gefährt bei 338 km/h ausser Kontrolle, es steuerte links Richtung nackter Betonmauer, deshalb liess sich der unerschrockene Moto2-Weltmeister aus dem Sattel fallen.

Wer springt mit 300 km/h freiwllig vom Bike?

Die Onboard-Kamera zeigt, dass bei Márquez das Vorderrad blockiert, durch die immense Geschwindigkeit stabilisiert sich das Gefährt ein bisschen, sonst wäre er womöglich mit voller Wucht mitten auf der Fahrbahn aufgeschlagen, das Motorrad wäre in Stück gerissen worden.

«Ich wollte die Situation noch retten, als das Vorderrad plötzlich querstand, aber das Motorrad donnerte Richtung Mauer. Also bin ich abgesprungen, um den Aufprall zu vermeiden.»

Márquez kam mit schweren Prellungen am ganzen Körper, einem aufgeschürften Kinn und einer Schulterverletzung davon.

Für einen Normalsterblichen stelle sich die Frage: Wie entscheidet man bei mehr als 300 km/h, sich mutwillig von einer Rennmaschine purzeln zu lassen?

Márquez entgegnete, das seit durchaus machbar, wenn die Alternative noch viel übler aussieht. «Auf dieser Kuppe wird das Vorderrad leicht, es sind Bodenwellen dort. Es geht leicht bergauf, dann bergab. Ich habe an derselben Stelle gebremst wie in den Runden zuvor, aber anscheinend am Beginn zu aggressiv. Das hat die Maschine noch verkraftet, danach habe ich noch heftiger gebremst, dadurch hat das Vorderrad blockiert. Meine Reaktion war, die Bremse loszulassen, um den Crash zu verhindern. Doch als der Vorderreifen wieder Grip fand, trieb es die Maschine Richtung Grasnarbe. Als ich dort war, sah ich die Mauer. Ich steuerte direkt auf sie zu. Also sprang ich ab. Das war besser so. ich war zu diesem Zeitpunkt mit 300 km/h unterwegs.»

Márquez schlitterte die kaum 2 Meter breite Grasnarbe entlang und bohrte sich dann ins Kiesbett der Kurve 1 ein. «Als ich liegenblieb, hatte ich Angst, der ganze Helm war voller Kieselsteinen. Ich hatte einen starken Schlag an der Schulter erwischt und am Kinn. Die Füsse konnte ich sofort bewegen. Ich hatte Angst wegen einer Kopfverletzung... Aber ich war immer bei Bewusstsein, ich kann mich an alles erinnern. Und wichtig war, dass ich am nächsten Tag wieder fahren konnte.»

Die Stimmen der Experten

«Das ist eine Stelle, wo du die Bremse mit viel Gefühl anpacken musst», stellte Pedrosa fest.

Nicky Hayden: «An dieser Stelle wird es eng, weil du so schnell bist. Stell dir vor, du bretterst dort mit drei, vier anderen Fahrern durch. Es könnte jederzeit zu Berührungen kommen. Die Mauer steht nahe. Wir sehen sie alle. Aber du schaust nicht nach links, wenn du Richtung Kurve 1 donnerst.»

«Diese Stelle ist sehr, sehr schnell, und die gerade ist nicht flach», bestätigt Rossi. «Es ist eine kleine Kuppe dort, ein Sprung. Dort hat Marc die Kontrolle verloren. Die Mauer steht zu nahe. Das beanstanden wir seit Jahren.»

Cal Crutchlow hat eine eigene Sicht der Dinge: «Wir bemühen uns in der Safety Commission ständig um Verbesserungen. Aber manchmal gibt es Grenzen; es ist immer eine Gratwanderung», meint er. «Wenn wir alle Mauern verschieben, sind wir meilenweit von den Zuschauern entfernt. Ich sage nicht, unsere Sicherheit solle zugunsten der Fans geopfert werden. Aber man muss realistisch bleiben.»

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