Phillip Island zeigte uns den rechten Weg
Aus dem Rennwochenende auf Phillip Island können Bridgestone und Dunlop einiges lernen. Beispielsweise wie man künftig Reifen produziert, die eine Renndistanz überstehen. Um fair zu bleiben: Das haben sie bei allen anderen Rennen in dieser Saison geschafft.
Ein kurzer Rückblick: Der wundervolle neue Asphalt auf der wundervollen Strecke von Phillip Island und unerwartet wundervolles Wetter. Beide Reifenhersteller lieferten eine spezielle harte Reifenmischung, da sie höhere Geschwindigkeiten und mehr Verschleiß erwarteten. Sie schossen so sehr am Ziel vorbei, dass sie statt der Reifen auch Marshmallows aufziehen hätten können. Dann hätten die Hitzebläschen wenigstens einen süßen Beigeschmack gehabt.
Das aufgescheuchte Rennmanagement legte sofort einen Zahn zu und leitete eine internationale Telefonkonferenz für die Verantwortlichen ein, die jederzeit und scheinbar so oft sie wollen, die Regeln ändern können. Diesem neuen Machtgefüge leistete die Renndirektion Folge.
Die Dunlops der Moto2-Klasse erhielten den halben Tag hitzefrei. Die Renndistanz wurde von 27 auf 13 Runden reduziert. Die volle Punktzahl gab es trotzdem.
Den Bridgestone-Reifen der MotoGP-Piloten erging es genauso, nur auf andere Weise. Da alle Fahrer zwei Bikes haben, konnten sie nach der Hälfte des Rennens die Maschinen tauschen. Die flag-to-flag-Regelung, die einen Motorradwechsel vorsieht, gilt eigentlich für signifikante Wetterveränderungen. Aber warum sollte man warten bis sich das Wetter verändert, wenn man einfach die Regeln ändern kann?
Die fatale Boxenstopp-Regelung
Insgesamt war es ein ausreichendes Heftpflaster für eine üble Wunde. Zweifel an der Sicherheit einer engen Boxengasse auf einer alten Strecke? Die Renndistanz wurde am Samstag von 27 auf 26 Runden reduziert und ein Motorradwechsel wurde zur Rennhälfte vorgeschrieben.
Es gab aber noch weitere Vorschriften: Es durften nur die harten Reifen genutzt werden und der Reifendruck, den das Herstellerhandbuch vorgab, durfte nicht verändert werden.
Am nächsten Tag waren wieder schnelle Reaktionen notwendig als im morgendlichen Warm-up weitere Probleme auftraten, die von Bridgestone ein beschämendes Geständnis verlangten: Die Reifenfirma teilte mit, dass die Sichetrheit der Reifen nur 14 Runden gewährleistet sei. Es tut uns so leid, es war ein Versehen, schien das zu bedeuten.
In Wahrheit hielten sie nur zehn Runden. Daher wurde die Renndistanz nochmals auf 19 Runden verkürzt, während das Moto3-Rennen schon im Gange war. Ein neues Anweisungsblatt besagte, dass der Boxenstopp am Ende der neunten oder zehnten Runde erfolgen muss.
Wie wir nun wissen, machte Márquez und sein Team einen fatalen Fehler – und der WM-Leader wurde disqualifiziert. Offiziell wurde eine falsche Interpretation der Anweisungen als Grund für das Versagen genannt. Inoffizielles Videomaterial zeigt Márquez‘ Teammitglieder jedoch dabei, wie sie verwirrt und wie vom Blitz getroffen reagierten, als er nach Runde 10 weiterpreschte.
Was auch immer der wahre Grund für diesen leichtsinnigen Fehler ist, das Ergebnis war ein Blitzeinschlag in das Feuer unter einer Weltmeisterschaft, die vor nicht einmal einer Stunde noch in trockenen Tüchern schien. Rennsieger Lorenzo kam ohne jegliche Erfolgsaussichten – und ging mit einer echten Chance.
Der Maschinenwechsel war wie immer urkomisch und in Márquez‘ Fall auch noch besonders graziös. Es war natürlich auch ein Rennvorgang, der eine exzellente Technik erforderte: Rossi und Hayden überholten in der Boxengasse je zwei Konkurrenten.
Glücklicherweise blieben alle unverletzt. Doch einige Fahrer machten ihren Unmut deutlich. Bautista beispielsweise bestand darauf, dass er im Training bereits 22 sichere Runden mit dem weicheren Reifen gefahren sei. Die Anfälligkeit für das Durchdrehen ließ den harten Reifen überhitzen. Diese Ansicht teilte auch Rossi. Andere Fahrer genossen es. Für die Fans war es ein Spektakel.
Lektion gelernt?
Nun sage ich Euch, wie die MotoGP-WM daraus lernen kann. Zunächst sollten alle Rennen der Königsklasse flag-to-flag-Rennen sein, bei denen es mindestens einen Maschinenwechsel gibt. Oder sogar zwei und längere Rennen, wie es nur zum Teil bösartig von Rossi vorgeschlagen wurde.
Auf diese Weise käme eine weitere Dimension des Rennfahrens zu Tage. Ein interessantes Wirrwarr in der Mitte des Rennens mit Rundentafeln und purem Entertainment in der Boxengasse. Dies würde zudem Bridgestone davon befreien, langlebige Reifen herzustellen. Außerdem würde das Risiko, dass die Fahrer Highsider erleiden, wenn sie die Reifen aufwärmen, geringer werden.
Es könnte auch das neue Regelwerk der Obrigkeit, das es ihnen erlaubt, Dinge zu erfinden, damit der Laden läuft, um neue potenzielle Verstöße und deren Bestrafungen, erweitern. Das wäre ein handliches Werkzeug für das Management, um die Ergebnisse zu manipulieren. Es wäre vielleicht verleumderisch anzunehmen, dass Márquez extreme Bestrafung für einen eher kleinen Fehler nur dazu diente, die Meisterschaft aufzupeppen. Doch wenn man einen TV-Sport verkauft, ist das keine schlechte Idee.
Das Moto2-Rennen war ebenfalls eine voraussehbare Sache. Ein kämpferischer Sprint mit dem würdigen Sieger Pol Espargaró. Das ist nur eine persönliche Einschätzung, aber ich höre diesen Lärm schon lange und sehe diese armen Topfahrer auf den drahteselähnlichen Bikes, die sich nicht unehrlich fühlen. Ein halbes Rennen ist es aber. Bastelt bloß nicht an der Moto3-Klasse herum, denn das einzige Rennen, das an diesem Tag über die volle Distanz ging, war wie immer brillant. Lektion gelernt.