Valentino Rossi: «Es gibt viele gefährliche Kurven»

Von Günther Wiesinger
Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta und Valentino Rossi

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta und Valentino Rossi

Er kenne auf den GP-Pisten 20 oder 30 Kurven, bei denen der Sturzraum nicht ausreiche, sagt Yamaha-Werkspilot Valentino Rossi. Er ist überzeugt: Bei Saloms Bike war ein technisches Gebrechen im Spiel.

Valentino Rossi hielt sich im Gegensatz zu Jorge Lorenzo aus der Diskussion heraus, ob man einem Weltmeister einen schriftliche Einladung für das Freitag-Meeting der Safety Commission schicken muss, denn diese Sitzung findet seit vielen Jahren bei jedem Grand Prix am Freitag um 17.30 Uhr statt, jeder MotoGP-Fahrer ist herzlich eingeladen, die Teilnahme beruht aber auf Freiwilligkeit.

Klar, nach einem harten Trainingstag sind besonders die Topfahrer stark beschäftigt.

Deshalb wird keiner zum Erscheinen gezwungen.

Aber gerade nach dem Luis-Salom-Unfall am Freitag bestand Gesprächsbedarf. Niemand wollte nach dieser Tragödie zur Tagesordnung übergehen. Selbst die Moto2-Fahrer Danny Kent und Miguel Oliveira marschierten zu Race Director Mike Webb und nahmen dann am Meeting der Safety Commission teil. Nur Jorge Lorenzo mimte im Nachhinein den Beleidigten, weil über seinen Kopf hinweg entschieden wurde.

Aber: Wer von seinem Mitbestimmungsrecht nicht Gebrauch macht, darf sich nachher nicht aufregen.

Übrgens: Sogar über die Möglichkeit einer GP-Absage wurde am Freitagabend ernsthaft beratschlagt.

Aber selbst Eduardo Perales, der SAG-Teamchef von Salom, hatte nichts gegen eine Fortführung des Grand Prix einzuwenden.

Rossi erklärte nach dem Qualifying, er sei am Freitag anderweitig beschäftigt gewesen, deshalb habe er das Meeting des Sicherheits-Komitees geschwänzt.

Aber zumindest machte er im Gegensatz zu Lorenzo nicht Gott und der Welt Vorwürfe. Rossi: «Ich war nicht beim Meeting, aber ich akzeptiere die Entscheidung, auch wenn sie sich für uns Yamaha-Fahrer negativ ausgewirkt hat.»

«Ich denke, dass beim Motorrad von Luis Salom irgendetwas schief gelaufen ist», setzte Rossi fort. «Das war kein normaler Crash. Luis hat leider nicht einmal den Ansatz einer Kurve gemacht, er ist einfach geradeaus gefahren, sehr früh vor diesem Turn 12. Das ist eine gefährliche Stelle, wir wissen das. Vor zwei Jahren hat Antonelli dort nach einem Fehler einen Crash produziert, er ist bis zu den Airfences geflogen. Zum Glück hat er sich nicht verletzt, aber schon damals hat sich gezeigt, dass der Sturzraum nicht ausreicht. Wir haben nachher dort mehr Airfences postiert.»

«Wir müssen uns bewusst sein, dass wir im Laufe der Saison auf vielen Rennstrecken Probleme bekommen, wenn ein Fahrer wegen eines Motorraddefekts an einer ungewöhnlichen Stelle von der Piste donnert. Ich wiederhole: Wir wissen, dass die Kurve 12 hier eine gefährliche Stelle ist, also dort, wo Salom gestürzt ist. Ich wundere mich nur, warum am Freitagabend auch beim neuen Streckenabschnitt bei den Kurven 14, 15 und 16 Änderungen vorgenommen wurden, in einer Kurve, in der noch nie etwas passiert ist. Das ist erstaunlich. Ich kenne den Grund dafür nicht. Aber ich beschwere mich nicht. Ich ging nicht zur Sitzung der Safety Commission, also muss ich mich der Entscheidung fügen. Und morgen werden wir auf dieser neu gestalteten Piste das Rennen bestreiten.»

Die MotoGP-Fahrer probierten die Formel-1-Streckenführung in Barcelona aus, aber sie wurde also langweilig beschrieben, nur Marc Márquez wollte damals diese Bus-Stopp-Schikane befahren, die der flüssigen Catalunya-Piste viel von ihrer Geschmeidigkeit nimmt.

«Ich gebe zu, dass die Run-off-Area im Turn 12 nicht völlig ausreichend ist. Aber ich kann dir, wenn ich kurz nachdenke, mindestens 20 oder 30 Kurven nennen, wo es nicht anders ist. Deshalb habe ich die alte Streckenführung bevorzugt. Wir reden in der Safety Commission seit sechs Jahren über diese Kurve 12. Seither verlangen wir dort eine grössere Auslaufzone. Aber man kann dort nicht ohne weiteres mehr Auslaufzone schaffen, denn es steht die Tribüne im Weg. Ein Umbau wäre sehr teuer... Ich wiederhole: Beim Salom-Crash ist irgendetwas mit dem Bike passiert.»

Samstagmittag hatten Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta und Franco Uncini auf die entsprechende Frage eines Journalisten geantwortet, kein Fahrer habe in Turn 12 jemals ein Kiesbett statt der asphaltierten Auslaufzone verlangt.

Das ist – genau genommen – kein Widerspruch zu den Aussagen von Rossi, der von mehr Sturzraum sprach...

«Wir bemühen uns in der Safety Commission sehr, überall unsere Bedenken anzumelden und die Sicherheit zu erhöhen», schilderte Rossi. «In manchen Kurven besteht die Möglichkeit, mehr Sturzraum zu schaffen. Aber es gibt Stellen, wo kein Umbau möglich ist. Wir haben das Problem zum Beispiel auch in Jerez beim Rausfahren aus der Zielkurve. Mir fallen nicht alle problematischen und neuralgischen Punkte ein. Aber mir kommen in kurzer Zeit mindestens zehn weitere beanstandete Kurven in den Sinn. Turn 4 in Motegi zum Beispiel. Jedes Jahr verlangen wir dort mehr Sturzraum. Aber es passiert nichts. Denn in Motegi steht dort eine Brücke, man kann die Run-Off-Area also nicht zu vernünftigen Kosten vergrössern.»

Rossi weiter: «Leider sind wir gestern von einem dramatischen Vorfall heimgesucht worden. Dadurch sind wir daran erinnert worden, wie gefährlich unser Sport ist, den wir mit so grosser Leidenschaft ausüben. Aber wir können nicht auf allen GP-Pisten für alle Eventualitäten und alle Stürze, die von einem Defekt ausgelöst werden können, Vorsorge treffen. Es gibt viele Stellen auf allen erdenklichen Pisten, wo du nicht genug Platz hast, wenn an deinem Bike irgendetwas Unvorhergesehenes passiert.»

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