Simon Längenfelder (KTM/3): Jetzt kann er es schaffen

Simon Längenfelder nach einem harten Rennen in China
Der China-Grand-Prix am vergangenen Wochenende war wie ein Spiegel der ganzen Saison. Im ersten Lauf musste der Deutsche auf der frisch gewässerten und glatten Strecke etwas Speed und Risiko herausnehmen, um gut durchzukommen. Sein Verfolger, Titelverteidiger Kay de Wolf (Husqvarna), musste natürlich auch in Shanghai voll auf Angriff setzen, denn er kann jetzt nur noch gewinnen und hat wenig zu verlieren.
Das sind komplett andere Ausgangssituationen. Platz 3 im ersten Lauf hinter Kay de Wolf - damit hatte Simon wieder 2 Punkte seines Vorsprungs eingebüßt. Im zweiten Lauf waren die Streckenverhältnisse zwar nicht mehr so rutschig wie in Moto 1, aber dafür hatten sich im MXGP-Rennen sehr tiefe Spurrinnen herausgefahren, die die Strecke jetzt technisch anspruchsvoller machten.
Simon gelang ein guter Start und nachdem er sich gegen Sacha Coenen (KTM) durchgesetzt hatte, konnte er an der Spitze seinen eigenen Rhythmus fahren, während de Wolf von Platz 4 aus eine Menge Arbeit vor sich hatte, um Längenfelder nicht enteilen zu lassen. Der Niederländer musste ans Limit gehen und stürzte. Damit war der Abstand zu Längenfelder an der Spitze zu hoch.
Ähnlich war die Ausgangs-Situation von Andrea Adamo. Vor dem zweiten Lauf hatte er einen Rückstand von 70 Punkten und damit nur noch theoretische Titelchancen. Bei Adamo ging es bei diesem Rückstand nur noch um Einzelergebnisse, denn auch sein dritter Platz in der WM-Tabelle war vor dem zweiten Lauf so gut wie sicher.
Längenfelder führte im zweiten Lauf bis zur letzten Runde. Adamo schloss in der Endphase des Rennens die Lücke und attackierte Simon hart. Längenfelder leistete nur wenig Gegenwehr, denn solange de Wolf hinter ihm blieb, war die Welt in Ordnung. Ein zu hartes Duell gegen Adamo hätte zum Sturz führen können und damit wären Längenfelders Titelambitionen dahin. Natürlich hätte Längenfelder den Grand-Prix gewonnen, wenn ihn Adamo nicht auf den letzten Metern abgefangen hätte, aber mit Blick auf das große Bild war seine Zurückhaltung tatsächlich nur clever.
«Endlich ein guter Start im zweiten Rennen», freute sich der Deutsche. «Damit konnte ich mich von Problemen fernhalten. Als die Strecke technischer war, fühlte ich mich auch ziemlich gut und erst am Ende war Andrea etwas schneller als ich. Trotzdem war es ein gutes Wochenende. Jetzt gehen wir in die letzte Runde und ich habe die Lücke in der Meisterschaft wieder etwas größer gemacht. Man weiß nie, was passieren wird, aber ich werde alles geben. Ich hoffe, es wird dort weniger feucht sein.»
16 Punkte bringt Simon nun nach Australien mit. Das ist vor dem Saisonfinale ein solides Polster, aber zurücklehnen kann er sich nicht. Australien wird stressig, denn der kleinste Fehler wird mit dem Verlust des möglichen WM-Titels bestraft. Er hat jetzt die Chance, nach Paul Friedrichs und Ken Roczen der dritte deutsche Motocross-Weltmeister in der Geschichte zu werden!
Übrigens berichtete SPEEDWEEK.com schon Anfang 2019 über das deutsche Talent Simon Längenfelder, der zu jener Zeit noch in der EMX125 startete und damals medial kaum beachtet wurde.
Ergebnis MX2 Shanghai:
1. Sacha Coenen (B), KTM, 1-3
2. Andrea Adamo (I), KTM, 4-1
3. Simon Längenfelder (D), KTM, 3-2
4. Kay de Wolf (NL), Husqvarna, 2-4
5. Camden McLellan (ZA), Triumph, 7-5
6. Liam Everts (B), Husqvarna, 6-7
7. Guillem Farres (E), Triumph, 8-6
8. Valerio Lata (I), Honda, 5-11
9. Rick Elzinga (NL), Yamaha, 9-8
10. Karlis Reisulis (LT), Yamaha, 10-10
WM-Stand nach 19 von 20 Läufen:
1. Simon Längenfelder (D), KTM, 884 Punkte
2. Kay de Wolf (NL), Husqvarna, 868, (-16)
3. Andrea Adamo (I), KTM, 817, (-67)
4. Sacha Coenen (B), KTM, 756, (-128)
5. Camden McLellan (ZA), Triumph, 612, (-272)
6. Liam Everts (B), Husqvarna, 606, (-278)
7. Thibault Benistant (F), Yamaha, 603, (-281)
8. Guillem Farres (E), Triumph, 461, (-423)
9. Valerio Lata (I), Honda, 447, (-437)
10. Mathis Valin (F), Kawasaki, 434, (-450)