Will Ken Roczen Herlings eine Lektion erteilen?

Schon zu KTM-Zeiten war das Verhältnis zwischen Ken Roczen und Jeffrey Herlings - freundlich formuliert - angespannt.

Sowohl Roczen als auch Herlings sind angetreten, als beste Motocrosser in die Geschichtsbücher einzugehen. Beide sind 'Alphatiere' erster Güte, die neben sich keinerlei Konkurrenz dulden.

Der Holländer erklärte mehrfach, er wolle den Rekord von Stefan Everts (insgesamt 10 WM-Titel) einstellen.

Bisher hat er drei MX2-WM-Titel gewonnen. Fünf hätten es sein können. Aber 'hätte', 'wenn' und 'aber' zählen in diesem Sport nicht.

Roczen seinerseits wollte diesseits und jenseits des Atlantiks Karriere machen, wurde 2011 MX2-Weltmeister - VOR Jeffrey Herlings.

2012 wurde Roczen Mannschaftsweltmeister, 2013 US-SX-Lites-Westküstenmeister, 2014 und 2016 US-Outdoor-Champion.

Außer ihm hat noch nie ein Deutscher eine US-Meisterschaft gewonnen. Nun nimmt Roczen die Supercross-WM in Angriff. Sollte er diese Meisterschaft zu seinen Gunsten entscheiden, hätte er alle wichtigen US-Meisterschaften gewonnen.

Doch ein Titel fehlt: Die MXGP-Weltmeisterschaft. Genau diesen Titel nimmt in diesem Jahr ausgerechnet Jeffrey Herlings in Angriff.

In San Diego kündigte Roczen seine Teilnahme am MXoN an. «Es ist doch ganz einfach: Ich bin in einer guten Position, habe keine Teamwechsel oder andere Hindernisse. Ich wollte eigentlich jedes Jahr an den Nations teilnehmen, aber es kam immer etwas dazwischen. Denn: Wenn ich komme, dann soll es ein hundertprozentiger Einsatz werden. Ich komme, um zu gewinnen und nicht einfach nur, um mitzufahren. Sobald ich gemerkt habe, dass sich mit meinem neuen Team alles gut entwickelt, habe ich meine Teilnahme zugesagt.»

Es könnte aber noch einen weiteren Grund geben: Roczen mag den Kurs von Matterley Basin, wo in diesem Jahr das Motocross der Nationen stattfinden wird. Der Hartbodenkurs in den Wiesen Winchesters zählt aber nicht gerade zu den Lieblingsstrecken von Herlings.

Will Roczen Herlings beim MXoN eine Lektion erteilen?

Herlings seinerseits hat eine alte Rechnung mit Roczen offen: 2011 konnte er den Deutschen nur auf Sandstrecken schlagen. Erst danach war der Holländer 5 Jahre lang eine Klasse für sich - allerdings ohne den in die USA ausgewanderten Roczen.

Roczen und Herlings haben Eines gemeinsam: Die Überzeugung, der absolut Beste zu sein. Wenn Roczen schon in diesem Jahr die Supercross-WM gewinnt, hat er seine US-Mission erfüllt.

Mit einem MXGP-Titel macht er sich aber unsterblich.

Größen wie Ryan Villopoto sind an diesem Projekt gescheitert.

Das MXoN von Matterley Basin könnte ein erster Testballon für Roczen werden. Roczen gegen Herlings, Gajser und Febvre - das wäre Motocross auf dem nächsten Level.

Das Interview mit Ken Roczen in San Diego in voller Länge: