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USA gegen WM mit Ken Roczen (Honda): Verhältnisse sind geklärt

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Das große Duell zwischen den US-Stars und den WM-Fahrern fand in RedBud nicht statt, weil die Amerikaner zu keinem Zeitpunkt konkurrenzfähig waren. Die Schere zwischen Supercross und Motocross geht weiter auseinander.

Im Vorfeld des Motocross der Nationen wurde viel über das Duell zwischen US-Champion Eli Tomac (Kawasaki) und Weltmeister Jeffrey Herlings (KTM) debattiert. Barcia gegen Cairoli, Roczen gegen Herlings, Prado gegen Plessinger usw. Aber zu keinem dieser Duelle ist es beim Motocross der Nationen in RedBud gekommen. Sie fanden schon deshalb nicht statt, weil sich Herlings und Tomac auf der Strecke schlicht und ergreifend nicht begegnet sind.

Die USA haben seit 2011, nachdem sie eine Serie von 7 Siegen in Folge hingelegt haben, keinen Sieg beim Motocross der Nationen geschafft. Auf amerikanischem Boden hat Team 'stars and stripes' in RedBud zum ersten Mal in der Geschichte ihren so sehnlich erhofften Triumph verfehlt.

Im ersten Rennen (MXGP&MX2) nahm Sieger Herlings dem Vierten, US-Champion Eli Tomac, 1:12 Minuten ab. Das ist in RedBud mehr als eine halbe Runde. Noch extremer ging das MX2-Spitzenduell Prado gegen Plessinger aus. Der Amerikaner stürzte zwar im ersten Lauf und wurde auf Rang 18 überrundet, aber seine beste Rundenzeit war 6 (!) Sekunden langsamer als die von Prado.

Der amerikanische Yamaha-Werksfahrer Justin Barcia verlor im zweiten Rennen in der OPEN-Klasse auf Rang 9 ebenfalls knapp eine Minute auf Sieger Glenn Coldenhoff (KTM). Barcias beste Rundenzeit war 3,7 Sekunden langsamer als die des Niederländers. Der amtierende US-Champion Plessinger kam auf Rang 16 satte 1:38 Min später ins Ziel als MX2-Weltmeister Prado auf Rang 3. Diesmal war seine beste Runde 'nur' 4 Sekunden langsamer als die von Prado.

Zum Vergleich: Nagls Rundenzeiten waren in Race 2 genau 2,3 Sekunden schwächer als die von Coldenhoff. Im dritten Lauf war der deutsche TM-Werksfahrer 1,9 Sekunden pro Runde langsamer als der Sieger.

Was sich schon in den letzten Jahren andeutete, ist in RedBud zur Gewissheit geworden: Das sportliche Niveau der WM hat die AMA-Nationals längst übertroffen. Das zeigen die Ergebnisse der Amerikaner der letzten MXoN deutlich. Der kurze Exkurs von Jeffrey Herlings in die USA, wo er 2017 die gesamte US-Elite in Grund und Boden fuhr, war ein weiteres Indiz. Ryan Villopoto hat sich 2015 erfolglos in der WM versucht.

Umgekehrt wechselte Zach Osborne aus der WM in die USA, wo er 2017 sowohl die Motocross- als auch die Supercrossmeisterschaft gewann.

Es wird spannend zu beobachten, wie sich Thomas Covington und Hunter Lawrence, die nächstes Jahr aus der WM in die USA wechseln, in Amerika behaupten werden.

WM-Fahrer aus der zweiten Reihe, wie Jeremy van Horebeek, die in der WM kaum noch ein Team finden, wären im US-Motocross auf Anhieb voll konkurrenzfähig mit Siegpotenzial. Van Horebeek distanzierte in RedBud seinen US-Konkurrenten Barcia in beiden OPEN-Rennen klar.

Zudem werden von den US-Teams gute Gagen gezahlt. Der Grund, weshalb diese Wechsel jedoch nur sehr selten stattfinden, liegt in der Bedeutung von Supercross und Motocross in den USA. Dort ist der Fokus eindeutig im Bereich Supercross. Hier werden die großen Stadien mit bis zu 70.000 Zuschauern gefüllt. Der Sport wird über eine gute TV-Präsenz professionell vermarktet. Motocross spielt in den USA beim Geldverdienen nur eine Nebenrolle. Wer also in die USA geht, sollte in erster Linie Supercrosser sein. Und das sind die WM-Piloten meistens nicht. Eine Ausnahme ist möglicherweise Tim Gajser. Nachdem er sich aber in Slowenien ein eigenes Haus gekauft hat, erscheint sein früher einmal angedachter Wechsel inzwischen ebenfalls in weite Ferne gerückt zu sein.

Die beiden Rivalen, Ken Roczen und Jeffrey Herlings, sind einmal angetreten, der beste Motocrosser des Planeten zu werden. Herlings hat inzwischen mehrfach klargestellt, dass die Besten ausschließlich in der Weltmeisterschaft zu finden sind.

Roczen will in seiner Karriere unbedingt noch die Supercross-WM gewinnen, den wichtigen Titel, der ihm in seiner Karriere noch fehlt. Darauf richtet sich sein Fokus, sein Trainingsprogramm und sein ganzes Leben. Diesen Aspekt sollte man übrigens bei der Einordnung seiner für manche etwas enttäuschenden Leistung in RedBud berücksichtigen. Zusätzlich haderte er in RedBud mit seinem Fahrwerk.

Hoffentlich gewinnt Roczen im kommenden Jahr die Supercross-WM. Dann könnte er sich neuen Herausforderungen stellen - vielleicht auch wieder im Motocross. Ich weiß, der Wunsch ist Vater des Gedankens: Aber eine Rückkehr von Roczen in die WM, auch wenn sie im Moment noch so unwahrscheinlich erscheint, wäre ein wirklicher Gewinn für Roczen und die WM. Und ein MXGP-Titel wäre bei dem in RedBud eindrucksvoll demonstrierten Level der WM vielleicht doch noch ein lohnendes Ziel für den ehrgeizigen Deutschen, mit dem er nochmals ein Stück Geschichte schreiben könnte.

Roczen würde etwas erreichen, was weder Legenden wie Ricky Carmichael, James Stewart, Ryan Villopoto noch Champions wie Stefan Everts in ihrer Karriere je geschafft haben. Roczen würde sich unsterblich machen.

Aber zunächst müssen wir abwarten, was die im Januar beginnende Supercross-WM für den Deutschen bringt. Danach werden die Karten ohnehin neu gemischt, denn Roczens Honda-Vertrag endet nach der nächsten Saison.

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