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Zum 80. Geburtstag von Kultautor Herbert Völker

Kolumne von Rainer Braun
​Der Österreicher Herbert Völker ist 80 Jahre alt. Ein Geburtstagsbrief an einen Kollegen und Freund, der stets Vorbild war und dessen Schreibstil als einmalig gilt.

Lieber Herbert,
am 30. September 2023 feierst du deinen 80. Geburtstag. Ich finde, das ist ein guter Anlass, um nochmal zurückzublicken auf dein Engagement als Autor an der Rallye-WM-Front und gemeinsame Erlebnisse.

Aber zu allererst diese Feststellung – du hast es einfach wunderbar verstanden, deine Leser mit deinem Schreibstil zu fesseln. Dafür lieben dich alle, die deine herrlichen Rallyegeschichten verschlungen und deine rund 15 Büchern genossen haben. Das alles mit Schwerpunkt ab den späten 1960er-Jahren bis etwa 2010.

Ich erinnere mich noch gut an dein erstes Buch 1970 mit dem Titel «Das heiße Lenkrad». Danach folgten beispielsweise «Das Jahr der blauen Reiter» (1973) über die sagenhafte Alpine-Ära, «Die Tricks der wilden Truppe» (1974), «Das große Buch vom Rallyesport» (1979) bis hin zu deinem letzten Werk «Jochen Rindt – der erste Popstar der Formel 1» im Jahr 2009. Alles Bestseller. Welcher Autor kann das schon für sich in Anspruch nehmen?

Als ich 1969 die Leitung der Sportressorts in der gerade neu gegründeten Redaktion der «Auto Zeitung» in Köln übernahm, galt eine meiner ersten Amtshandlungen der Verpflichtung der drei großen österreichischen Motorsport-Autoren – Herbert Völker für die Rallye-WM, Helmut Zwickl und Heinz Prüller wechselweise für die Formel 1.

Und dann kam jener Montag, an dem mal wieder eine deiner aktuellen Rallye-Geschichten auf dem Tisch lag, ich glaube, es war die RAC in England. Der eben grad neu eingestellte Textchef rief mich zu sich, um mir zu erklären, «dass der Bericht von diesem Österreicher so nicht ins Heft kommt und umgeschrieben werden muss, weil Formulierung und Stil nicht dem Verständnis unserer Leser entsprechen».

Daraufhin habe ich den Mann aufgeklärt, dass dies eben «ein echter Völker» ist und der so ins Blatt kommt wie angeliefert. «Da wird kein Wort geändert», habe ich damals gesagt, «andernfalls trete ich als Sportchef sofort zurück»

Erst als sich unser Chefredakteur einschaltete und den Textchef über den Stellenwert eines Herbert Völker aufklärte und verfügte, dass an dem gelieferten Beitrag kein einziges Wort geändert wird, war die Kuh vom Eis.

In einem Völker-Text rumzuredigieren, so klärten wir den unwissenden Kollegen seinerzeit auf, ist so als wenn du aus einem guten Krimi die spannendste Sequenz und die Auflösung rausschneidest. Einen Völker zu verändern, galt stets als absolutes No-Go. Wer es trotzdem gewagt hat, den hast du mit tiefer Verachtung und dem Ende der Zusammenarbeit abgestraft.

Wie so viele meiner Kollegen habe ich dich immer ob deines lockeren, unterhaltsamen Schreibstils bewundert. Und so manch einer hat sogar versucht, dich zu kopieren – doch wirklich geschafft hat’s keiner. Einen Völker kann man nicht kopieren, nur genießen.

Nicht umsonst hat dich der Orac-Verlag in Wien schon 1967 auf den Chefredakteurs-Stuhl der in Österreich führenden «Auto Revue» gesetzt – vergleichbar etwa mit dem Pendant «auto motor und sport» in Deutschland, dem kleinen Österreich entsprechend nur in geringerer Auflage.

Den Job hättest du sicher nicht gut 30 Jahre lang gemacht, wenn du die Position nicht perfekt ausgefüllt hättest. «Ich liebe die Auto Revue noch immer und wünsche ihr allen Print-Magazinen das Überleben in unserer Zeit» – das hast du erst kürzlich noch zu diesem Thema gesagt.

Vielleicht magst du dich mit einem Grinsen auch noch daran erinnern, dass wir auch schon mal einen ganz wichtigen Job gemeinsam erledigt haben. Das war im August 1972, als wir beide für die Pressebetreuung das legendären Mammut-Event «Olympia-Rallye» mit Start in Lübeck und Ziel in München verantwortlich waren. Fast eine Woche lang Vollgas pur quer durch Deutschland – das ging damals ja noch alles ohne großes Geschrei von Bedenkenträgern.

Der Veranstalter hatte mit dir sowieso die bestmögliche Wahl getroffen, mit meiner Verpflichtung allerdings auch viel Mut bewiesen. Denn ich war ja nun mal mehr Rennsport- als Rallye-Experte. Aber unsere Zusammenarbeit hat wunderbar geklappt, du warst als Informant unterwegs auf der Strecke und hast mich über alles aktuell informiert, während ich im Pressebüro in München saß und deine Infos als offizielle Presse-Mitteilungen für die Kollegen verarbeitet habe. Dass du mir dabei ein dickes Ei gelegt hast, sei hier auch noch mal schnell in Erinnerung gebracht.

Denn den damals noch als Frischling gestarteten Walter Röhrl hast du nach seiner Bestzeit, ich glaube, es war gleich die erste Sonderprüfung «Mölln», als Fehler der Zeitnahme aussortiert. Weil es nach deinem Verständnis nicht sein konnte, dass da ein Capri RS-Neuling aus Bayern mal eben das gesamte Star-Ensemble von Ford, Alpine und BMW mit den Werkspiloten Mikkola, Darniche, Nicolas oder Warmbold rasiert.

Nachdem ich bereits ein Resultat ohne deine gestrichene Röhrl-Bestzeit rausgegeben hatte und Röhrl auch im weiteren Verlauf immer öfter in der Spitzengruppe auftauchte, hast du hastig den Langen wieder re-installiert, und ich durfte dann das falsche Ergebnis wieder geradebiegen. Das Schlimmste aber war, dass der gute Walter R. lange geglaubt hat, ich hätte ihn aus dem Ergebnis gestrichen …

Mit dem aktuellen Rallyesport hast du längst nichts mehr tun. Dennoch bleiben jene Jahre unvergessen, in denen du mit der Weltelite rund um den Globus gezogen bist und deine packenden Background-Geschichten abgeliefert hast. Heute guckst du dir die weltbesten Drift-Spezialisten der Rallye-WM immer noch gerne am Fernseher an.

Bei unserem Telefonat vor einigen Tagen hast du mir gesagt, dass dich als TV-Zuschauer heute besonders die detailgenauen technischen Möglichkeiten von den Prüfungen und aus dem Cockpit faszinieren. Dazu fällt mir ein, dass du dir diese Faszination vor 50 Jahren noch selbst aus erster Hand geholt hast, indem du bei den damaligen Stars zwischendurch mal mutig als Beifahrer bei Testfahrten auf dem heißen Sitz Platz genommen hast.

Leider sind wir uns in den letzten Jahren nur noch selten begegnet, zuletzt im August 2022 beim der Jubiläums-Revival «50 Jahre Olympia Rallye» in der Kölner Motorworld. Von dort habe ich dich als einen in sich ruhenden, zufriedenen Menschen in Erinnerung, der mit sich und der Welt im Reinen ist. Deinen geliebten Rotwein hast du inzwischen durch «weiß, trocken und leicht» ersetzt und fühlst dich ansonsten als «überzeugter Genießer des Wiener Innenstadtlebens, wie ein ganz normaler Pensionär».

Das möge bitte auch noch lange so bleiben. Und wer in Wien nur 50 Meter vom Stephansdom entfernt wohnt und lebt, der kann sich über seine Alters-Location sowieso nicht beklagen.

Lieber Herbert, ich gratuliere auch im Namen all deiner Fans und wünsche dir noch viele Jahre mit stabiler Gesundheit und begleitet von Zufriedenheit. Und danke für die aufregenden Jahre, in denen wir alle deine Geschichten von den großen Rallyes dieser Welt genießen konnten.

Und noch was zum Schluss – ich habe verdammt viel von dir gelernt. So was vergisst man nicht.

Herzlichst und mit allen guten Wünschen

Dein alter Weggefährte Rainer

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