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MotoGP-Chance: Stefan Bradl muss Hayden zerstören

Von Ivo Schützbach
Nicky Hayden und Stefan Bradl (v.l.) – der Teamkollege ist der erste Gegner

Nicky Hayden und Stefan Bradl (v.l.) – der Teamkollege ist der erste Gegner

2017 fährt Stefan Bradl (Red Bull Honda) seine erste Saison in der Superbike-WM. Mit 27 Jahren hat der Bayer Chancen, in die Premium-Klasse MotoGP zurückzukehren. Was er dafür leisten muss.

Mit 48 Top-10-Plätzen ist Stefan Bradl der erfolgreichste deutsche MotoGP-Pilot, er war außerdem Moto2-Weltmeister. Trotzdem fand er für 2017 keinen Platz in der Königsklasse und wechselte in die seriennahe Superbike-Weltmeisterschaft. Dort unterschrieb er einen Vertrag mit Honda Europa, dank der neuen CBR1000RR Fireblade und dem neuen Hauptsponsor Red Bull stehen die Chancen des weltgrößten Motorradherstellers auf Erfolg in diesem Jahr gut wie länger nicht mehr.

Bislang schaffte es kaum ein Pilot, der aus der MotoGP- in die Superbike-WM gewechselt hat, wieder zurück – dieser Weg gilt als Einbahnstraße. Bradls Vorteil gegenüber vielen anderen: Er ist erst 27 Jahre alt.

Was der Bayer leisten müsste, damit er bei Honda wieder für einen MotoGP-Platz interessant wird, verriet Superbike-Teammanager Ronald ten Kate im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Ronald, bevor ihr einen neuen Fahrer unter Vertrag nehmt: Wie detailliert beschäftigt ihr euch mit ihm?

Sehr detailliert. Zuerst erstellen wir eine Liste mit Fahrern, das sind erst mal nur Namen für uns. Diese stellen wir Honda Japan vor. Dann kommt eine Liste zurück, von diesen Fahrern erstellen wir Profile mit ihrem Alter, dem Karriereverlauf, den Rennen und Ergebnissen des Vorjahres und des laufenden Jahres.

Dann evaluieren wir, ob sie so gut sind, weil sie in einem guten Team sind, oder ob sie ihr Potenzial wegen des vorhandenen Materials nicht ausschöpfen können.

Nach diesem Prozess stehen in der Regel nur noch zwei oder drei Fahrer auf der Liste, so war es auch letztes Jahr. Es ist aber immer so, dass du eine Nummer 1 auf der Liste hast.

Bradl war immer eure Nummer 1?

Er war immer in der Spitzengruppe. Nach dem Profiling war er unsere Nummer 1.

Du bist also überzeugt davon, dass er in MotoGP mit einem besseren Motorrad und Team die letzten zwei Jahre deutlich bessere Ergebnisse eingefahren hätte?

In Moto2 war er Weltmeister, das war in keiner Weise ein Geschenk. Zu Beginn seiner MotoGP-Karriere saß er auf einem guten Motorrad und war auf Anhieb bei den Leuten. Er fuhr einmal auf Pole, er war vorne dabei.

Dann verlor er aus verschiedenen Gründen das gute Motorrad. Forward war ein kleines Desaster für ihn, dann landete er bei Aprilia.

Ganz klar ist, dass er auf sehr hohem Level fuhr. Dass dies zuletzt nicht mehr so war, lag mehr an der Qualität des Materials als an der Qualität des Fahrers.

Prophezeist du ihm eine erfolgreiche Zukunft in der Superbike-WM? Im Gegensatz zu allen guten MotoGP-Fahrern vor ihm, die zu den Superbikes kamen, ist er jung, erst 27.

Biaggi, Checa, Melandri, Hayden, Guintoli – sie alle waren auf Anhieb schnell und haben Rennen gewonnen. Bei einigen hat es etwas länger gedauert, sie haben sich aber alle gut geschlagen.

Der Unterschied von diesen Fahrern zu Stefan: Sie waren oder sind alle im Herbst ihrer Karriere.

Stefan Bradl hatte die letzten Jahre nicht die Möglichkeit zu erstrahlen und zu wachsen. Er kann sich als Fahrer noch entwickeln. Stefan hat den Grundspeed, den alle aus MotoGP haben. Doch er wird nicht nur das Motorrad, die Meisterschaft und die Strecken lernen, bei ihm kann es klick machen – und es geht weiter nach vorne.

Kannst du dir vorstellen, dass Honda einen Fahrer aus der Superbike- in die MotoGP-WM transferiert? Sie zeigten Interesse an Jonathan Rea und Michael van der Mark, als sie viele Jahre für Honda fuhren, aber es geschah nie.

Rea hatte seine Chance, er nützte sie nicht.

Für Michael van der Mark war nach der letzten Saison ein MotoGP-Test angesetzt, aber er wechselte den Hersteller.

Jeder hackt auf Honda herum, dass sie den Superbike-Piloten keine Chance geben, aber das stimmt nicht. Sie suchen immer nach schnellen Fahrern.

Hayden braucht Honda nicht nach einer Vollzeit-Rückkehr in MotoGP fragen.

Aber wenn Bradl bei den Superbikes herausragende Leistungen zeigt... Er muss aber wirklich herausragend sein, um für einen MotoGP-Platz in Frage zu kommen. Da musst du etwas zeigen, wie Ben Spies 2009.

Oder wie Jonathan Rea die letzten zwei Jahre?

Nein, Tom Sykes ist zu nahe an ihm dran.

Spies hat seinen Teamkollegen damals zerstört – das war Tom Sykes. So muss man das machen, das ist herausragend, so empfiehlt man sich.

Honda weiß, wie die MotoGP-Welt funktioniert, sie leben in ihrer eigenen Welt. Deshalb schauen sie sich auch nur Fahrer aus einem sehr kleinen Fenster an. In MotoGP treffen sie ständig alle Manager der Fahrer aus dem eigenen Paddock. Deshalb muss man etwas Herausragendes leisten, damit man in Nachbars Garten beachtet wird. Siegen alleine reicht nicht, man muss weit vor dem Teamkollegen liegen.

Bradl muss also Hayden zerstören?

Das habe ich so nicht gesagt, das ist auch nicht, was ich verlange. Dass er schnell sein wird, daran habe ich keine Zweifel. Sollte Stefan aber viel schneller als Hayden sein, dann wird das den Leuten die Augen öffnen. Dann fangen sie zu überlegen an. Dann stellen sie sich vor, was Bradl leisten könnte, wenn Hayden in MotoGP auf siebte Plätze fährt. Dafür muss Bradl aber eine halbe Sekunde schneller sein.

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