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Rennsport mit Serienmotorrädern: Ducati dominiert

Von Rolf Lüthi
Raymond Roche 1990 auf der Ducati 851

Raymond Roche 1990 auf der Ducati 851

Ducati dominiert mit der Panigale V4R und der Panigale V2 die auf Serienmaschinen basierende Superbike- und Supersport-Weltmeisterschaft. Wie wichtig ist der seriennahe Motorsport für Verkaufserfolge?

Am Rennwochenende in Portimão/Portugal sicherte sich Ducati beide diesjährigen Titel 2023 der Konstrukteure sowohl in der Supersport- als auch der Superbike-WM. Am selben Wochenende gewann Nicolò Bulega in der Supersport-Klasse die Fahrerweltmeisterschaft auf Ducati Panigale V2, während Álvaro Bautista bei den Superbikes seinen Vorsprung auf 60 Punkte ausbaute und seinen bereits 56. Rennsieg mit der Ducati Panigale V4R holte. Ducati setzt die Panigale V4R seit 2019 in der Superbike-WM ein, mit der Panigale V2 ist der italienische Hersteller seit 2022 in der Supersport-WM am Start.

Angesichts dieser Erfolge ist klar, dass Ducati die Wichtigkeit des Rennsports mit Serienmaschinen für die Entwicklung und Verbesserung der Serienmotorräder betont und suggeriert, dass es kaum Unterschiede gäbe zwischen den erfolgreichen Rennmotorrädern und den Ducatis, die jedermann beim Händler kaufen kann.

In der Superbike-WM, die seit 1988 ausgefahren wird, hat Ducati 19 Mal die Konstrukteurs-WM gewonnen, alle anderen teilnehmenden Marken zusammen die restlichen 17 Konstrukteurs-Titel. Als die Superbike-WM eingeführt wurde, gewährte man den Maschinen mit Zweizylindermotor einen Hubraumvorteil. Die japanischen Hersteller traten mit 750er-Vierzylindermaschinen gegen die vermeintlich chancenlosen Zweizylinder an, die mit 1000 ccm die WM akustisch bereichern sollten.

Es kam bekanntlich anders: Ducati entwickelte konkurrenzfähige bis zeitweise überlegene Motorräder mit V2-Motoren, beginnend 1988 mit der 851, mit welcher der Franzose Raymond Roche 1990 den ersten Weltmeistertitel für Ducati in der Superbike-Kategorie bescherte. Die Superbike-WM verkam in den Folgejahren zeitweise zum Ducati-Cup, was sich nicht wesentlich änderte, als ab 2003 auch die Vierzylinder-Motorräder mit 1000 ccm antreten durften.

Ab 2008 wurden den V2-Maschinen mehr Hubraum zugestanden (1200er-Twins gegen 1000er-Vierzylinder), was Ducati jedoch nur kurzzeitig einen Vorteil verschaffte. Ab 2015 begann die sechs Jahre andauernde Siegesserie von Jonathan Rea auf Kawasaki ZX-10RR. Längst war Ducati mit einem V4-Motor in die MotoGP-WM eingestiegen, doch erst 2018 rang man sich in Bologna dazu durch, den V2-Motor aufzugeben, um stattdessen ein völlig neues, käufliches Sportmotorrad mit V4-Motor zu entwickeln – die Panigale V4. Logisch, dass man damit ab 2019 auch die Superbike-WM bestritt. Weil das Massenmodell, die V4S, über 1103 ccm verfügte und somit nicht homologationsfähig war, baute man die für die Superbike-WM optimierte V4R, die das Reglement auch beim Kaufpreis ausreizte. Nach einer Durststrecke von zehn Jahren gewann Álvaro Bautista 2022 auf der V4R für Ducati endlich wieder die Superbike-WM.

2012 wurde Ducati von Audi (vom Volkswagen-Konzern) übernommen. Gleichzeitig wurden die letzten angeblich unverzichtbaren Merkmale sportlicher Ducati aufgegeben: Die rasselnden, rupfenden Trockenkupplungen, die nur kräftige Handwerkerpranken bedienen konnten, verschwanden genauso wie die aufwendig herzustellenden Gitterrohrrahmen. Mit dem Wechsel vom V2 auf den V4 ab 2018 wurde von Traditionalisten und Branchenkennern der Untergang der Marke prophezeit. Dieser war aber auch schon ausgeblieben, als Ducati auf die charakterbildenden, schwergängigen und zickigen Rundschiebervergaser oder die mahlenden Königswellen-Ventiltriebe verzichtete und in die Segmente der Cruiser und der Reise-Enduros expandiert hatte. Als Alleinstellungsmerkmal aus den 1970er-Jahren ist bislang einzig die desmodromische Ventilsteuerung geblieben, und auch diese nicht durchgängig auf allen Modellen. Zwar gibt es Ducati-Traditionalisten, denen die aktuellen Modelle widerstreben, doch diese sind klar in der Minderheit.

Vor der zehnjährigen Durststrecke gewann Carlos Checa die Superbike-Weltmeisterschaft im Jahr 2011 auf der 1089R. Im selben Jahr verkaufte Ducati 42.200 Motorräder. 2022 waren es deren 61.562 – eine Steigerung um 46 Prozent! 2023 wird ein weiteres Rekordjahr erwartet. In den 1970er-Jahren, als die ikonischen Modelle mit Königswellen-V2 gebaut wurden, verkaufte Ducati um die 5000 Motorräder jährlich und stand wegen aus dem Ruder laufenden Kosten zeitweise unter staatlicher Verwaltung.

Kommerziell ging es in den Jahren auch ohne Superbike-Titel stetig bergauf. Immerhin wurde Casey Stoner 2007 MotoGP-Weltmeister auf Ducati, 2022 gelang gleiches Franceso Bagnaia. Das könnte zur Ansicht verleiten, dass Erfolge im Rennsport nicht unabdingbar sind für den wirtschaftlichen Erfolg eines Motorradherstellers mit sportlichem Image, obwohl Ducati nach den Erfolgen dieses Jahres erneut die Wichtigkeit des Rennsports betont. «Bei Ducati und Ducati Corse können wir auf hervorragende Techniker zählen, die mit ihrem Engagement die Bezeichnung «Made in Italy» ganz oben in den Ranglisten der Rennen mit seriennahen Motorrädern halten», sagt dazu Claudio Domenicali, CEO von Ducati. «Dank des Wissenstransfers vom Rennsport in die Serienproduktion können wir unseren Enthusiasten das Beste bezüglich Technologie und Emotion bieten.»

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