KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Josef Angermüller starb heute vor 45 Jahren

Von Christian Kalabis
Josef Angermüller: Seinen Namen kennt man noch heute

Josef Angermüller: Seinen Namen kennt man noch heute

Der bayerische Speedway-Fahrer Josef Angermüller war eine schillernde Figur seiner Zeit. Bei einem WM-Qualifikationsrennen in Italien stürzte er tödlich. Erinnerungen von Christian Kalabis.

Es war noch nicht die Zeit der Handys, so erfuhren wir erst Stunden später telefonisch vom Tod Josef Angermüllers und keiner konnte diese Nachricht glauben. Der Sepp, wie sie ihn nannten, war bei einem Überholmanöver wohl auf eine glatte Stelle geraten, sein Motorrad hatte den Griff verloren und er wurde rückwärts in die betonharte Schutzwand geschleudert. Die Verletzungen wurden anfangs als nicht so schwerwiegend diagnostiziert, die Organisatoren wollten ihm am Abend sogar den Pokal des Pechvogels des Tages überreichen. Da kam die schreckliche Nachricht aus dem Krankenhaus. Die genaue Todesursache wurde nie geklärt, weil seine Mutter keine Obduktion wünschte. Vier Tage später nahmen fast 2000 Trauernde Abschied von dem wohl beliebtesten Rennfahrer der frühen 1970er-Jahre.

1968 hatte in Eggenfelden die schillernde Rennfahrer-Karriere des Josef Angermüller aus einem 180-Seelen-Nest bei Wolnzach begonnen, der auszog, die bunte Welt des Speedway-Sports zu beleben. Zuerst fuhr er auf den Sand- und Grasbahnen seiner näheren Heimat, später auch in Hessen, und dann sogar in Norddeutschland, was damals noch keine Selbstverständlichkeit war. Man blieb meist unter sich.

Doch seine große Liebe wurde der Speedway-Sport, wohl durch die einzigartige Karriere (viermal Weltfinale im legendären Londoner Wembley-Stadion) des Josef «Wack» Hofmeister beeinflusst, der in seiner näheren Gegend Abensberg beheimatet war, und der ihm auch beim Vorbereiten (Tuning war damals noch ein Fremdwort) der Rennmotorräder half.

Ein anderer Motivator war wohl Otto Weiss, der später Weltmeister-Tuner vieler internationaler Fahrer wurde, wie Jan O. Pedersen (Dänemark) oder Leigh Adams (Australien). Und nicht zuletzt Manfred Poschenrieder, die deutsche Sandbahn-Legende, die ihn wie in einer Vater-Sohn-Position förderte.

So war es nicht verwunderlich, dass Angermüller schon bald in der neuen Speedway-Liga (Städtekämpfe) tonangebend war, für Olching und Ruhpolding. Dort sah er bei einem internationalen Meeting Weltmeister Ivan Mauger (Neuseeland) und auch Graham Miles (England), die so überlegen fuhren, dass er sich spontan entschied: Das will ich auch werden – Speedway-Profi in England.

Seinen Wunsch erzählten wir dem damals dreifachen Weltmeister Ivan Mauger, der schon einen Tag später uns anrief: Er kann nach Reading (südwestlich von London) kommen. So begann eine Karriere, die den «Beatle» (wegen seiner lockigen Haarpracht) zum populärsten deutschen Bahnrennfahrer dieser Zeit machte. Nur Egon Müller übertraf ihn ein paar Jahre später.

Leute, darunter viele Mädchen, pilgerten wegen ihm Sonntag für Sonntag zu den vielen Rennbahnen in seiner Heimat, um von ihm ein Autogramm zu bekommen und ihm im Gegenzug ihre Telefonnummer preiszugeben. So entstand ein winzig kleines Büchlein, das ihn oft veranlasste, an Autobahnausfahrten die nächste Telefonzelle anzusteuern...

Josef Angermüller hat nie einen großen Titel gewonnen. Beste Platzierung: Dritter bei der Deutschen Langbahnmeisterschaft 1974 in Pfarrkirchen, bei der Gerhard Kamm aus Buxtehude sein Leben verlor. Aber sein einzigartiges Charisma, durch den Unfalltod noch verstärkt, hat ihn bis heute unvergessen im deutschen Bahnsport werden lassen.

«Seppi war der typische Wilderer», erinnerte sich Egon Müller im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Das Leben auf der Rennbahn mit den Mädels, er war immer auf der Pirsch. Ich hatte in meinem Terminbuch Rennen und Disco-Auftritte drin, bei ihm stand am Montag Diana drin, am Dienstag Gaby und am Mittwoch Monika. Er hatte was. Wenn er wohin kam, ging ein Raunen durch die Menschenmenge. Seppi war eines der größten Talente, die wir je hatten. Wäre er nicht so jämmerlich früh ausgeschieden, hätte er eine große Zukunft vor sich gehabt. Er wollte sportlichen Erfolg haben, aber das richtige Leben war für ihn eben auch sehr wichtig.»


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