Vom Helden zum Deppen
Smolinski nahm die Bürde auf sich
Man fühlt sich an die Komödie «Und täglich grüsst das Murmeltier» erinnert, in der Bill Murray albtraumhaft immer und immer wieder den gleichen Tag erlebt.
Von Unfähigkeit der deutschen Piloten zu reden wäre zu einfach. Sie konnten es an diesem Tag nicht besser, das Sturzpech von Richard Speiser trug sicher dazu bei.
Und ein Stechen gegen Matej Zagar zu verlieren, ist keine Schande. Da ist es auch egal, welchen der Deutschen man ins Oval schickt. Dass Martin Smolinski diese Bürde auf sich nahm, unterstreicht, warum er der deutsche Kapitän ist. Hätte er den Run-off gewonnen, wäre er jetzt der Held. So ist er der Depp. Das ist wie mit dem Torwart im Elfmeterschiessen beim Fussball.
Dass Deutschland wieder ausgeschieden ist, unterstreicht letztlich nur, wo wir international mit unseren Speedwayfahrern stehen: Deutschland ist drittklassig! Unabhängig davon, ob wir ein Stechen um den Sieg verlieren oder mit 30 Punkten Rückstand ausscheiden.
In der ersten Liga fahren Dänemark, Schweden, Polen und Australien. In der zweiten die Briten, Tschechen und Russen. Dann kommen Slowenien, Lettland, Finnland, Deutschland und die USA.
Doch wenn man gegen Slowenien, die nur Zagar als abgetakelten GP-Fahrer in ihren Reihen haben, nicht bestehen kann, was will man dann in Peterborough? Dort sind mit Grossbritannien, Australien und Polen völlig andere Kaliber am Start. Und sind wir froh, dass Matej Ferjan nicht mehr für Slowenien fährt, sonst wäre es Deutschland gegen Slowenien womöglich noch schlimmer ergangen.
Schmerzlich wurde uns in Terenzano bewusst: Wir haben nicht einmal einen Zagar. Geschweige denn einen Egon Müller. Oder einen Karl Maier, Gerd Riss oder Georg Hack, die es allesamt bis ins WM-Finale und damit die Top-16 der Welt schafften.
Doch was machen unsere Piloten falsch? Die Gründe sind vielschichtig und würden zehn weitere Kommentare erfordern. Zwei Zitate von ehemaligen Speedway-Stars sind sicher nicht falsch: «Den Bengeln geht’s zu gut» und «Sie leben nicht für den Sport.»
Den Kopf jetzt hängen zu lassen, ist keine Lösung. Stattdessen muss konsequent weitergearbeitet werden. Die Rufe nach einem Rücktritt von National-Coach René Schäfer sind absurd. Wir sind schliesslich nicht im Fussball, wo der Trainer für die Fehler der Fahrer geradestehen muss.
Eines ist sicher: Wollen unsere besten Jungs Profis sein und im internationalen Business mitmischen, dann müssen sie auch sich selbst alles abverlangen. Ob sie das tun, wissen sie selbst am Besten.