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Vor 40 Jahren: Neue Ära und neue Porsche-Siegesserie

Von Gerhard Kuntschik
Ein Porsche 956 bei den 24h Le Mans 1982

Ein Porsche 956 bei den 24h Le Mans 1982

Die Ära der Gruppe C hat einen ganz besonderen Stellenwert in der Sportwagen-Welt. Porsche war von Anfang an mit dabei und brachte 1982 den 956. Porsche-Legenden blicken zurück auf die so spezielle Zeit.

Eine Geburtstagsfeier wird zum Legendentreffen. Porsche lud ins Werk Leipzig und auf dessen großzügige Strecke, die fürwahr ein «Driving Experience» bietet. Der Anlass: Vor 40 Jahren debütierte die vom Automobilverband (FIA bzw. deren damaliger Motorsportarm FISA) neu eingeführte Gruppe C für Sportprototypen (neben Gruppe A für Touren- und B für GT-Wagen), damit begann auch eine neue Ära in der Weltmeisterschaft. Und auch für Porsche: Denn der 936 wurde vom neuen 956 abgelöst. Beim Nostalgietag in Leipzig waren drei Protagonisten dieser Ära dabei, die ihre flotten Runden in den aus dem Museum in Stuttgart geholten Boliden deutlich sichtbar genossen – auch wenn sie sich ziemlich verschwitzt herausschälten.

Doch Derek Bell (81), Jochen Mass (75) und Hans-Joachim Stuck (71) bewiesen immer noch sehr gute Form. Leichter taten sich da die beiden «Youngster» des Quintetts, Bernd Schneider (58) und Timo Bernhard (41). Denn während Schneider, der zwischen Formel-1-Ausstieg und Tourenwagen-Einstieg (von da an «ewiger» Mercedes/AMG-Pilot) auch zwei Jahre für Porsche Sportwagen chauffierte, noch selbst am Steuer des Nachfolgers 962 saß, war es für den zweifachen Weltmeister der jüngsten Ära, Bernhard, ein völlig neues Erlebnis. Und der aktuelle DTM-Teamchef, der mit seinem Linzer Piloten Tommy Preining Porsche erst kürzlich in Nürnberg den allerersten DTM-Rennsieg bescherte, legte auch als Moderator des Expertentalks eine Talentprobe ab. Bernhard, Jahrgang 1981: «Es war die goldene Ära der Sportwagenrennen, und ich bewunderte diese Traumautos meiner Kindheit.» Zum Talk zugeschaltet war der legendäre Technikchef Norbert Singer (82), u. a. der «Vater» der ersten 16 Le-Mans-Gesamtsiege von Porsche.

Siegeszug ab Le Mans

Zwar gingen 1982 die ersten drei WM-Läufe an Rondeau bzw. Lancia, doch ab der vierten Runde in Le Mans setzte sich Porsche mit den 956 in Szene. An der Sarthe sogar mit einem spektakulären Dreifachsieg, der Basis zum Gewinn der Marken-WM und des Fahrertitels für Jacky Ickx am Jahresende. Bis 1986 dauerte die Erfolgsserie mit WM-Titeln für Ickx (1983), Stefan Bellof (1984), Hans Stuck/Derek Bell (1985) und Bell (1986) sowie den Team-Championaten für das Werk (bis 1985) und Brun-Porsche (1986), ehe die nächsten Jahre von Jaguar, Sauber-Mercedes und Peugeot dominiert wurden. Mit dem Sieg in Le Mans 1994 im auf GT1-Reglement umgebauten 962 von Jochen Dauer klang die Gruppe C bei Porsche und international aus, der Übergang zu GT1-Autos war längst im Gang.

Die bemerkenswerteste Änderung mit Einführung der Gruppe C war die Internationalität der Einsätze (auch in Japan und Nordamerika/IMSA möglich) sowie die Verbrauchsformel, die den Tankinhalt auf 100 Liter beschränkte (im 820 Kilo schweren 956 exakt 99,5 Liter). «Das war in Le Mans ganz entscheidend, denn ein Tankstopp dauerte drei bis vier Minuten, und wer auf der Strecke sparen konnte, kam vielleicht um den einen oder anderen Stopp herum», schilderte Bell und ergänzte: Wir rasten mit 350 die Hunaudières hinunter, doch wir lupften schon deutlich vor der Mulsanne-Kurve und sparten damit Treibstoff. So kamen wir manchmal über 13 Runden und nicht nur zwölf.»

Hubraum und Antrieb waren freigestellt. Bei den kürzesten Rennen über 1000 Kilometer waren nur fünf Tankstopps gestattet, was ein Limit von 60 Litern/100 Kilometer ergab. Die IMSA übernahm dieses Regulativ aber nicht (Tanklimit 120 Liter, Hubraum max. 2,8 Liter). Auch mussten die Motoren auf Serienantrieben basieren, wodurch Porsche den Motor für den 962 IMSA GTP vom luftgekühlten 911er Turbo ableitete. Mit der Saison 1985 wurde das Treibstofflimit in der WM um 15 Prozent gesenkt, auf 510 Liter für ein 1000-km-Rennen. Die veränderte Position der Frontachse (nun vor den Pedalen) war der wesentlichste Unterschied des neuen 962 zum, bisherigen 956. Das Mindestgewicht war schon 1984 auf 850 Kilo (zuvor 800) erhöht worden.

Ferry Porsche: «Viel Glück!»

Norbert Singer erinnerte sich an die Anfänge des Projekts: «Wir präsentierten unser erstes Modell des neuen 956 im Dezember 1981, denn das Reglement war erst im Oktober publiziert worden. Die Arbeiten hatten im Spätsommer begonnen. Als wir das Modell Ferry Porsche vorstellten, betrachtete er es und meinte nur: ‚Ich wünsche Euch alles Gute.‘ Es gab in seiner Ära so viele neue Rennwagen, das war alles Routine für ihn.»
Singer weiter: «In vielen Bereichen war das Projekt 956 völliges Neuland für uns. Wir entwickelten zuvor noch nie ein Monocoque, sondern nur Stahlrohrrahmen. Aber es war learning by doing beim ersten Monocoque aus einem Millimeter starken Aluminium, das zweite war schon das für das erste Rennauto. Ein Kohlefasermonocoque wie in der Formel 1 gerade eingeführt war für uns ohne eigenen Autoklav nicht möglich. Und ein Angebot eines Zulieferers war mit einer Million Mark zu teuer.»

Derek Bell war beim ersten Test fasziniert: «Wir kamen nach Le Castellet im Jänner 1982. Ich war sofort beeindruckt, wie stabil das Auto durch den Ground effect lag.» Und Mass befand: «Bei diesem ersten Test waren wir völlig überrascht. Ich fuhr zuerst den 936, dann sagte Norbert, lass den jetzt, versuche den Neuen. Es war unglaublich, weil der Unterschied so groß war, vor allem im Abtrieb. Auf der Strecke waren Kurven, die mit dem 936 eine Herausforderung waren. Dann fuhr ich den 956, und die Kurven waren buchstäblich nicht mehr da, es ging flat out, so beeindruckend war die Haftung. Auf der Mistral-Geraden dachte ich mir, auf welchem Kurs fährst du eigentlich? Die Aerodynamik des 956 und dann des 962 war fantastisch mit Diffusor, Unterboden usw. Der 962 war später vor allem eine Optimierung in Sachen Sicherheit. Wir fuhren auch Tests in Weissach, wo auch Niki Laudas McLaren mit dem Porsche-Turbo lief, und der 956 war schneller. Ich denke, dass Norbert vielleicht der beste Rennwagendesigner aller Zeiten war. Er hätte auch ein fantastisches IndyCar gezeichnet, wäre es dazu gekommen.»

Aerodynamisches Meisterstück

Die hervorragende Aerodynamik war einigen Details geschuldet. Die im vorderen Bereich des Unterbodens angebrachte Delle («Singer-Delle») und ein schon in der Fahrzeugmitte beginnender, langgezogener Diffusor. Beide führten bei höheren Geschwindigkeiten für immer mehr Unterdruck. Mit diesem Saugnapfeffekt wurden hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich.
Der Motor des 956 basierte auf dem Antrieb für das Interscope-Projekt der CART-Meisterschaft von 1979: Sechszylinder-Boxer-Vierventiler mit wassergekühlten Zylinderköpfen und luftgekühlten Zylindern. Der Indy-Motor war auf Methanol als Treibstoff ausgelegt, wurde für den 956 angepasst und hatte 2649 ccm Hubraum. Mit zwei KKK-Turboladern (max. 1,2 bar) wurde eine Höchstleistung von 620 PS bei 8200 Touren mit 630 Newtonmetern maximalem Drehmoment erreicht.

Für den 956 wurde auch das erste Doppelkupplungsgetriebe entwickelt (mit dem Porsche schon seit den 1960er-Jahren experimentierte). Doch die Anfangstests waren wenig ermutigend: Mass war in Le Castellet im März 1984 mit dem PDK 2,3 Sek. langsamer als mit dem Handschalter, auch Stuck fehlten zwei Jahre später noch 1,4 Sek. Das PDK kostete bis zum Le-Mans-Vortest 1986 auch etwas Topspeed. Nach Überarbeitung bei hydraulischer Steuerung und Elektronik gelang 1987 der Durchbruch: nur 2,6 PS Leistungsverlust, womit Stuck wieder in Le Castellet mit PDK 0,7 Sek. schneller war als mit dem 962 C mit Handschaltung. Zudem bestand das Getriebegehäuse schon aus Magnesium statt Aluminium. Damit war das PDK im Spitzensport angekommen.

Vorteil mit Anlaufzeit: PDK

«Der Vorteil war, dass wir uns nicht mehr auf das Schalten konzentrieren mussten. Wir hatten die Hände am Lenkrad und brauchten beim Schalten nicht mehr vom Gas zu gehen», erzählte Stuck. «Ich war begeistert. Und war stolz auf die Entwicklungsarbeit, die wir beim PDK leisteten.» Mit dem PDK-962 konnte Stuck 1986 den Supercup in Deutschland gewinnen. Der Einsatz dort war auch PDK-Entwicklungsarbeit.

Derek Bell gestand: «Ich mochte das PDK anfangs nicht. Ich sagte vor Le Mans: Ich fahre das nicht. Norbert sagte, du fährst. Wir fuhren es also. Und wir gewannen.» Und Mass ergänzte: «Es war ein immenser Fortschritt, weil es die Fahrbarkeit des Autos gewaltig steigerte. Der Erfolg zeigte sich später, als auch die Konkurrenz ein Doppelkupplungsgetriebe wollte.»

Auch außerhalb der WM waren die Porsche 956/962 meisterhaft unterwegs: In der IMSA mit Titeln für Al Holbert und Chip Robinson (1985-87), in Japan gewannen Vern Schuppan, Kunimitsu Takahashi, Kenny Acheson, Stanley Dickens & Co. sechs Mal das All Japan Endurance Championship. Höhepunkte aber blieben die sieben Erfolge in Le Mans zwischen 1982 und 1994.

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