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Was bringt das Jahr 2023 im Sportwagen-Motorsport?

Kolumne von Oliver Müller
Die beiden Toyota GR010 Hybrid werden 2023 mächtig Konkurrenz bekommen

Die beiden Toyota GR010 Hybrid werden 2023 mächtig Konkurrenz bekommen

2023 geht es an der Spitze der Sportwagen-Pyramide wieder so richtig ab. LMH und LMDh werden für spannende Rennen sorgen. Auch der GT-Sport boomt. SPEEDWEEK.com schaut auf das kommende Jahr im Sportwagen-Bereich.

Für Liebhaber des Prototypensports gab es zuletzt extrem magere Kost. Über viele Jahre waren die Felder in der großen Klasse (ob zum Ende der LMP1 oder bei den Hypercars) nur minimal gefüllt und erinnerten eher an ein Schaulaufen. Übergangsjahr folgte auf Übergangsjahr und wirklich zünden wollte keines der erdachten Konzepte. Doch damit ist nun Schluss. Ab 2023 kann wieder voller Zuversicht auf die Rennen der FIA WEC (und auch der IMSA-Serie) geschaut werden. Denn mit dem (zweifelsohne auch etwas zusammengestückelten) Konzept von LMH und LMDh wurde das Interesse der Hersteller wieder geweckt - die als Folge neue Rennwagen entwickelten.

So wird Toyota nun nicht mehr so einfach zum Sieg bei den 24h Le Mans rollen können. Mit Peugeot und Ferrari sind zwei neue Player in der LMH (Le Mans Hypercar) Klasse entstanden, die es den Japanern nun richtig schwer machen wollen, die zuletzt eingefahrenen Triumphe zu wiederholen. Dazu kommt, dass mit Glickenhaus, Kolles und Isotta Fraschini drei private Projekte die LMH-Klasse bereichern möchten/werden.

All das bietet schon genug Potenzial, um eine grandiose WEC-Saison (die wieder aus sieben Rennen besteht - Start ist im März in Sebring) erwarten zu können. Doch es kommt noch besser. Bekanntlich haben sich die WEC und die amerikanische IMSA-Serie darauf geeinigt, zukünftig die jeweils andere Top-Klasse anzuerkennen. Das brachte einen Boom für die neuen LMDh-Fahrzeuge (die Nachfolger der amerikanischen DPi). Acura, BMW, Cadillac und Porsche werden 2023 mit ihren neuen LMDh in der IMSA-Serie um die Wette fahren und ebenfalls tolle und sehenswerte Rennen bieten.

Cadillac und Porsche absolvieren zudem ein Doppelprogramm und entsenden ihre LMDh auch in die WEC. Sollten die drei privaten Projekte allesamt zugelassen werden, wären somit acht Marken in der Top-WM-Klasse vertreten. Da kommen Erinnerungen an 1999 auf, als die Topklasse ähnlich breit besetzt war.

Doch wo Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten. Um die ganz unterschiedlichen Konzepte unter einen Hut zu bekommen (LMH gibt es mit Hybrid und ohne Hybrid - LMDh basiert zu großen Teilen auf Einheitstechnik bzw. auch auf den LMP2-Chassis) wird eine Balance of Performance (BoP) für Ausgleich sorgen.

Und da kommen wir wieder zurück auf 1999. Damals konnten die Hersteller ihre Autos (gemäß Reglement natürlich) frei entwickeln. Wer das schnellste und zuverlässigste Fahrzeug gebaut hatte, der gewann. Leistung, Erfindergeist und Qualität wurden belohnt. 2023 entscheidet dann die jeweilige Einstufung des Fahrzeuges, ob ein Rennen gewonnen werden kann oder eben nicht.

Während 1999 in Le Mans jedes einzelne freie Training Spannung bot, da der Zuschauer mitfiebern konnte, welches Fahrzeug sich auf der Stoppuhr weiter verbesserte, wird dies 2023 nicht so sein. Die Hersteller werden ihre Performance zurückhalten, um nicht noch eine schlechte BoP aufgedrückt zu bekommen. Über Sieg und Niederlage entscheiden politische Spielchen im Hintergrund. Der sportliche Wert leidet. Für die Show ist dies aber egal.

Le Mans wird 2023 ausverkauft sein - und nicht sonderlich viele der anwesenden Zuschauer wissen überhaupt, was die BoP ist. Sie erleben einen spannenden Kampf um die Krone auf der Langstrecke. Auch bei den anderen WEC-Rennen bzw. in der IMSA wird es so sein.

2023 sieht zudem auch den Schwanengesang der GTE-Kategorie. Im Pro-Format wurde diese bereits 2022 abgeschafft. Als Pro/Am wird sie 2023 nochmals in der WEC und der ELMS (European Le Mans Series) antreten dürfen. Die Klasse bot (dank BoP natürlich) im letzten Jahrzehnt einiges an Unterhaltung. Doch nun folgt eine natürliche Bereinigung. Die GT3-Kategorie wird die GT-Spitze übernehmen.

Der GT3-Sport wurde 2006 erfunden und erfreut sich rund um den Globus großer Beleibtheit. (Natürlich gibt es auch dort eine BoP. Doch da die GT-Autos auf teilweise recht unterschiedlichen Konzepten basieren, ist eine Angleichung über die BoP einfacher zu akzeptieren, als bei den Prototypen, wo alle mit einem weißen Blatt Papier beginnen). In der GT3 gibt es mit Audi, BMW, Porsche, Mercedes-AMG, McLaren, Aston Martin, Ferrari, Lamborghini, Nissan, Lexus und Acura/Honda sogar noch mehr Hersteller als bei den Prototypen. Mit Ford und Corvette befinden sich weitere Zugänge in der Pipeline, die ab 2024 in den Wettbewerb eingreifen werden. Für die großen Langstreckenklassiker, beispielsweise bei den 24h Spa oder den 24h Nürburgring, können somit weiterhin volle Felder erwartet werden.

Kurz gesagt: Ob Prototyp oder GT - dem Sportwagen-Sport geht es derzeit richtig gut. Volle Felder, große Vielfalt und natürlich auch grandiose Piloten werden 2023 für mächtig Unterhaltung sorgen. Darauf können wir uns alle freuen.

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