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Sieger und Weltmeister: Die Niederlande machen es vor

Von Stephan Moosbrugger
Barry Veneman formte mit seinem Nachwuchsprogramm eine Serie von WM-Siegern

Barry Veneman formte mit seinem Nachwuchsprogramm eine Serie von WM-Siegern

Der ehemalige Supersport-WM-Pilot und langjährige niederländische Nationaltrainer Barry Veneman erklärt im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, was eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit ausmacht.

Die Fahrerlager der internationalen Motorradrennsport-Serien sind voll mit schnellen Piloten aus Spanien und Italien. Eine Tatsache, die sich durch alle Kategorien zieht – von der MotoGP, Moto2 und Moto3, über die Superbike-WM bis zu den Supersport-Klassen. Fahrer aus Nordeuropa, USA, Asien, Australien oder Südamerika sind fast schon zu Exoten geworden. Darüber hinaus heißt es oft, «wenn du im Motorradrennsport erfolgreich sein willst, musst du deine Karriere in Spanien oder Italien starten.»

Für viele scheint dies der einzige Weg zu sein.

Dass es nicht immer so sein muss, stellen immer wieder talentierte Fahrer unter Beweis, die Nachwuchsprogramme in Ländern außerhalb Spaniens oder Italiens durchlaufen haben. Erfolgreiches Beispiel ist derzeit die Niederlande, wo neben Superbike-Ass Michael van der Mark (ROKiT BMW) eine ganze Reihe von jungen Fahrern in jüngerer Vergangenheit erstaunliche Leistungen zeigen.

Jeffrey Buis ist mit Kawasaki bereits zweimal Supersport-300-Weltmeister geworden (2020 und 2023). In der aktuellen Saison gewann er bei seinem Debüt auf der KTM RC 390 R das erste Rennen in Barcelona. Mit Scott Deroue, Koen Meuffels, dem viel zu früh verstorbene Victor Steeman und Loris Veneman haben vier weitere Niederländer Siege in der kleinsten Kategorie der seriennahen Weltmeisterschaft eingefahren, drei weitere Podestplätze.

Die Nachwuchsarbeit in Holland der letzten zehn Jahre trägt Früchte. Dafür verantwortlich ist hauptsächlich ein Mann: der ehemalige Supersport-Pilot Barry Veneman. Im niederländischen Motorradsport-Verband KNMV war er für zehn Jahre lang bis 2022 gemeinsam mit anderen ehemaligen Rennfahrern wie Roy Apel und Leon Bouvet für den Nachwuchs verantwortlich. «Als ich beim niederländischen Verband angefangen habe, hatten wir große Pläne und es war vieles möglich», denkt Veneman beim Interview mit SPEEDWEEK.com an seine Anfangszeit zurück. «Wir suchten Sponsoren und trieben Geld auf. Denn wenn man ein Projekt ins Leben rufen möchte, um junge Talente zu entwickeln, benötigt man Geld.»

Veneman und sein Team haben mit diesen Mitteln ein Programm für den heimischen Nachwuchs auf die Beine gestellt. Das Programm sah die stufenweise Begleitung von talentierten Fahrern in den verschiedenen nationalen und internationalen Rennsportklassen vor. Die Basis wurde in den Niederlanden gelegt. «In Holland haben wir einen starken Honda NSF100 Cup. Das ist meiner Meinung nach immer noch das Beste», ist der 47-Jährige überzeugt. «Wir haben da 25 Motorräder. Den Jungs wird jedes Mal ein anderes Bike zugelost. Klar, die NSF100 ist alt, hat wenig Leistung und ist ein einfaches Motorrad. Aber am Anfang geht es meiner Meinung nach darum, dass jeder die gleichen Voraussetzungen hat.»

Die Honda NSF100 wurde speziell für den Nachwuchsbereich gebaut – mit 100 ccm Hubraum und knapp 9 PS Leistung. Veneman erklärt, weshalb es zu Beginn nicht so wichtig ist, ein leistungsstarkes Motorrad zu haben: «Unser Ziel war es, alle Kinder innerhalb von 5 Sekunden pro Runde zu haben. Denn wenn du ein, zwei schnelle Fahrer hast, fahren die alleine herum und sie haben keinen Wettbewerb. Aber wenn du darauf achtest, dass die ganze Gruppe schnell ist, dann haben auch die schnellen Fahrer mehr Mühe und müssen kämpfen. Wenn man das im Alter von 12, 13 Jahren macht, hat man nachher noch genügend Zeit, um die nächsten Schritte zu machen.»

Motorradfahren und der Wettbewerb auf der Rennstrecke sind die eine Sache. Für die Entwicklung zu einem Top-Fahrer braucht es aber noch viele weitere Faktoren. «Teil des Programms war auch körperliches Training», führt Veneman, der in der Rennsportszene auch ‹Bazza› genannt wird, weiter aus. «Dazu waren wir mit den Jungs einmal in der Woche im olympischen Trainingscenter in Papendal. Dort trainieren auch viele andere Sportler wie Schwimmer, Volleyball-Spieler etc. Wir hatten auch einen Coach aus dem BMX-Sport. Das Training beinhaltete Einheiten in den Bereichen Kraft, Koordination und Reflexe. Den Rest des Trainings mussten die Jungs zu Hause absolvieren. Dabei wurde alles dokumentiert – so konnte man sehen, wer diszipliniert ist. Mit regelmäßigen Leistungstests konnten wir zudem die körperlichen Entwicklungsschritte verfolgen.»

Veneman war es auch wichtig, dass die schulischen Leistungen seiner Talente nicht unter dem Programm litten. «Die Mentalität in der Schule muss gleich sein wie jene auf dem Motorrad. Das Verhältnis muss passen. Damit haben wir den Jungs und auch den Eltern geholfen, um das in Balance zu halten», erklärt Veneman. «So haben wir in Holland versucht, die Jungs weiterzubringen – auch weil es kostengünstiger ist, als nach Spanien zu gehen. Und dann haben wir entschieden, mit welchen Jungs wir weitermachen. Talent ist hier das falsche Wort, man muss das notwendige Gefühl, die Disziplin und den Charakter für diesen Sport haben. Natürlich gehören auch die körperlichen Voraussetzungen dazu. Wenn du zum Beispiel 62 Kilo hast und 175 cm bist, bist du zu schwer und zu groß für die Moto3.»

Das Nachwuchsprogramm, das oft auch als das ‹Programm Veneman› betitelt wurde, gibt es in dieser Form mittlerweile nicht mehr. «In den vergangenen drei Jahren wurde es immer schwerer. Es wurde zu bürokratisch und der KNMV hat vieles blockiert. Zudem wurden die Fahrer immer jünger und die Eltern haben andere Erwartungen. Das hat zu viel Unzufriedenheit geführt.»


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