Tourist Trophy 2017: Triumph und Tragödien

Von Helmut Ohner
Die Tourist Trophy 2017 ist Geschichte. Was wird von der diesjährigen Veranstaltung in den Köpfen der tausenden Straßenrennsportfans bleiben? SPEEDWEEK.com wirft einen Blick auf die letzten 14 Tage zurück.

Am ehesten wirkt wohl der grandiose Sieg von Michael Dunlop in der Senior-TT nach. Der Nordire entschloss sich am Beginn der Saison zum Umstieg von der ausgereiften BMW S1000RR auf die unerprobte Suzuki GSX-R1000 und was nicht einmal seine eingefleischtesten Anhänger für möglich hielten, setzte Dunlop in die Tat um, er gewann mit der Senior-TT das wichtigste Rennen der Tourist Trophy und bescherte Suzuki den ersten TT-Sieg seit 2008.

Natürlich war das Glück dabei auf seiner Seite. Ohne den Rennabbruch wäre er im geschlagenen Feld gelandet. So aber konnte sein Team in der Zeit bis zum Neustart die entscheidenden Verbesserungen an der Maschine vornehmen. Der 28-jährige Sohn der 2008 bei einem Trainingssturz zum North West 200 tödlich verunglückten Rennfahrerlegende Robert Dunlop nützte die Chance zu seinem insgesamt 15. TT-Sieg.

Nach einer fehlerlosen Vorstellung triumphierte Dunlop mit großem Vorsprung auch im ersten Supersport-Rennen und durchbrach damit die Vorherrschaft von Ian Hutchinson, der dieser Klasse in den letzten Jahren in überlegener Manier den Stempel aufgedrückt und die letzten vier Rennen für sich entschieden hatte.

Auch die beiden Siege von Ian Hutchinson in den Rennen der Klassen Superbike und Superstock gehören zweifellos zu den herausragenden Leistungen. Der Brite hat es damit auf 16 Siege bei der Tourist Trophy gebracht und liegt in der Bestenliste nun hinter dem unvergessenen Joey Dunlop (26), dem nach seinem Sturz beim NW200 zum Zusehen verurteilten John McGuinness (23) und Dave Molyneux (17) an der vierten Stelle.

Eine der positivsten Überraschungen war wohl Peter Hickman. Der Brite, dem 2014 mit einer Zeit von 17:32,078 ein neuer Newcomer-Rekord gelang, der bis heute unangetastet blieb, stürmte in allen Rennen, bei denen er an den Start ging, aufs Siegertreppchen. Auf seiner BMW S1000RR wurde er in den Klassen Superbike und Superstock sowie bei der Senior-TT Zweiter, das Supersport-Rennen und die Lightweight-TT beendete er an der dritten Stelle.

Der Österreicher Horst Saiger schrieb bei der Tourist Trophy 2017 ein besonderes Kapitel. Noch nie war der mit einer Schweizerin verheiratete Steirer so stark wie in diesem Jahr. Einem elften Rang in der Klasse Superbike folgte der zehnte Platz bei den Superstockern. Als ersten nicht britischen Fahrer gelang es ihm, die prestigeträchtige «TT Privateers Championship» zu gewinnen – ein wahrhaft historischer Moment für den Kawasaki-Piloten.

Bemerkenswert war die Leistung von Michael Rutter. Der Brite deutete mit seinem Sieg beim North West 200 an, dass mit ihm auch bei der TT zu rechnen sein wird. Tatsächlich gewann der 47-jährige Kawasaki-Fahrer die Lightweight-TT. Wenn man einmal von seinen drei Siegen in der beim Publikum nicht sonderlich geliebten TT Zero absieht, musste er nach seinem Triumph in der Junior-TT 1998 lange auf einen weiteren Erfolg warten.

Bei den Seitenwagen sind Ben und Tom Birchall mit ihrer LCR Honda momentan das Maß aller Dinge, nicht einmal der Lokalmatador Dave Molyneux, mit 17 Siegen der erfolgreichste Dreiradpilot in der 110-jährigen Geschichte der Tourist Trophy, konnte ihnen gefährlich werden. Das britische Brüderpaar beherrschte beide Rennen und stellte außerdem einen neuen Rundenrekord auf, der jetzt bei 19:19,746 (Schnitt 188,484 km/h) steht.

Der Tod fuhr auch 2017 mit

Auch dieses Jahr forderte der berühmtberüchtigte Snaefell Mountain Course seine Opfer. Der Brite Davey Lambert, der Niederländer Jochem van den Hoek und der Ire Alan Bonner überlebten ihre Stürze nicht. Auch Ian Hutchinson – sein Sturz, bei dem er eine Oberschenkelfraktur erlitt, führte zum Abbruch der Senior-TT – Lee Johnston, Danny Webb, Joe Akroyd und Tom Weeden zogen sich bei ihren Unfällen schwere Verletzungen zu.

Der Auftritt von Honda darf als Blamage angesehen werden. Mit dem neuen Modell der CBR1000RR Fireblade SP2 kam man trotz aller Bemühungen auf keinen grünen Zweig. Schon beim North West 200 stürzte John McGuinness wegen eines technischen Defekts und zog sich schwere Verletzungen. Auch Guy Martin versagte die Technik. Er hatte mehr Glück als sein Teamkollege, trotzdem zog er es vor, bei der Senior-TT nicht an den Start zu gehen.

Die Zero TT kommt und kommt nicht wirklich in die Gänge. Mit Mugen beteiligt sich nur eine ernstzunehmende Firma am Rennen der emissionslosen Klasse, die ohnedies bei den Puristen unter den Motorsportfans keinen Anklang findet. Die restlichen Motorräder sind meist Projektarbeiten von britischen Universitäten, die nicht über die finanziellen Mittel der japanischen Motorradschmiede verfügen.

Lange in Erinnerung werden aber auch die vielen Verschiebungen und Absagen bleiben. Das schlechte Wetter mit teilweise sintflutartigen Niederschlägen und starken Windböen, die sogar einzelne Hütten der Streckenposten auf die Strecke wehten und Bäume zum Umstürzen brachte, stellten Rennleiter Gary Thompson immer wieder vor schwere Entscheidungen, die er aber auf souveräne Weise traf.

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