Fazit Rallye Schweden: Hohes Risiko

Kolumne von Christian Schön
Mehr Wales als Schweden – eine Winter-Rallye ohne Schnee will niemand

Mehr Wales als Schweden – eine Winter-Rallye ohne Schnee will niemand

Die Rallye lief deutlich besser, als die Streckenbedingungen erwarten ließen. Doch den Warnschuss der FIA können die Organisatoren nicht ignorieren

War es die richtige Entscheidung, die Rallye Schweden auch nahezu ohne Schnee durchzuziehen? Schwer zu sagen.

Spannend war sie auf jeden Fall. Während am selben Wochenende das 500-Meilen-Rennen der NASCAR in Daytona wegen ein bisschen Regen erst abgebrochen und dann  verschoben wurde, setzten die Rallyepiloten den Helm auf und machten sich an die Arbeit. Sie kamen mit den Bedingungen trotz völlig unpassender Reifen erstaunlich gut zurecht.

Die Rallye hatte mit Elfyn Evans einen unerwarteten – aber verdienten – Sieger und mit Kalle Rovanperä (beide Toyota) einen noch weniger vorhersehbaren Dritten. Damit generierte sie zumindest im englischsprachigen Raum und in Finnland gehörige Aufmerksamkeit. Soweit die positiven Aspekte.

Im Rest der Welt wurde die Veranstaltung dagegen eher als Farce gesehen. Auch wenn sich die offiziellen Quellen reichlich Mühe gaben, Bilder von den wenigen Stellen mit Eis und Spuren von Schnee auszusuchen – Szenen mit braunem Matsch und sogar Wasserdurchfahrten ließen sich nicht vermeiden und sorgten für Irritation.

Das darf nicht wieder vorkommen, forderte FIA-Präsident Jean Todt. Derart unter Druck gesetzt, kündigte Rallyechef Glen Olsson bereits an, nächstes Jahr weiter in den Norden auszuweichen.

Doch das ist nicht ganz so einfach. Eine halbherzige Lösung, weiterhin mit dem traditionellen Standort Karlstad und nur wenige Kilometer weiter nördlich gelegenen Wertungsprüfungen, bringt vielleicht nur kurzfristig etwas. Die globale Erwärmung bliebe als Risiko. Wirklich Sicherheit brächte nur die Verlagerung weit in den Norden, beispielsweise ins 400 Kilometer entfernte Östersund oder nach Umea, rund 600 Kilometer nördlicher.

Olsson und seine Mannschaft haben Glück, dass es zumindest kurzfristig keine Alternative zur Rallye Schweden gibt, wenn man unbedingt eine Schnee-Rallye im WM-Kalender haben will. Der Norden der USA oder Kanada werden immer wieder ins Gespräch gebracht. Aber dort gibt es weder Clubs mit WM-Erfahrung noch ein echtes Interesse der Wirtschaft an einer internationalen Motorsport-Veranstaltung.

Was im Jubel um Evans und Rovanperä ein wenig untergegangen ist: Eine Rallye Schweden ohne Schnee sieht nicht nur komisch aus, sie ist auch ziemlich gefährlich. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 124 km/h war die 2020er Ausgabe die viertschnellste WM-Rallye aller Zeiten. Und das trotz der komplett aufgeweichten, fast 22 Kilometer langen Powerstage am Sonntag, die den Schnitt nach unten drückte.

Ohne Schneewände verlaufen Unfälle ungleich schwerer. Jon Armstrong und Beifahrer Noel Sullivan, ein Team aus der Junioren-WM, hatten einen Highspeed-Überschlag, der Ähnlichkeiten mit dem Crash von Ott Tänak bei der Rallye Monte Carlo hatte. Weil die Sicherheitseinrichtungen ihres seriennahen Ford Fiesta lange nicht den Schutz bieten wie die des World Rally Cars von Hyundai, war es eigentlich ein noch größeres Wunder, dass Armstrong und Sullivan ebenfalls praktisch unverletzt blieben.

Auch ich bin der Meinung, dass die Weltmeisterschaft eine Winter-Rallye braucht. Ich drücke Glen Olsson und seinem Team, das zum besten gehört, was die WM zu bieten hat, die Daumen, dass sie eine langfristige Lösung finden.

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