Slim Borgudd tot: Abschied vom ABBA-Schlagzeuger

Von Mathias Brunner
​Mit 76 Jahren ist Karl Edward Tommy «Slim» Borgudd verstorben. Der Schwede zeigte eine Rennkarriere mit vielen Hindernissen und schaffte es als Studiomusiker und ABBA-Schlagzeuger bis in die Königsklasse.

Die Formel 1 ist heute eine Sache für Spezialisten. Das war früher anders. Da traten die Grand-Prix-Piloten nicht nur in zahlreichen anderen Rennklassen an, sie übten zum Teil auch einen anderen Job aus.

Der Schwede Karl Edward Tommy «Slim» Borgudd machte sich einen Namen als Schlagzeuger und wurde ein begehrter Studio-Musiker und Tour-Gast – seine Freundschaft mit Björn Ulvaeus aus jungen Jahren entwickelte sich zum Job als Drummer der weltberühmten Band ABBA.

Musik lag immer im Blut von Borgudd, die Rennleidenschaft wurde vom bekannten Jazz-Musiker Chris Barber geweckt, selber ein begeisterter Amateur-Pilot.

Borgudd begann mit dem Motorsport Mitte der 1960er Jahre auf Klubsport-Niveau, vielversprechende Anfänge in der schwedischen Formel Ford versandeten, weil Borgudd das Geld fehlte. Das wurde zu einem Leitthema in der Karriere des Schweden.

Es dauerte einige Jahr, bis er genügend Mittel zusammengekratzt hatte, um fallweise in der schwedischen Formel 3 anzutreten. Zwischendurch fuhr Slim Tourenwagenrennen, um seine Rennleidenschaft zu stillen.

1979 hatte er genügend Sponsoren gefunden, um in der Formel-3-EM zu fahren – und er verblüffte mit dem dritten Schlussrang hinter dem Franzosen Alain Prost und dem Niederländer Michael Bleekemolen. Dazu wurde er schwedischer Meister.

Aus Geldmangel platzte der Traum, 1980 in die Formel 2 aufzusteigen; das einzige Rennen in jener Saison war der F3-Lauf in Monaco, wo Borgudd bis auf Rang 3 vorrückte, bevor sich ein Teil der Verkleidung löste. Slim hielt sie zunächst mit der Hand an Ort, musste aber aufgeben.

Scheinbar aus heiterem Himmel tauchte Borgudd 1981 in der Formel 1 auf. Der Legende zufolge sollen ihm ABBA die Tür in die Königsklasse aufgeschubst haben. Immerhin prangte an den Seitenkästen des ATS-Rennwagens unübersehbar ABBA. Doch der 2005 verstorbene ATS-Teamchef Günter Schmid hat mir einmal gesagt, Geld sei überhaupt nie geflossen, vielmehr sollte ABBA auf dem Rennwagen stehen, um Sponsoren anzuziehen.

Borgudd zeigte stattliche Leistungen: Beim F1-Debüt mit inzwischen 34 Jahren in Imola war er schneller als der Niederländer Jan Lammers. Es folgten vier Nichtqualifikationen (Belgien, Monaco, Spanien, Frankreich), dann Rang 6 in England – es sollte seine einzige Punktefahrt in der Formel 1 bleiben. Der ATS war einfach kein gutes Auzto.

Der legendäre Teamchef Ken Tyrrell holte ihn für 1982 an die Seite von Michele Alboreto, aber die Chemie zwischen dem Freigeist aus Schweden und dem knorrigen Briten stimmte nicht, nach drei Rennen wurde Slim ersetzt.

Borgudd tingelte durch verschiedene Serien (Formel 3 in Macau, Le Mans, Lastwagenrennen), 1986 und 1987 holte er sich den Truck-EM-Titel. 1994 eroberte er in der nordischen Tourenwagen-Meisterschaft einen weiteren Titel, inzwischen 48 Jahre alt. Im Truck Racing Cup wurde er Gesamtzweiter.

2022 wurde bei Slim Borgudd Alzheimer diagnostiziert. Freunde organisierten eine Spendensammlung, um seine Pflege zu sichern.

Immer wieder fragen Formel-1-Fans: Wieso wurde er eigentlich Slim (schlank, dünn, schmächtig) genannt? Das hatte nichts mit seinem Körperbau zu tun, sondern mit einer Reise in die USA. Er war in einem Klub in New Orleans zu Gast, als dem Publikum eröffnet werden musste, dass die angekündigte Willie Dixon Band nicht auftreten könne, denn Schlagzeuger Memphis Slim sei krank. Borgudd sprang für den Erkrankten ein – fortan wurde er Slim genannt.


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