Zoff zwischen Audi und Mercedes: Was steckt dahinter?

Von Andreas Reiners
Mercedes-Protest gegen Audi

Mercedes-Protest gegen Audi

Nach einem Protest gegen den Audi von Jamie Green wurde der Brite nach seinem siebten Platz im ersten Rennen in Budapest disqualifiziert. Was steckt hinter dem Regelzoff?
Warum hat Mercedes Protest eingelegt?

Um vom DMSB eine Klarstellung zu bekommen. Konkret geht es darum, ob ein Spalt am Frontdiffusor abgedichtet werden kann. Denn eigentlich dürfen Einheitsbauteile nicht modifiziert werden. Die Diskussion darum gibt es schon länger, da im Reglement durchaus ein Interpretationsspielraum besteht. Eigentlich war aber klar, dass dies nicht erlaubt ist. Zumindest hatte man sich darauf geeinigt und Mercedes die Abdichtungen auch entfernt. Aber ganz offensichtlich bestehen zwischen Stuttgart und Ingolstadt unterschiedliche Ansichten darüber, was nun geklärt wurde und was nicht. Beziehungsweise was erlaubt ist und was nicht.

Was sagt Mercedes?

«Wir wollen nicht die Bad Boys sein. Wir wollen faires Racing haben und mit gleichen Waffen gegeneinander kämpfen. Es kann nicht sein, dass der eine in die und der andere in die Richtung läuft», begründete Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz den Protest: «Guter Sport besteht daraus, dass man mit dem Material ans Limit geht, aber in bestimmten Grenzen. Im Fußball kann ich auch nicht einfach ein Tor größer machen.» Bei BMW ist man von der Entwicklung übrigens nicht überrascht. «Bei fast allen Rennen ist an einem Auto-Paket stundenlang herumgedoktert worden. Dass dies irgendwann zu einer Konsequenz führen wird, war klar», sagte Motorsportdirektor Jens Marquardt. In der Tat standen zum Beispiel in Hockenheim am Samstag alle sechs Audi ewig im Parc fermé, damals ging es um einen Teil im Cockpit, das wieder ausgebaut werden musste.

Was sagt Audi?

Aufgrund der möglichen Berufung wenig bis gar nichts. Klar ist: Für Audi war das Vorgehen legal. Dass die Ingolstädter die Abdichtung aber nur bei Greens Boliden vorgenommen hatten, ließ die Gerüchte sprießen. Ex-Meister Frank Biela erklärte, das Silikon seien lediglich Reste gewesen, die nach dem Entfernen noch zurückgeblieben waren. Audi-Boss Dieter Gass begründete es lediglich damit, dass «bei uns nicht alle Autos gleich sind.» Ein «Atomversuch», um eine Klärung herbeizuführen, war es freilich nicht. Dafür hätte man sich dann auch eher den bislang punktlosen Loic Duval ausgesucht anstatt einen Titelanwärter, der dadurch vorerst sechs Punkte verlor.

Hat die Audi-Aktion Einfluss auf die Performance?

Ganz klar, sagt Mercedes. «Je mehr abgeklebt wird, desto weniger Trennlinien gibt es am Auto. Und desto weniger kann der Wind dorthin, wo man ihn nicht haben will. Es ist ein extremstes Performance-Tool, vor allem im Unterbodenbereich», so Fritz. Bei Audi sieht man das wenig überraschend komplett anders. ARD-Experte Norbert Haug meint: «Das bringt ein Tausendstel, wenn überhaupt. Das ist eigentlich kaum messbar.»

Was sagen die Beteiligten zur möglichen Außenwirkung des Streits?

Für die Außendarstellung sei die Entscheidung richtig, glaubt Marquardt: «Dafür ist ein Reglement da.» Mit dem Zoff könnte die DTM sogar dem Vorwurf entgegentreten, die Serie sei nur ein Mauschelklub: «Für den Zuschauer ist es sicher schön zu sehen, dass Feuer unterm Dach ist.» Auch Fritz sieht es so, dass der Vorwurf der Mauscheleien damit widerlegt wird. «Außerdem wollen die Fans faires Racing sehen und ich will nicht gegen illegale Autos fahren.»

Fraglich ist aber, was der Streit möglicherweise für eine Wirkung innerhalb der DTM hat, die sich nach dem Dienstantritt des neuen Chefs Gerhard Berger noch in den Armen lag und die Aufbruchstimmung feierte. In Budapest wirkte die Stimmung sowieso das ganze Wochenende über seltsam gereizt, angefangen von der überraschenden Regeländerung bei den Performance-Gewichten, über die Kontroverse um das von Maxime Martin ausgelöste Safety Car bis hin zum Protest gegen Audi.

Audi-Boss Dieter Gass stört dann auch der scharfe Ton, der angeschlagen wird. Immerhin gab es in der DTM seit 1992 keinen Protest mehr eines Herstellers gegen einen anderen. Damals richtete sich der Protest auch gegen Audi, die Ingolstädter zogen sich daraufhin aus der DTM zurück. Einige im Fahrerlager erinnern sich auch noch an ein Gentlemen’s Agreement, dass man sich nicht gegenseitig anschwärzt. «Ich finde es schade. Ich hätte mir gewünscht, dass das Thema ausschließlich von der Sporthoheit und nicht vom Wettbewerber verfolgt wird. Vom Ergebnis und vom Ton her ist es einfach etwas anderes», sagte Gass.

Wie geht es weiter?

Die erste Frage ist, ob Audi am Ende tatsächlich in Berufung geht. Die Ingolstädter werden nun die Argumentation vorbereiten und überlegen, ob eine Erfolgsaussicht besteht. Bis Mittwoch muss Audi die Berufung offiziell einreichen, danach besteht eine weitere Frist zur Begründung. Danach würde dann das Berufungsgericht eine Entscheidung treffen. Dass dies bis vor dem kommenden Event am Norisring passiert, ist aber praktisch ausgeschlossen.

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